»Gut, dass ich dich habe...«

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   Die nächste Woche verging relativ normal, wenn man es normal nennen kann, dass Rebecca einen die ganze Zeit ärgerte und keine Sekunde in Ruhe ließ, so kam es mir jedenfalls vor. Immer wenn ich an ihr vorbei lief sah sie mich böse an, küsste Kyrill oder beleidigte mich, da sie raus bekommen hatte, dass ich Frau Maier das mit dem Handy gepetzt hatte.

Meine neue Klasse mochte mich erst, weil ich mich getraut hatte was gegen Rebecca zu sagen, doch ganz schnell hatte Rebecca den Spieß umgedreht und nun hassten mich alle. Das war aber nichts besonderes für mich, ich war das gewöhnt. Und zum Glück hatte ich noch Luke und seine Freunde, die mich bei ihnen aufgenommen hatten.
Natürlich war in den Wochen ziemlich viel passiert, wir hatten Arbeiten geschrieben, in denen ich immer eine eins oder zwei kassierte - ich war halt gut in der Schule. Deshalb hasste mich Rebecca unter anderem auch, weil sie nur schlechte Noten schrieb.

 Die Leute in meiner Schule sahen mich alle komisch an wenn ich an ihnen vorbei lief und ich wurde immer trauriger und zog mich zurück - ich wurde nicht traurig weil mich alle außer Luke und seinen Kumpels terrorisierten, nein ich wurde trauriger weil Kyrill immer noch so ein Arsch zu mir war. Ich hätte gerne gewusst wie er sich dabei fühlte, doch das würde ich wohl nie erfahren. Einmal hatte ich sogar probiert mit ihm zu reden, doch das hatte nicht funktioniert.

Und nach dem Tod meines Vaters war ich erst recht sehr zerbrechlich geworden, und da half Kyrills Kälte mir erst recht nicht viel.
Mein Herz zerriss immer mehr in tausend Teile weshalb ich auch dementsprechend aussah.
Luke war das natürlich aufgefallen, doch ich sagte ihm weiterhin nichts, das durfte ich leider nicht. Selbst gegenüber meiner Mum schwieg ich.

Das einzige was mich ein wenig auf andere Gedanken brachte war, wenn ich in meiner Wolfsgestalt im Wald laufen war, wenn mir der Wind dann immer durch mein Fell streifte und ich mich Frei und unbelastet fühlte. Los von all meinen Sorgen und Gedanken die mich seit den letzten Wochen verfolgten.

   Gerade in diesem Moment kam meine Mum in mein Zimmer gestürmt und störte mich beim Musik hören. 
   »Was ist?«, fragte ich genervt und gleichzeitig traurig, so fühlte ich mich auch.
   »Ach Schatz, sag mir doch einfach was mit dir los ist!«, jammerte sie, doch ich scheuchte sie nur wieder aus meinem Zimmer heraus. Ich wollte allein sein und niemanden mit meinen Sorgen belasten, auch wenn ich Mum nichts erzählt hatte, machte sie sich trotzdem zu viele Sorgen um mich - das konnte man aber auch verstehen, denn ich sah wie ein Zombie aus mit verweinten roten Augen. Mein blaues Auge war wieder weg, das war auch das einzige Gute. 

   Nach einer Weile beschloss ich raus zu gehen, da ich es nicht mehr in meinem Zimmer aushielt, es fühlte sich so an als ob die Wände immer näher auf mich zu rückten. 
   Also zog ich mir schnell Jacke und Schuhe an und rannte in den Wald. Von dort aus schlenderte ich zu dem kleinen See. Als ich dort ankam, sah ich Luke am Ufer sitzen der gebannt aufs Wasser starrte, als ob da gleich irgendein Fantasiewesen raus kam. 

   Ich setzte mich lautlos neben ihn und sah auch auf den See hinaus. Um uns herum zwitscherten lieblich die Vögel und um uns blühten hübsche Blumen. Eigentlich hätte ich mich daran erfreuen sollen, doch das tat ich nicht, denn ich konnte nicht.
Bei diesen Gedanken rannen mir wieder heiße Tränen die Wangen runter, denn ich hatte keine Kraft mehr sie zurück zu halten. Luke legte beruhigend einen Arm um mich und zog mich zu sich ran, damit ich mich Weinend an ihn klammern konnte. 
Ganz vorsichtig drückte er mir einen Kuss auf den Scheitel.
   Nach einer Weile erhob Luke die Stimme:

   »Wenn du mir nicht sagst was los ist, kann ich dir auch nicht helfen. Ich kann dich nicht so sehen, Elin!« Ich schluchzte wieder laut auf, antwortete ihm aber doch.
   »Ich weiß, aber ich kann nicht! Besser gesagt darf ich nicht!«
   »Du darfst mir alles erzählen.« sagte er beruhigend und zog mich in eine Umarmung.
   »Nein, ich darf nicht«, flüsterte ich weinend aber mehr zu mir selbst.
Denn die Strafe die ich für mein ausplaudern des Werwolfsgeheimnisses bekommen würde, würde ich nicht ertragen können. Ich hatte dafür erst recht keine Kraft mehr und noch eine Last konnte ich auf meinen Schultern nicht mehr tragen.

   Nach einer Weile löste ich mich aus der Umarmung und erblickte einen Wolf im Wald stehen, der um den See drum herum wuchs. Aber es war nicht nur irgendein Wolf, es war Kyrill. Schwarz mit Gelben Augen - unverkennbar! 

   Ich sah ihm lange und böse in die Augen, dann schrie ich:
   »VERSCHWINDE DU MISTVIEH!« Schließlich war er für all das verantwortlich, dass es mir schlecht ging, dass ich aussah wie ein Zombie und alles einfach!
Ich hatte nur noch Luke, und keinen Mate der mit half. Warum ausgerechnet bekam ich ihn als Mate?! Womit hatte ich das verdient? Ich wusste es nicht. Luke und ich saßen noch bis die Sonne unterging am See still herum. 
Warum könnte Luke nicht einfach mein Mate sein?!
   »Kommst du morgen in die Schule?«, fragte er mich plötzlich.

   »Ja, warum denn nicht?«, krächzte ich, da meine Stimme allmählich versagte. 
   »Guck dich doch mal an«, erwiderte er. Ich zuckte nur mit den Schultern, mir war egal wie ich aussah, sollten doch alle sehen wie ich mich fühlte! 
   »Nimmst du mich wieder mit?«, fragte ich bettelnd und schniefte.
   »Klar, ich kann dich so ja nicht alleine zur Schule fahren lassen. Deine Mutter würde mich köpfen«, grinste er schelmisch und entlockte mir seit langen auch ein kleines Lächeln.

Warum mag Luke mich bloß? Das einzige was ich machte war nur herum heulen, und ich sage ihm ja noch nicht mal warum! Ich glaube, das sind wahre Freunde!
Er nahm mich so wie ich war und ich ihn, weil er einfach großartig war.
»Luke, du bist so toll«, stellte ich fest.
Er sah mir nur tief in die Augen und ein schmunzeln bildete sich um seine Mundwinkel.

Und dann konnte ich nicht anders und küsste ihn. Ganz leicht drückte ich kurz meine Lippen auf seine, was uns beide überraschte.
Doch ehe er was dazu sagen konnte, knurrte etwas tief und gefährlich hinter uns auf.
Wir fuhren herum und da stand er. Kyrills Wolf.
Er hatte uns beobachtet, doch irgendwie war es mir egal. Er küsste aber also warum ich nicht auch?
Trotzdem google ich mich schlecht. Schlechter als zuvor.

𝔸𝕔𝕔𝕖𝕡𝕥 𝕄𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt