»Spaziergang«

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Ich ging mit der Kiste vor mir her tragend zum Haus herüber und suchte mein Zimmer, welches mit Mums Schlafzimmer und einem kleinen Bad im ersten Stock lag.
Ich stellte sie in meinem Zimmer ab und hüpfte wieder runter zum LKW um mir eine neue Kiste zu schnappen. Dabei kam mit Mum entgegen. Als ich am LKW inne hielt und gerade nach einer Kiste angelte, hörte ich eine fremde Stimme hinter mir, welche mich zusammen fahren ließ.

»Hey! Ihr seid doch die Neuen, oder?«
Ich drehte mich der Stimme entgegen und sah einem großen Jungen, circa mein Alter, in die Augen.

»Äh, ja, genau. Wie sind die Neuen. Und ähm nenn mich einfach Elin«, erklärte ich verlegen und hielt ihm meine Hand entgegen, die er freudig schüttelte.

»Ich bin übrigens Luke. Soll oder kann ich euch irgendwie helfen? Ich pack gerne mit an!«, fragte er begeistert.
Die Leute hier waren echt hilfsbereit, stellte ich fest.
»Äh klar. Gerne, wenn du möchtest.«

Ich lächelte ihm noch kurz verlegen zu, dann griff ich wieder nach der Kiste die ich mir nehmen wollte - doch ich war zu klein und kam nicht ran. Egal wie weit ich mich vor beugte, es fehlen immer ein paar Zentimeter!

»Warte, ich helfe dir!«, rief Luke glucksend und ich ging ein Schritt zur Seite. Er holte ohne Mühe die Kiste heraus und reichte sie mir.

»Danke«, sagte ich mit dem Blick zu Boden gerichtet und klemmte mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr. Dann schnappte Luke sich mit seinen muskulösen Armen, wie mir soeben auffiel, auch eine der Kisten und lief mir hinterher ins Haus.

Dank Luke hatten wir nach einer halben Stunde alle Kisten ins Haus geräumt und mussten nicht zu sehr ackern.
»Wie sollen wir dir nur danken? Ich kann dir leider nichts anbieten, das ist alles in den Kisten und Essen haben wir auch noch keins. Weißt du wo der Supermarkt ist, Luke?«, sagte meine Mum in diesem Moment.

»Ich helfe doch gerne, Sie müssen mir nichts anbieten. Und der Supermarkt ist nur die Straße runter«, erklärte er lächelnd. Danach wanderte sein Blick etwas zu lange zu mir rüber und mir wurde ein wenig unwohl zumute.

»Ich glaube ich sollte dann mal mein Zimmer einräumen«, beschloss ich kurzerhand um die Stille zu brechen.
»Ich geh dann auch mal, falls ihr Hilfe braucht oder so was, ich wohne da drüben im Nachbarhaus mit meiner Familie.«
Er wies mit seinem Kopf in Richtung eines braunen Hauses.

»Danke, dass ist sehr nett von dir.« , Als er verschwand wunk meine Mum ihm hinterher und ich wusste, Luke würde heute nicht das letzte mal hier gewesen sein.

Seufzend ging ich hoch in mein Zimmer und räumte meine Kisten aus und gleich in die Schränke ein. So viele waren es gar nicht, weshalb ich nach gefühlt einer Stunde damit auch fertig war.

Mein neues Zimmer war eigentlich recht schön. Es war in einer hellen gelben Farbe unordentlich gestrichen wurden und hatte ein großes umrahmtes Fenster welches mein Zimmer mit Licht flutete.
Ich hatte ein älteres großes Holzbett in der Mitte an der Wand stehen, einen ebenfalls Holzschreibtisch, einen Kleiderschrank mit Spiegel vorn dran und in einer Ecke stand ein kleines rotes Sofa. Ein paar Kissen hatten es sich auch hier und da gemütlich gemacht.

Insgesamt war es zwar nicht so wunderbar wie mein altes Zimmer aber schon mal der Anfang.
Geschafft schmiss ich mich auf mein neues Bett und blieb einfach so liegen, es war doch eigentlich recht schön hier. Aushaltsam.

»Elin?! Ich gehe jetzt einkaufen!«, rief Mum von unten mir zu.
»Ok mach das!«, antwortete ich eben so laut doch regte mich nicht weiter bis ich die Tür ins schloss fallen hörte.

Es tat gut einfach mal nichts zu machen, doch dann klingelte es plötzlich an der Haustür und meine Ruhe war Geschichte. Ich stand mühsam auf und rannte die Treppe hinunter.
Wer wollte denn jetzt schon zu uns? Uns kannte doch noch niemand.
Als ich an der Tür ankam, öffnete ich sie schwungvoll und stand, ratet mal, Luke gegenüber.

»Oh, hi! Was willst du hier?«, fragte ich ihn lächelnd obwohl er erst vor paar Stunden hier aufgekreuzt war und ich eigentlich dachte, dass es bis zu unerem nächsten Zusammenkommen bisschen dauern würde.

Er hielt kurz inne, atmete tief durch und begann dann zu reden.
»Ähm, äh, möchtest du vielleicht mit mir in den Wald gehen, ich könnte dir ihn ein wenig zeigen. Oder wor könnten eine Tour durch die Stadt machen, du wirst sie lieben, ich versprechs!«
Verunsichert krazte er sich am Hinterkopf.

Ich musste wirklich überlegen. Aber in den Wald wollte ich eh ..
»Hmm wenn du willst darfst du mir den Walf genauer zeigen.«
Beigeisterung blitzte in seinen Augen auf und er war voll und ganz dabei.

Also zog ich mir schnell Schuhe und Jacke über und schloss die Tür hinter mir ab. Den schlüssel hatte meine Mutter mir im Flur liegen gelassen da sie genau wusste, ich würde raus gehen.

Dann folgte ich Luke. Er ging nach hinten zu unserem Gartenende, wo auch der Wald angrenzte, und öffnete ein kleines Tor. Durch das kamen wir sofort in den herrlichen Wald.

Überall zwitscherten die Vögel und blühten Blumen dessen Gerüche mir in die Nase wehten. Trotzdem kam ein eisiger Wind auf und ich verspürte das Bedürfnis mich in meinen Wolf zu verwandeln, doch da war Luke, und er wusste ja nichts von Werwölfen, weshalb ich mich also nicht verwandeln konnte.

Aber ich würde heute Abend noch mal in den Wald gehen um eine Runde zu rennen, natürlich in Wolfsform! Ich hatte einfach noch viel zu viel überschüssige Energie in meinen Muskeln.
Plötzlich tauchte vor uns im Dickicht ein Wolf auf und musterte uns eindringlich von Kopf bis Fuß, bevor er sich abwandte und davon preschte. Ich wusste natürlich gleich, dass es ein Werwolf war, der auch gespürt hatte dass ich einer von ihnen war.

»Hier gibt es viele Wölfe, habe schon öfters welche gesehen«, sagte Luke in diesem Moment. »Aber keine Angst, die tun nichts.«
Als ob ich Angst hätte!
Aber das konnte Luke ja nicht wissen.

Wir schlenderten noch ein wenig weiter durch den Wald und Luke zeigte mir einen echt schönen See, der war aber nicht allzu groß. Wir ließen uns am Rand nieder und sahen einfach nur auf die sich im Wind kräuselnde Wasseroberfläche hinab. Die Stille umhüllte uns. Doch es tat gut, diese Zweisamkeit.

»Warum bist du eigentlich umgezogen?«, wollte Luke nun von mir wissen.
Ich räusperte mich.
»Wir mussten wegen meines Vaters umziehen. Er ist gestorben.«
Mehr durfte und musste er nicht erfahren.
»Oh, das tut mir leid. Tschuldige dass ich gefragt habe«, flüsterte er und legte mir tröstend einen Arm um die Schulter.
»Muss es nicht. Hast du eigentlich Geschwister?«, wechselte ich gekonnt das Thema.
»Ja, Ich habe ne jüngere Schwester.«
Wir redeten noch ein wenig weiter bis es uns zu kalt wurde und wir wieder nach Hause gingen.

𝔸𝕔𝕔𝕖𝕡𝕥 𝕄𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt