»Abends im Wald«

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   Als ich am Abend mit meiner Mutter am Abendbrottisch saß verkündete sie mir, dass ich ab Morgen in die Schule gehen müsste. Das war mir natürlich klar gewesen, aber ich hatte so gar keine Lust in eine neue Klasse zu kommen, wo mich die Schüler alle anstarren und ich mich vorstellen musste. Ich hasste es vor anderen Leuten zu sprechen, das machte mir Angst.

Mein Vater hatte zwar mal gesagt dass ich dafür geboren sein, eine Anführerin zu werden. Das fand ich natürlich nicht, aber er hatte immer Recht gehabt. 
Und da er nun von uns gegangen war schenkte ich seinen Worten mehr Achtung und vertraue auf sie.

 Ich hätte so froh sein sollen, als er noch am Leben war. Erst nach seinem Tod ist mir klar geworden, wie viel er mir bedeutet und wie wichtig er für mich ist.
Als ich die Sachen für unseren Umzug zusammen packen musste, hatte ich auch einen alten Brief von ihm an mich gefunden, den er mir früher geschrieben hatte.
Und nun, immer wenn ich ihn mir durch las, rollten mir Tränen über die Wangen.

   »Elin, wo warst du eigentlich vorhin?«, rief mich meine Mum aus meinen Gedanken. Ich blickt auf und fasste mich wieder.
»Äh, im Wald spazieren. Mit Luke«, antwortete ich kurzgefasst und stocherte in meinem Essen umher.

Mum musterte mich eindringlich, bis ich es nicht mehr aushielt und: »Was ist?« rief. 
   Mum hörte sofort auf zu starren und erhob ihre Stimme.
»Ist ... Ist Luke dein Mate?« 
   Das hatte sie nicht ernsthaft gerade gefragt, oder? Ich verschluckte mich prompt an meiner Suppe, die ich gerade aß, und spuckte sie aus, während ich mir auf die Brust klopfte und meine Augen verdrehte.

   »Natürlich nicht, Mum! Außerdem ist er ein Mensch«, sagte ich empört als ich fertig war mit Husten.
»Ich bin auch ein Mensch!«, verteidigte sie sich selbst. »Einen Menschen als Mate zu haben ist gar nicht schlimm! Außerdem, sie dir mal an wie er dich ansieht.« 
   »Lieber nicht«, entgegnete ich noch trocken und sie ging zum Glück nicht weiter auf das Thema ein.

Nachdem wir aufgegessen hatten, räumte ich die Teller weg und ging hoch auf mein Zimmer. Ich wusste dass meine Mum mir jetzt nicht mehr erlauben würde raus zu gehen um ein bisschen im Wald zu laufen, weshalb ich meine Zimmertür hinter mir abschloss und so tat als ob ich mich Bettfertig machen würde.
Tat ich aber nicht.

Stattdessen riss ich mein Fenster auf was in Richtung Wald zeigte und beugte mich vor um runter zu sehen. An der Seite meines Fensters war so ein Dings wo Rosen hoch wucherten. Darauf könnte ich mich stellen und das als Leiter benutzen. Ich holte noch schnell einen Türstopper den ich ins Fenster klemmte damit es nicht zu viel. Dann kletterte ich aus meinem Fenster heraus und an diesem Dings runter, wobei mich die Rosen fies in die Finger stachen.
Das tat echt weh!

Aber ich musste heute mal wieder richtig laufen gehen, denn wenn ich morgen zur Schule musste, würde ich es nicht aushalten still auf dem stuhl zu sitzen und mich zu konzentrieren.
Ich ging wieder durch das Törchen in den Wald und verwandelte mich sofort in meinen Wolf. Als meine braunen Pfoten den Boden berührten, fühlte ich mich mit einem mal so frei und unbeschwert. Ich hatte dieses Gefühl echt vermisst.

Ich setzte eine Pfote vor die andere auf den kühlen Erdboden und preschte los. Der Wind zerrte an meinem dicken Fell und verzauste es. Ich schlängelte mich durch den Bäumen hindurch und sprang über Büsche und Sträucher hinweg. Es fühlte sich so an als ob ich flog, als ich gerade über einen umgekippte morschen Baumstamm hinweg setzte. 

   Dann nahm ich den Weg zum See den mir Luke gezeigt hatte und betrachtete die schön glitzernde Wasseroberfläche und den Wind der mit dem Wasser spielte und es kräuselte.
Weil ich so außer Atem war, nahm ich ein paar große Schlucke von dem kühlen Wasser und rannte weiter durch den Wald.

Als ich immer tiefer hinein rannte, stieß ich über Wolfsspuren die relativ frisch waren. Ich schnupperte, es waren definitiv Werwölfe, und folgte den Spuren. Die düfte waren sejr streng und leicht zu verfolgen.
Sie führten mich zu einem großen Haus, einem Rudelhaus auch Packhaus genannt, erkannte ich.
Ich duckte mich auf den Boden und kroch voran.

In dem Rudelhaus brannten viele Lichter und ein paar Werwölfe, in menschlicher Gestalt, standen draußen herum und redeten. 
Der eine sah auf einmal zu mir rüber, ich wusste nicht ob er mich sah, weil mein Fell ja dunkel war und ich am Boden geduckt 'lag', aber man weiß ja nie ob er mich aus circa fünfzig Meter Entfernung sehen konnte. Werwölfe haben gute Augen  auch als Mensch.

Ich spitzte die Wolfsohren und lauschte, als der Typ plötzlich auf mich zeigte, sprang ich auf, drehte mich blitzschnell um und flitzte den Weg zurück den ich gekommen war. Ich sah nicht noch mal zurück, ich rannte einfach bis ich außer Atem an unserem Haus ankam, mich fließend verwandelte und mithilfe des Rankgitters auf mein Zimmer hoch kletterte. 

   Gerade rechtzeitig, wie ich feststellte, denn als ich mein Fenster schloss, klopfte meine Mum an der Tür. Ich lief hin, schloss sie auf und öffnete ihr mit aufgesetztem Lächeln.
   »Alles okay bei dir?«, fragte sie mich. Ich nickte, »Natürlich. Warum nicht?«
   »Es war gerade so leise bei dir.« 
   »Ne, alles okay, habe gerade aus meinem Fenster gesehen«, log ich schnell herum, was besseres war mir nicht eingefallen.
»Geh mal duschen, du Riechst nach Schweiß«, sagte meine Mum noch mit gerümpfter Nase bevor sie sich abwand und verschwand.

Ich schloss  erleichtert die Tür hinter mir und Atmete tief durch. Meine Mum sagte zwar immer, sie sehe wenn ich lüge, doch das war eine glatte Lüge ihrerseits. 
 Und ich sollte duschen gehen da hatte sie recht, ich schwitzte nämlich wirklich von dem Sprint nach Hause.
Ich schnappte mir mein Schlafzeug und ging ins Bad. Es war echt schön zu duschen, denn unter anderem glühte mein Körper vor Anstrengung, ich glaube so schnell bin ich noch nie gerannt!

  Als ich mein Schlafzeug angezogen hatte, putzte ich mir noch schnell die Zähne und legte mich ins Bett. Bevor ich schlief stellte ich mir noch meinen Wecker auf halb sieben und schnappte mir dann mein Lieblingsbuch, was ich schon locker vier mal gelesen hatte und fing an es noch mal zu lesen. Mir fielen nach einer Weile die Augen zu und ich schlief todmüde ein...

𝔸𝕔𝕔𝕖𝕡𝕥 𝕄𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt