Kapitel 8

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Kai und ich trafen uns fast täglich. Wir gingen Eis oder Pizza essen, spielten Fußball oder besuchten irgendwelche Orte in der Stadt.
Wir wurden immer mehr zu besten Freunden. Leider führte das auch dazu, dass ich mir immer mehr Gedanken darüber machte, was ich eigentlich wollte. Reicht es mir Kai einfach nur als besten Freund zu haben oder wünsche ich mir, dass da mehr wäre?
Ich lag oft abends im Bett und versuchte mir über meine Gefühle klar zu werden, doch ich schaffte es einfach nicht. Ich war noch nie in so einer Situation und deswegen überforderte mich das Ganze.
Mal wieder wünschte ich mir, ich hätte eine beste Freundin. Fast schon sehnsüchtig wartete ich darauf, dass diese Woche zu Ende ging und ich am Montag in die Schule durfte. Ich weiß nicht wie das jemals geschehen konnte.
Durch Kais aufmunternde Worte war ich wirklich fest davon überzeugt, hier in Aachen richtige Freunde zu finden. Außerdem kannte hier keiner meine Vergangenheit.

Heute hatte Kai die grandiose Idee den Sonnenuntergang anzusehen. Er meinte, dass es hier in der Nähe ein Feld gibt, von wo aus man das Ganze perfekt betrachten konnte.
Am Abend klingelte er an unserer Haustür, um mich abzuholen. Er hatte eine Picknickdecke unter seinem Arm, auf die wir uns später setzen könnten.
Ich steckte mein Handy in die Hosentasche, damit ich Bilder machen könnte, dann liefen wir los.
Kai ging einen Feldweg entlang und blieb dann irgendwann mitten auf einer Wiese stehen. Während ich mich umsah, breitete er die Decke aus und ließ sich darauf fallen.
Um uns herum erstreckte sich lediglich das Feld und weiter hinten begann ein Wald. Es war einfach wunderschön und ich freute mich schon darauf den bunten Himmel zu sehen.
Ich setzte mich neben Kai auf die Picknickdecke und lehnte mich auf meine Unterarme.
Für einen Moment genossen wir einfach nur die Stille und keiner sagte etwas.
Während ich so da lag und in den Himmel sah, fiel mir auf wie romantisch das eigentlich alles war. Das wäre ein perfektes erstes Date!
Wenn mich ein Junge zum Sonnenuntergangbeobachten einladen würde, würde ich mich sofort in ihn verlieben.
Ich schielte zu Kai rüber.
Ob ihm bewusst war, dass sich das gerade anfühlte wie ein Date? Oder wollte er das sogar?
Ich sollte aufhören so etwas zu denken, wir sind einfach nur beste Freunde.
"Wir hätten was zu Essen mitnehmen können", meinte ich, um meine Gedanken zu stoppen.
Kai griff in seine Hosentasche und zog eine Packung mit Erdnüssen heraus.
"Eigentlich wollte ich Schokolade mitnehmen, aber die wäre mittlerweile schon geschmolzen", erklärte er.
Freudig griff ich in die Tüte.
"Erdnüsse sind super!", gab ich zurück.
Dann entstand wieder eine Stille. Doch dieses Mal war sie irgendwie nicht so angenehm wie vorhin.
Irgendwann begann Kai: "Ich wollte etwas mit dir bereden. Ich brauche dafür den Rat meiner besten Freundin."
"Und das bin?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch.
"Ja, das bist du", antwortete Kai grinsend und stupste mich mit seiner Schulter an.
"Und wofür brauchst du meinen schlauen Rat?"
"Es geht um ein Mädchen."
"Oh", kurz war ich sprachlos, doch ich fasste mich sofort wieder, "Da sollte ich mich wohl auskennen." Ich lachte auf, doch es hörte sich genauso künstlich an wie es auch war.
"Ich habe sie in Köln kennengelernt in einer Disco, seitdem schreibe ich mit ihr und wir verstehen uns sehr gut. Jetzt würde ich sie gerne zu einem Date einladen, doch ich weiß nicht genau wohin", erklärte Kai.
"Okay, ich weiß nicht, ob ich dir da eine große Hilfe sein kann, da ich sie ja nicht richtig kenne, aber ich werds versuchen. Für mich wäre ein perfektes erstes Date, wenn ein Junge mich ins Stadion einladen würde." Oder mit mir den Sonnenuntergang anschauen würde, fügte ich in Gedanken dazu.
"Aber ich würde an deiner Stelle sie eher zu einem Essen einladen. In irgendein schönes Restaurant, am besten mit Terasse mit einem tollen Ausblick, gerade jetzt im Sommer."
Kai nickte. "An ein Abendessen hatte ich auch schon gedacht. Ich kenne außerdem ein Restaurant, das auf deine Beschreibung zu trifft."
"Sehr gut! Dann solltest du auch ein bisschen darauf achten, wie du dich richtest, aber ich hoffe das weißt du", sagte ich.
"Klar, es ist nicht mein erstes Date mit einer Frau. Ich brauchte nur Ideen für die Location, aber den Rest sollte ich hinbekommen."
"Ich glaube, du könntest sie auch zu McDonalds einladen und sie würde dich trotzdem lieben. Du musst einfach nur du selbst sein, dann wird sie dir nicht widerstehen können", meinte ich schmunzelnd, wobei ich eigentlich nur aus meiner Sichtweise sprach.
"Danke für deine Hilfe. Ich bin echt froh dich zu haben, denn über so etwas würde ich ungern mit Jule sprechen. Der hat da so sein eigenes Ding, weshalb er wohl auch noch Single ist", erklärte Kai lachend.
"Du kannst immer zu mir kommen und mit mir auch über alles reden."
"Dasselbe gilt für dich. Ich habe immer ein offenes Ohr für dich", gab Kai zurück.

Dann beobachteten wir einfach nur noch still, wie die Sonne langsam verschwand. Als es dunkel wurde einigten wir uns darauf nach Hause zu gehen.
Vor meinem Haus angekommen, meinte ich noch zum Abschied: "Viel Spaß bei deinem Date, erzählt mir dann wie es gelaufen ist!"
"Mach ich!", versprach Kai, bevor er nochmal auf mich zu kam und mich umarmte.
"Das war wahrscheinlich unser letztes Treffen erstmal", sprach er direkt neben meinem Ohr. "Hm?", gab ich von mir.
"Ich fahre morgen wieder nach Leverkusen. Nächste Woche beginnt das Training."
"Das sagst du mir aber echt früh." Ich sah ihn vorwurfsvoll an.
"Ich wollte noch einen schönen Abend mit meiner besten Freundin verbringen, ohne dass es sich für uns beide die ganze Zeit wie ein Abschied anfühlt, es war schon für mich schlimm genug."
"Wir schreiben und telefonieren weiterhin und vielleicht schaff ich es ja mal dich in Leverkusen zu besuchen", meinte ich.
"Meine Tür steht immer offen für dich."
"Dann bis hoffentlich bald."
"Mach's gut und viel Glück in der Schule!"

Dann trennten sich unsere Wege. Er lief weiter zum Haus seiner Eltern und ich ging auf unsere Haustür zu.

Sofort schmiss ich mich auf mein Bett.
Wie sollte ich die nächste Zeit ohne Kai aushalten?
Er hatte mir den Anfang hier in Aachen unendlich erleichtert. Außerdem wurde dank ihm mir nie langweilig in den letzten Tagen.
Natürlich würde ich mit ihm schreiben und telefonieren können, aber wer geht jetzt mit mir zu dieser niedlichen kleinen Eisdiele und futtert sich durch die Speisekarte durch?
Wenigstens war der Abschied angenehm. Auch wenn ich mir jetzt keine Gedanken mehr darüber machen musste, ob ich doch mehr wie Freundschaft will, denn das kann ich jetzt vergessen.
Natürlich war ich froh darüber, dass wir beste Freunde waren. Doch konnte ich ihm wirklich immer, so wie heute, Tipps für ein anderes Mädchen geben, ohne mir dabei zu wünschen ich wäre an ihrer Stelle?
Außerdem wie würde es werden, wenn Kai dann eine Freundin hätte?
Könnten wir trotzdem weiterhin so gut befreundet sein oder würde seine Freundin eifersüchtig auf mich werden und ihm nicht erlauben engeren Kontakt zu mir zu haben?

Es gab so viele Fragen auf die ich keine Antwort finden konnte. Ich musste einfach abwarten und hoffen, dass sich zwischen uns nichts veränderte.
Da hab ich endlich mal wieder einen Freund gefunden nach der ganzen Sache damals und jetzt ist es so kompliziert!
Das Schicksal will anscheinend nicht, dass ich ein einfaches Leben führe.

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Hallo!

Ich hoffe ihr hattet einen schönen Tag!
Ich wollte heute unbedingt ein Kapitel veröffentlichen, aber habe es leider erst jetzt geschafft 😅

Schönes Wochenende euch allen 💗

Just a fence between us | Kai HavertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt