Während der Fahrt schlief ich irgendwann ein. Erst als Kai völlig absichtlich eine Vollbremsung einlegte, schreckte ich wieder auf.
"Hättest du nicht etwas sanfter stoppen können?", fragte ich genervt.
"Nö, das wäre ja nicht so lustig gewesen", antwortete Kai mit einem frechen Grinsen, "Übrigens sind wir in Stuttgart angekommen. Ich habe hier an einer Bäckerei gehalten, um uns kurz eine Kleinigkeit zu essen zu besorgen und danach müsstest du mich halt zum Friedhof navigieren."
"Ja klar, mach ich."
Nach wenigen Minuten kehrte mein Begleiter wieder mit zwei Papiertüten zurück. Während er ins Auto stieg, reichte er mir eine. Ich öffnete diese und zum Vorschein kam ein Leberkäswecken sowie eine Brezel. Sofort machte ich mich daran beides in großen Bissen zu verschlingen.
"Hundemüde und halbverhungert. Was hast du denn die letzten Tage angestellt?", meinte Kai lachend.
"Schule. Die raubt mir meine Energie."
"Aww, du armes Kind."
Mit diesen Worten legte Kai den Rückwärtsgang ein und fuhr vom Parkplatz.
Ich kannte die Straßen noch so gut als wäre ich erst gestern dort entlang gegangen. Ohne große Mühe führte ich Kai bis zum fast leeren Parkplatz des Friedhofs.
Schon in Aachen hatte ich einen kleinen Blumenstrauß besorgt, der aber jetzt leider auch dementsprechend aussah. Mehrere Stunden in einem warmen Auto zu verbringen tat Blumen nicht gut, das hatte ich jetzt auch gelernt. Dennoch nahm ich ihn mit, als wir uns auf den Weg machten, denn es ist doch der Wille der zählt, oder? Kai lief dicht hinter mir, während ich schnurstracks über den geschotterten Weg lief. Wir kamen an zahlreichen Gräbern vorbei, bis ich dann vor einem stehen blieb. Meiner Meinung nach was es einer der schönsten hier. Janas Eltern achteten darauf, dass der Granitstein immer sauber glänzte. Außerdem waren immer wieder neue, frische Blumen in der Erde davor eingepflanzt.
Langsam kniete ich mich vor dem Grab nieder und legte meinen Blumenstrauß auf eine geeignete Stelle. Im Augenwinkel sah ich, dass Kai ein paar Meter entfernt am Wegrand stehen geblieben war. Doch in dem Moment, als ich mich voll und ganz auf Jana konzentrierte, blendete ich alles um mich herum aus.
"Hey", flüsterte ich, "Ich weiß, mich hast du schon länger nicht mehr gesehen. Doch Aachen liegt leider nicht gerade um die Ecke."
Kurz strich ich über eine gelbe Blüte, die direkt vor mir aus der Erde ragte.
"Oh Mann, es gäbe so viel, dass ich dir erzählen könnte. Naja, einige Dinge habe ich dir schon öfter nachts erzählt als ich im Bett lag. Ich hoffe, du kannst das hören, auch wenn ich nicht direkt vor deinem Grab sitze. Ich habe irgendwie das Gefühl als würdest du das alles mitbekommen. Als wärst du immer noch für mich da... So wie ich es damals auch für dich hätte sein sollen..."
Ein Schluchzen verließ meine Kehle und ich merkte wie die ersten Tränen ihren Weg über meine Wangen fanden.
"Ich habe neue Freunde in Aachen gefunden. Zwar kann niemand jemals dich ersetzen, aber ich bin mir sicher, dass du wollen würdest, dass ich nicht alleine bin. Ich versuche für sie eine bessere Freundin zu sein als ich es für dich war. Verdammt, es tut mir so leid. Du weißt, dass ich all das nie gewollt habe. Ich hätte dich nie mit Absicht im Stich gelassen. Du bist meine beste Freundin und ich... und ich... vermisse dich... so sehr... Jeden Tag."
Nun strömten die Tränen nur so aus meinen Augen. Mich verließ meine Kraft und ich sank in mich zusammen. Ich war nur noch ein Häufchen Elend, das schluchzend auf dem dreckigen Boden kniete. Mich überkam ein richtiger Heulkrampf und ich ringte nach Luft.
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Just a fence between us | Kai Havertz
FanfictionAufgrund eines Jobwechsels ihres Vaters muss Tara ihr geliebtes Stuttgart verlassen und nach Aachen ziehen. Auch wenn sie nicht so erfreut darüber ist, sieht sie darin eine Chance endlich mit ihrer Vergangenheit abzuschließen und in Aachen neue Freu...