𝔸𝕔𝕔𝕖𝕡𝕥 𝕄𝕖

»Bitte wer?«

   Am nächsten Morgen, es war Dienstag, fiel bei mir die erste Schulstunde aus und ich konnte ein wenig ausschlafen. Das hieß aber auch, dass mich Luke nicht zur Schule mitnehmen konnte, denn er hatte keinen Ausfall. Also fuhr ich alleine mit dem Fahrrad hin, verirrte mich aber nicht, denn jetzt konnte ich die Stecke in und auswendig. 
Ich kam zum Glück auch rechtzeitig an und lief in mein Klassenzimmer, denn jetzt hatten wir Englisch mit meiner Klassenlehrerin.

Diese war auch schon da und grüßte mich, bevor ich mich an meinen Platz setzte und meine Sachen auspackte.
   Nach und nach kam auch der Rest meiner Klasse und setzte sich. Als es dann zum Unterricht klingelte, mussten wir wieder aufstehen und unsere Lehrerin begrüßen. Dann, zwei Minuten nach Beginn der zweiten Stunde klopfte es an der Tür.
Poch poch

   Die Lehrerin öffnete die Tür und ein Junge, auch in meinem Alter, trat herein. Er hatte relativ kurzgeschnittene, dunkelblonde Haare und türkis- blaue Augen, sofern ich das erkennen konnte. Geschätzt war er um die 1,75 Meter groß und sah eigentlich gut aus. Für welche die keinen Freund haben- oder halt Mate. Ich konnte mir schon vorstellen wie Rebeccas Augen bei seinem Anblick aufblitzten und sie sich schon vorstellte mit ihm zusammen zu sein. 

   »Komm doch bitte herein, du bist doch der Neue, oder?«, fragte Frau Klein den Jungen und bat ihn mit einer freundlichen Geste hinein.
Der Junge stellte sich in die Mitte vor der Tafel hin und guckte in den Raum um unsere Gesichter 'kennen zulernen'. Ich musste zugeben dass er keineswegs Schüchtern aussah sondern sehr selbstbewusst.
   »Ich bin Frau Klein, deine neue Klassenlehrerin. Möchtest du dich bitte Vorstellen?«
   Der Angesprochene räusperte sich und erhob dann auch die Stimme:
   »Ich bin Niclas Iwanow. Bin Siebzehn Jahre alt und erst vor kurzem hier her gezogen. Habt ihr vielleicht noch irgendwelche Fragen an mich?«
   Er hieß Iwanow? Wie oft kommt der Name denn in dieser kleinen Stadt vor?! Das kann nur ein Zufall sein, definitiv.
   Rebecca meldete sich.
   »Hallo Niclas. Mein Name ist Rebecca und meine Frage: Bist du Single?«

   Einfach nur typisch Rebecca! Ich hätte es ahnen könne. Ich beobachtete wie der Neue, Niclas, amüsiert lächelte. 
   »Ja, ich bin Single. Warum?«
   »Nur so«, redete sie sich schnell heraus, aber mir war klar dass Niclas gemerkt haben musste das Rebecca ein Auge auf ihn geworfen hatte, auch wenn er erst wenige Sekunden hier in diesem Raum war.

Mir kam er ehrlich gesagt sehr symphatisch rüber. Vielleicht könnte ich ihm ja die Schule zeigen und mich mit ihm unterhalten. Vielleicht könnten wir ja sogar Freunde werden, aber ich glaube eher dass er sich mit den Jungs abgeben will, und nicht mit irgendwelchen komischen Mädchen die auf ihn stehen könnten.      
   »Niclas, da keiner mehr Fragen hat, setz dich doch bitte dahinten auf die freie Bank am Fenster.«
   Niclas nickte einverstanden und begab sich nach hinten. Im vorbeigehen musterte er mich aber einen Moment zu lange.
Was hat der wohl?
Warum sieht er mich so lange an? Und wie Rebecca mich jetzt schon wieder anfunkelte, gruselig. 

Eine Stunde später läutete es zur ersten Hofpause. Ich schnappte mir meine Brotdose und wollte gerade nach draußen verschwinden, als mich jemand aufhielt und mich am Arm berührte. Ich drehte mich zu der Person um und vor mir stand Niclas. 
   »Oh hi«, begrüßte ich ihn nur.
   »Könntest du mir eventuell die Schule zeigen?«, fragte er und kratzte sich dabei verlegen am Kopf.
   »Klar, ich bin übrigens Elin.«
   »Schöner Name.«
   Gemeinsam gingen wir aus dem Zimmer und liefen zuerst zu den Toiletten, da die ja sehr wichtig waren. Danach zeigte ich ihm die einzelnen Fächerräume, wie Bio oder Physik. Zum Glück hatten wir danach noch Zeit um auf die Hofpause zu gehen, und dort folgte mir Niclas auch über den Hof. Gemeinsam setzten wir uns auf eine Bank und ich aß mein Brot.

   »Sag mal, wohnst du schon lange hier? Weil dann könntest du mir ja vielleicht bisschen die Stadt zeigen...«
   Ich schüttelte verneinend den Kopf.
   »Bin erst vor ein paar Wochen, oder Monaten, habe nicht mitgezählt, hier her gezogen. Ich habe vorher in Wells gelebt, da bin ich auch geboren. Und du?«
   »Ich bin erst gestern her gezogen, mit meinen Eltern. Vorher habe ich in Glendale gewohnt. Da bin ich aber nicht geboren. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mal wo ich geboren wurde.«
   Ich sah ihn verwirrt an.
   »Wie du weißt nicht wo du geboren wurdest? Das weiß doch jeder. Hast du nicht eine Geburtsurkunde oder sowas?«

    »Das ist ein bisschen schwierig. In meiner Geburtsurkunde wurde mein Geburtsort schwarz übermalt, der Rest aber nicht, naja doch meine Eltern auch. Mich hat man auf einem Feld gefunden, da war ich nicht mal ein Jahr alt.«
   »Krass! Also hat man dich einfach ausgesetzt?!«
   »Ja, ich denk schon. Warum wüsste ich aber nur zu gerne. Und ob ich eine Familie habe die noch lebt, also keine Adoptivfamilie. Ich hätte auch gerne Geschwister, bin aber Einzelkind. Leider.«
    »Ich bin auch Einzelkind. Ich lebe bei meiner Mutter, da mein Vater gestorben ist.«
   Bei dem Gedanken an Dad wurde mur wieder traurig zu mute. Diese Scheiß verdammten Werwölfe die ihn umgebracht haben!