»Ich als Barbie?«

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   Am nächsten Morgen fühlte ich mich noch schlapper als sonst eh schon.
Ich stand langsam auf und ging erstmal ins Bad, um zu gucken wie schrecklich ich heute aussah. Aber ich musste zugeben, dass ich gestern schlimmer aussah. Meine geröteten Augen waren verschwunden, dafür hatte ich aber große Augenringe bekommen.
Ich wusch noch kurz mein Gesicht, und das eisig kalte Wasser machte mich wacher. Dann tapte ich zurück auf mein Zimmer.

Ich holte mir schnell einen weißen Pulli und eine Jeans aus meinem Kleiderschrank und zog sie mir über. Danach lief ich zurück ins Bad, denn ich hatte beschlossen mich heute mal zu schminken damit ich nicht aussah wie ein Zombie. Und es funktionierte! Denn fünf Minuten später sah mein Spiegelbild wie eine normale Highschool Schülerin aus. Relativ jedenfalls. Ich hatte mir Wimperntusche auf meine Wimpern gemacht und meine Augenringe weggeschminkt sowie die Wangen betont. Eigentlich war ich mit mir relativ zufrieden. 

Doch so wir ich mein Spiegelbild betrachtete prasselten alle Ereignisse von Gestern auf mich ein.
Ich hatte Luke - meinen besten Freund - geküsst! Ich hatte vorher noch nie einen Jungen geküsst. Und dann auch noch einen der nicht mein Mate war ... Im Grunde war ich Gestern nicht besser als Kyrill gewesen.
Und dieser hatte es auch noch beobachtet und gesehen, dass der Kuss von mir aus gegangen war.
Luke und ich hatten nach diesem Kuss dazu zwar nichts mehr gesagt, aber ich musste das nachher Richtigstellung.

Zehn Minuten später verließ ich das Haus und ging zu Luke hinüber, der erstaunt drein Blickte als er mich sah. 
   »Wie siehst du denn aus?«, lächelte er.
   »Wie ein normales Highschool Mädchen«, sagte ich und holte tief Luft.
»Also ähm Luke? Das wegen Gestern. Das war keine Absicht und naja, also ich hab gerade auch keine Gefühle für dich ... du warst halt der einzige der für mich da war - ist - und ich weiß nicht. Da ist das einfach so passiert ...«
»Elin, alles ok. Ich verstehe das, dich. Aber ich fand den Kuss dennoch sehr schön«, grinste er vor sich hin.
»Jaja.«

Ich stiegt, als ich das mit Gestern endlich geklärt hatte, hinter ihm auf sein Motorrad. Luke ließ den Motor laut aufbrummen und fuhr schwungvoll los. Dabei musste ich mich fest an ihn klammern um nicht runter zu fliegen.

   Als wir an der Schule ankamen und rein gehen wollten, mussten wir uns erst durch eine große Menge Schüler kämpfen, die vor dem Schuleingang versammelt standen. Doch als wir es geschafft hatten, wussten wir warum die Schüler den Eingang blockierten, denn vor dem Eingang standen die Barbies und verspeerten allen den Weg. Außerdem traute sich niemand die Barbies aus dem Weg zu schubsen - außer ich. Und ich war auch der Grund warum die Barbies den Schuleingang blockierten, denn als sie mich entdeckten, lächelten sie mir hochnäsig zu.

    »Was wollt ihr von mir?«, fragte ich die vier verärgert, denn sie ließen mich nicht an ihnen vorbei. Rebecca räusperte sich und fuhr dann fort:
   »Also ...«, begann sie in sachlichem Tonfall zu erklären, »Wir haben beschlossen dich in unsere Clique aufzunehmen.«
   Ich starrte sie nur entsetzt an. Warum sollte ich in ihre Clique wollen?! Aber ich konnte so vielleicht mit Kyrill reden, also entgegnete ich nur: 
   »Und warum wollt ihr das?«
   »Na weil du hübsch und Mutig bist«, schaltete sich Amanda in unser Gespräch ein. Rebecca jedoch machte nur eine kleine Handbewegung in ihre Richtung und wies sie damit an die Klappe zu halten. 

   »Wir würden uns wirklich freuen! Außerdem wollte ich mich noch bei dir Entschuldigen, dass ich so fies zu dir war, das tut mir wirklich leid«, säuselte Rebecca. Ich glaubte ihr kein Wort.
Aber vielleicht war das meine Chance.

   »Aha. Hm, vielleicht mach ich es, aber nur wenn ich dich Rebecca nennen darf«, entschied ich daraufhin. Ich fand ihren Spitznamen einfach nur dämlich und würde diesen nicht in den Mund nehmen.
Mal sehen ob ich soviel wert war dass ich sie mit ihrem gehassten Namen ansprechen durfte. Ich rechnete mit einem eiskalten NEIN doch sie sagte:
   »Nun gut, das darfst du, aber bevor du unserer Gruppe beitreten darfst, musst du noch etwas tun.«
Rebecca sah mir lange in die Augen. 
   »Was denn?«, fragte ich verwirrt zurück. Ich hätte wissen müssen, dass es einen Haken an der ganzen Sache gab.

   »Du musst hier und jetzt einen Jungen küssen. Aber du musst nicht mit Zunge«, erklärte sie sachlich weiter. Wie dumm war das bitte?
Aber naja, bei Rebecca konnte man ja nichts schlauer erwarten.
Und Ich war damit schon einverstanden, obwohl ich keinen anderen außer meinen Mate küssen wollte, dass war es Wert. Außerdem küsste er auch Rebecca. Und ich hatte schon Luke geküsst.
Daran konnte ich nichts ändern.
Aber ich hatte eigentlich nicht vor nochmal diesen Fehler zu begehen.

   »Ich tu's«, verkündete ich trotzdem mit fester Stimme, und sah sofort wie sich Kyrills Augen verfinsterten. Irgendwie sah er heute eh aggressiv gestimmt aus und hatte sogar Augenringe unter seinen Augen.
Was war nur passiert?
Aber weh er jede küssen durfte, durfte ich auch jeden x beliebigen küssen.

   »Und wen?«, hakte ich nach kurzen Überlegen nach.
   »Freiwillige bitte melden!«, rief Rebecca laut aus und ein Haufen Jungs meldeten sich, ich wusste gar nicht dass mich so viele Küssen wollten, vielleicht lag das auch daran, dass ich eine Barbie werden sollte.
 
   »Such dir einen aus«, ergänzte sie noch. Ich überlegte, dann sah ich dass sich auch Luke meldete - Was? Warum meldet sich Luke?! Klar ich hatte ihn erst gestern geküsst aber...

Doch dann trat ein Junge vor und erhob genervt die Stimme:
   »Ich werde sie Küssen.« Das war ganz eindeutig Kyrills Stimme. Aber warum tat er das? Konnte er etwa nicht sehen wie mich ein anderer Küsste? So wie gestern?
   Rebecca zog scharf die Luft ein.
   »Du doch nicht! Du bist mit mir zusammen!«, entgegnete Rebecca wütend und verdrehte kurz die Augen. Doch Kyrill blieb gelassen und erwiderte trocken:

   »Es ist doch nur ein Kuss, Rebecca. Und überhaupt, soll sie einen Jungen küssen der sie nur küssen will weil sie bald eine Barbie ist. Also mich stört das nicht wenn ich sie küsse, aber wenn du ein Problem damit hast, dann ...«
Doch Rebecca unterbrach ihn mitten im Satz. 
   »Ja macht nur, aber beeilt euch«, seufzte sie. 

Dann trat Kyrill vor und sah mir tief in die Augen, ich hatte das Gefühl als könnte er genau sehen was in mir vorging.
Seine Nähe fühlte sich schön an, ich fühlte mich in seiner Nähe geborgen, doch er wollte mich ja nur Küssen weil er nicht wollte das mich wieder ein anderer Junge küsste. Arsch!
 
   Er kam mir immer näher bis er direkt vor mir stand und ich seinen männlichen geruch tief einatmen konnte. Er roch so gut!
Dennoch blitze vor meinem inneren Auge die ganze Zeit ein Bild auf wo Kyrill Rebecca küsste.
Wie ich es hasste!
Ich blickte zu ihm hoch in seine Augen, diese funkelten nur schön in der Sonne aber leider konnte ich nicht seine Gefühle erkennen. Dann beugte er sich langsam zu mir hinunter und mein Herz klopfte immer schneller und ich hatte Angst dass es mir gleich aus der Brust sprang. 

»Du küsst nie wieder einen anderen du Biest!«, knurrte er bedrohlich leise und so, dass nur ich es hören konnte.
   Als seine Lippen nur noch wenige Millimeter von meinen entfernt waren, spürte ich seinen heißen unregelmäßigen Atem auf meiner Haut und hörte sein Herz klopfen. Ihm ging es also genauso wie mir - gut zu wissen. 

   Dann stellte ich mich ein wenig auf die Zehenspitzen und drückte meine Lippen auf seine, ich versuche zu vergessen was er gerade gesagt hatte, doch es brannte sich in mein Gedächtnis ein und ein Schauder lief mir über den Rücken.
Doch seine Lippen fühlte sich so unglaublich weich und gut an und ich verlor mich glatt in meinen aufgewirbelten Gefühlen.

Meine Lippen pochten und ein wohliges Kribbeln fuhr hindurch, so wie ich es noch nie empfunden hatte, es war das beste Gefühl das ich je gespürt hatte! Ganz anders als Lukes Kuss.
   Doch nach wenigen Sekunden lösten sich unsere Lippen wieder und Rebecca erklärte feierlich, während Kyrill seine Arme um sie schlang und seine eine Hand zu ihrem Hintern wanderte:
   »Hiermit ist Elin nun eine Barbie! Herzlichen Glückwunsch! Jetzt komm mit.«
   Ich ging schleifend hinter den Barbies her zum Unterricht. Irgendwie fühlte ich mich seit dem kurzen Kuss glücklich aber auf der anderen Seite tat mein Herz nun mehr weh als vorher.

Wegen seinen Worten und Taten. Was er gesagt und wie er mich genannt hatte war schon schwer zu ertragen für mich, aber wie er die Oberbarbie berührt hatte war noch viel schlimmer gewesen!

𝔸𝕔𝕔𝕖𝕡𝕥 𝕄𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt