»Elin? Hast du alle Kisten schon unten?«, rief meine Mum fragend. Ich stand in meinem leeren Zimmer und sah noch ein letztes mal aus meinem Fenster heraus. Wie ich meine Heimat vermissen würde!
»Sind alle schon im LKW, Mum!«, entgegnete ich laut, sodass sie es unten auch hören konnte. Wir würden heute Umziehen, in eine andere Stadt. In eine andere Umgebung. Weg von all meinen Freunden, von dem Ort der für mich immer mein Zuhause gewesen war. Und ob ich das wollte?
Nein.Ich würde niemals freiwillig von hier wegziehen wollen. Ich war in diesem Haus aufgewachsen, es verband mich mit so vielen schönen und schlechten Erinnerungen aus meiner Kindheit die alle ein Teil von mir waren und dafür gesorgt hatten, dass ich jetzt genau der Mensch war der ich bin.
Ich wollte einfach nicht weg, doch ich musste.
Natürlich gab es einen Grund dafür. Einen der mir Tränen in die Augen trieb. Immer und immer wieder hatte ich deswegen schlaflose Nächte.
Es verfolgte mich, und meine Mum hatte es innerlich zerstört.Der Grund war das Traurigste was mir in meinem bis jetzigen Leben wiederfahren war.
Und zwar hatte ich einen besonderen Menschen verloren.
Meine Mum ihre große Liebe.Meinen Vater, kein Mensch sondern ein großzügiger Werwolf immer achtend darauf wie es seinen Mitmenschen ging, war ermordet worden.
Und damit meiner Mum und mir dieses Schicksal erspart blieb, mussten wir weg. Weg aus dieser kleinen Stadt. Weg aus meinem - unserem - Zuhause.Weshalb mein Vater sterben musste ist eine lange Geschichte. Zu lang und knifflig für jeden noch so langen Winterabend. Man kann es zwar auch kurzfassen, doch dies würft nur unnötige Fragen auf.
Trotzdem versuche ich es einmal ganz kurz und knapp zu halten.
Und leider kann ich selber nicht alle Fragen beantworten, denn selbst ich habe noch viele.
Wie schon erwähnt waren mein Dad und ich Werwölfe. Wir gehörten auch dem hier lebendem Rudel, den sogenannten Silberrücken-Wölfen, an. Aber auch genau dieses Rudel war der Grund dafür, dass wir wegziehen oder besser gesagt fliehen mussten.
Vor drei Wochen kam es zu dem entscheidenden Ereignis. Mein Vater, der immer einer der engergiertesten und hilfsbereitesten Werwölfe im Rudel war, wurde vor unser aller Augen umgebracht.Es gab eine laute Auseinandersetzung zwischen dem Alpha und ihm, die nicht gut endete. Die beiden verwandelten sich im Eifer des Gefechts ohne groß nachzudenken was das für Konsequenzen haben würde in ihre Wolfsgestalt, und gingen aufeinander los.
Man hörte nur Knurren, Fauchen und Heulen, bis alles verstummte und der Alpha mit bluttropfendem Maul über den leblosen Leichnam meines Vaters gebeugt da stand.
Gier und Rachsucht blitzten in den dunklen Augen des Alphas auf, während die meines Dads verblassten.»Wir müssen los! Komm runter!« riss die Stimme meiner Mum mich aus meinen Erinnerungen.
Schnell schluckte ich die Tränen runter und straffte meine Schultern.
»Komme schon«, gab ich gequält von mir und ließ traurig mein Zimmer und mein altes Leben hinter mir.
Unten angekommen setzte ich mich neben meiner Mum in den gemieteten umzugs-LKW und schon startete der Motor und wir fuhren los.Wir ließen die bekannten Straßen hinter uns und überquerten Felder und Landstraßen. Keiner von uns sagte etwas, denn wir waren einfach zu betrübt dafür.
Ein großer Kloß hatte sich in meinem Hals festgesetzt und Tränen kullerten über meine Wangen und benetzten meine Wimpern.Schniefend kramte ich in meiner Jackentasche nach meinem Ohrstöpseln und steckte sie mir in die Ohren. Ich suchte meine Lieblingslieder und hörte sie mir nacheinander an - in dem Versuch mein Hirn und Verstand mit der lauten Musik zuzudröhnen. Währenddessen sah ich aus dem Fenster und ließ alles auf mich wirken.
Plötzlich berührte mich meine Mum am Arm und ich zuckte zusammen. Dann sah ich sie fragend an.»Du musst doch nicht Weinen, Schätzchen«, sagte sie tröstend als ich die Musik leiser geschalten hatte, »Ich weiß was dir das alles bedeutet, aber wir werden sicher ein neues schönes Leben anfangen.«
Sie streichelte mir liebevoll und mitfühlend über den Kopf, jedoch entging mir das Zittern ihrer Finger nicht und wie krampfhaft sie das Lenkrad festhielt.
Und ich wusste, sie versuchte sich selber Mut zuzureden. Ich schniefte und lehnte mich an das LKW Fenster. Ich schloss die Augen und schlief ein.3 Stunden später
Ich krachte mit dem Kopf gegen das Fenster, wodurch ich aufwachte und mir verschlafen den Kopf rieb. Meine Mum hatte an einer roten Ampel eine Vollbremsung hingelegt.
»Sind wir da?«, fragte ich grummelnd aber war plötzlich hell wach.
»Ja, fast.« erwiderte Mum und nickte.
Diese Stadt war bedeutend größer als in der ich vorher gelebt hatte, aber auch nicht zu groß.Wir fuhren an Gärten und Häusern vorbei, wo die Blumen üppig wuchsen und fröhlich strahlten. Und sogar an meiner neuen Schule, die gar nicht mal so Übel aussah.
Auf dem Platz vor der Schule standen ein paar Jugendliche die sich wahrscheinlich mit ihren Freunden hier trafen, obwohl es Wochenende war.
Ziemlich absurd diese Vorstellung.Ich hatte nicht das Gefühl dass ich hier neue Freunde finden würde, davon mal abgesehen dass ich in der alten Schule auch keine Freunde hatte. Ich hatte noch nie Freunde gehabt, und ich wusste nie woran das lag, bis ich mich in einen Werwolf verwandelt hatte, da wurde mir alles klar. Danach hatte ich trotzdem keine Freunde, nicht einmal Werwolffreunde.
Mir stieg eine Erinnerung in den Kopf, die mir sofort wieder Tränen in die Augen trieb. Ich hatte einen Freund gehabt, kurz nach meiner Aufnahme im Rudel. Ein netter Junge, er hieß glaube ich Jay, er redete und spielte mit mir. Das waren die glücklichsten Tage meines Lebens, bis Jay's Eltern ihm verbaten mit mir zu spielen.
Ich wusste natürlich nicht warum, aber ich glaube es hatte was mit meinem Vater zu tun.
So wie alles mit meinem Vater zusammenhängen musste.
Doch alle um mich herum schwiegen wie Gräber.Nach wenigen Minuten bog Mum mit dem LKW in eine Einfahrt ein, dessen Zaun mit rosa Rosen überwuchsen war. Ich muss gestehen, es sah wirklich sehr hübsch aus.
In der Mitte des kleinen Gartens stand ein weißes, hübsches Haus, groß genug für Mum und mich, was ebenfalls mit Rosen überwuchert war.»Wie in einem Märchen«, seufzte ich unabsichtlich. Mum musste sich ein kichern verkneifen. Ich warf ihr einen vielsagenden Blick zu und stieg aus. Sofort wehte mir der frische Duft von Rosen und Wald in die Nase, denn der Wald grenzte an unseren Garten an, was super für mich war.
Ich würde heute auf jeden Fall in dem Wald laufen gehen. Natürlich als Werwolf!
Ich hoffe mal dass es ein rudelloses Gebiet war.Die Vögel zwitscherten sanft als ich durch den Garten tigerte. Er war groß genug, das Gras war kurz und überall wuchsen Rosen in den verschiedensten Farben. Als ich zu Mum zurück lief, hatte sie den LKW schon geöffnet und holte eine Kiste auf der: Küche stand heraus.
»Das wird ja ewig dauern, bis wir das alles abgeladen haben.« stöhnte ich und nahm mir auch eine der Kisten. Auf dieser stand aber mein Name. Wir hatten Schränke, Bett und all das in unserem alten Haus gelassen, das hatten die neuen Mieter auch ok gefunden. Wir wollten nicht so viel mit schleppen, und Betten, Schränke, Küche und Sofa, all das was man so braucht war außerdem in diesem Haus auch noch drin. Das hatten uns die vorherigen Besitzer bereitwillig angeboten...
DU LIEST GERADE
𝔸𝕔𝕔𝕖𝕡𝕥 𝕄𝕖
Werewolf✧Abgeschlossen✧ Durch den tragischen Verlust ihres Vater müssen Elin und ihre Mutter aus ihrer Heimat verschwinden. Doch damit stellt sich ihr gesamtes Leben auf den Kopf und bringt so einige Veränderungen mit sich: Neue Freunde. Neue Stadt. Die gro...