»Neuer Tag«

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 Piep ...Piiep ...Piiiep ...Piiiiep ...

Ich riss die Augen auf um im nächsten Moment sofort meinen nervtötenden Wecker auszuschalten. Ich war immer noch total müde und kaputt vom vorherigen Tag, der - wie ihr wisst - nicht gerade gut verlaufen war.
Ich quälte mich dann doch aus meinem Bett und stand auf. Ich holte mir einen roten Pulli und eine Schwarze enge Hose aus dem Schrank, zog sie an und lief dann ins Badezimmer. 
   Dort angekommen kämmte ich mir meine Blonden relativ langen Haare und flocht sie streng zusammen. Meistens ließ ich sie offen oder machte mir nur einen einfachen Pferdeschwanz, aber irgendwie wollte ich eine Veränderung.

Ob das wohl an Kyrill lag? Und schon wieder denke ich an ihn.
Na toll. Er kommt einfach nicht mehr aus meinem Kopf hinaus, als ob er sich da festgeklebt hat. 
   Warum denke ich denn an so ein Arschloch nur?
Warum fühle ich überhaupt so viel für ihn?
   Um mir nicht weiter Gedanken zu machen, ging ich runter in die Küche und da ich noch so viel Zeit hatte, machte ich mir schnell Eierkuchen die ich genüsslich auf aß. Für meine Mum waren auch noch welche übrig geblieben. Da wir schon mal bei ihr sind, was verheimlicht sie mir eigentlich? Sie hatte gestern sofort abgeblockt und dicht gemacht.

   Ach jetzt hör auf an irgendetwas zu denken! Du musst in die Schule!, ermahnte ich mich selbst.
   Deshalb flitzte ich schnell hoch ins Bad, putzte mir die Zähne, und weil ich Lust hatte, trug ich mir Wimperntusche und ein Bisschen Schminke auf.
Die Wimperntusche betonte nun noch mehr meine türkisen Augen. Die Augenringe darunter hatte ich einfach weggeschminkt. Machen ja fast alle heutzutage. 
   So lief ich wieder hinunter, schnappte mir meinen Schulrucksack und ging aus dem Haus hinaus. Draußen wartete schon Luke auf mich, sodass ich gleich hinter ihn auf sein Motorrad sprang. Ich ließ mir aber nicht anmerken wie schlecht es mir ging. 
Ich wollte ihn nicht auch noch mit meinen Problemen belasten.

   Als wir in der Schule ankamen, ging ich sofort ins Gebäude rein, um Kyrill nicht über den Weg laufen zu müssen. Denn seinen Anblick könnte ich jetzt nicht verkraften.
Als ich durch die Flure rannte, begegnete ich ausgerechnet der Person die ich jetzt wirklich am wenigsten treffen wollte: Kyrill. Mein Mate. Ich bin vom Pech gesegnet.
Ohne ihn eines Blickes zu würdigen wollte ich schnell um die nächste Ecke verschwinden. Doch ausgerechnet er hielt mich auf. 

   Kyrill schnappte blitzschnell nach meinem Handgelenk und zog mich zurück.
   »Elin?«, flüsterte er.
  Ich drehte mich in Zeitlupe zu ihm um und sah in seine wunderschönen Augen  ... Elin! Reiß dich zusammen!
   »Was?«, fragte ich dann kühl zurück und sah an ihm vorbei, was mir sehr schwer fiel. 
   »Ich ... ähm ... also ...«, stotterte er herum.
   »Wenn du weißt was du sagen willst kannst du mit mir reden. Denn wenn du nicht weißt was du sagen willst stiehlst du mir somit meine Zeit. Ich muss zum Unterricht.«

   Ich wandte mich kalt um und ging einfach weiter. Tränen stiegen mir in die Augen, doch ich ließ sie nicht raus und blinzelte schnell.
Mich hätte schon gerne Interessiert was er zu sagen hatte, aber ich war jetzt durch mit ihm.
Jedenfalls wollte ich das, aber mein Herz hielt mich zurück ihn nicht zu Lieben. Ob das wirklich Liebe war? Ich weiß es nicht. 
   Ob er mich auch liebte? 

Der Unterricht flog nur so an mir vorbei und schon klingelte es und kündigte das Schulende an.

Ich sprang geschwind auf und packte hastig meine Sachen zusammen. Dann schulterte ich meinen Rucksack und lief nach draußen. Luke wartete heute nicht auf mich, da er länger hatte, sodass ich laufen musste. 
   »Elin!«, drang wieder einmal eine Stimme über den Parkplatz auf dem ich stand.
Diesmal aber nicht Kyrill der mich mit irgendeinem Schwachsinn aufhalten wollte.
Ich drehte mich um und sah ... Niclas der mir freundlich zu winkte. 
   Ich ging zu ihm hinüber.
   »Hey Niclas! Was gibt's? Warum hast du mich gerufen?«
   »Ich wollte dich nur fragen ob ich dich zu dir nach Hause bringen soll. Ich habe auch ein Motorrad und bin in Motorrad fahren sehr gut. Ich habe das mal als Sport gemacht. Also musst du keine Angst haben dass ich einen Unfall baue.« 
   Er lächelte mich verschmitzt an. Ich lächelte zurück.
   »Klar, danke. Sonst müsste ich den Weg laufen, und das ist mir viel zu weit«, lachte ich und Niclas reichte mir einen Motarradhelm. Dann stieg er auf und ich hinter ihn. 
   »Wo wohnst du?«
   »Auf der Berezystraße 12«
  »Da wollten wir auch erst hin ziehen. Das liegt so schön am Wald in dem ich so gerne spazieren gehe. Find ich einfach schön.«
   »Unser Garten grenzt an den Wald an.«
   »Cool. Gehst du da auch oft hin?«, fragte er nach.
   »Ja, jeden Tag eigentlich.«
   »Auch gestern?«
   »Ja, warum?«, wollte ich wissen.
   »Ach, keine Ahnung. Ich frage einfach immer zu viel. Sorry«, gab er zurück.
   »Schon okay. Können wir los?«
   Niclas startete den Motor und seine Maschine fuhr los.
Er lenkte wirklich geschickt und es fühlte sich schön an mit ihm zu fahren.
Er verstrahlte so ein gutes, sicheres Gefühl.

    

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