21. Im schwarzen Irrgarten- Entfernungen einschätzen

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"David, steh auf!", ertönt eine nervende Stimme neben mir. "Was soll denn der Mist?!", fahre ich sie an. Es ist Samstag verdammt! Nicht nur das meine Mutter mich um eine nicht tragbare Zeit geweckt hätte, es ist auch noch Amy die vor meinem Bett steht und sich nun zu mir herabbeugt. Sie steht so nah, dass ihre langen Haare mein Gesicht streifen. Mürrisch schiebe ich sie zur Seite und setze mich auf. "Was willst du?", fahre ich sie an. Wie kann sie es wagen in meine persönliche Atmosphäre einzudringen und mich auch noch aufzuwecken ?! "Geh früher schlafen Aubrey", lacht sie trocken und schaut sich nicht mir meine Bettdecke wegzuziehen. Mit einem Ruck. Wiedereinmal bin ich froh, dass ich nicht nackt schlafe, so wie manch anderer meiner Freunde. Und dann hat sie sogar noch die Dreistigkeit zum Fenster zu gehen und es aufzureißen. "Hier drin ist es stickig", bemerkt sie und hustet, "da kann ich nicht arbeiten!?" Wie, arbeiten?  Eine Sache ist es wenn sie und meine Mom sich anfreunden, wenn sie sich noch zum Kaffeekränzchen treffen, aber wenn sie jetzt vorhat ständig hier zu sein und mein Zimmer dafür zur Verfügung stehen muss- dann---

"Na los, steh schon auf! Wir haben viel zu tun", scheucht sie mich in geschäftsmäßigen Ton. Ich rühre mich nicht. Mensch, es ist früher morgen, gewiss nicht vor 7. Oder? "Was hast du vor?", knurre ich, aus dem Bett getrieben vor Kälte. "Wir haben einen Deal Aubrey", verkündet sie kühl und ich schlurfe zum Bad. Ahja, daher weht also  "Mensch, sag mal räumst du eigentlich überhaupt auf?!", will sie vorwurfsvoll fluchend wissen. Anscheinend ist sie gerade über etwas gefallen. Vorsichtshalber verschließe ich die Tür hinter mir. Stalker. Kopfschüttelnd schlüpfe ich unter die Dusche und fluche leise vor mich hin weil Mom mir nichts gesagt hat, kein Sterbenswörtchen. Ob sie wusste, dass sie heute kommt? Sicher. "David?", schwebt Amys Stimme zu mir rüber, ich höre es gut, trotz der tosenden Dusche. "Anwesend", brumme ich als Antwort. "Duscht du kalt?" Wie bitte??? "Du musst wach sein für das was wir gleich besprechen, ok?" Ich fluche erneut auf Italienisch, meine dritte Fremdsprache. Nervtötend. Und was noch viel Schlimmer ist- sie hat recht. Ich habe gesagt ich tue was sie mir sagt damit ich April wiederkriege und lerne zu leben. Mit mahlendem Kiefer drehe ich den Temperaturregler ganz zur Seite. Ich hasse es tun zu müssen was andere sagen. Kindisch? Möglicherweise. Mein noch warmer müder Körper erschauert und verkrampft sich unwillkürlich vor der Kälte. Grinsend muss ich daran denken wie ich das letzte mal mit Amy unter der Dusche stand. Gleichzeitig tröste ich mich mit dem Gedanken, dass eine kalte Dusche wach macht und den Abwehrkräften helfen soll. Sagt mein Trainer zumindest.

"Du hast dich nicht abgetrocknet", stellt Amy finster fest als ich das Bad verlasse. Was hat sie nur?

"Wenn du krank wirst und dir eine Lungenentzündung holst, ständig im Bed liegen musst und dein Körper sich wieder regenerieren muss habe ich kaum eine Chance dich wieder aufzubauen!", faucht sie unerwartet heftig. Es ist kalt. Das Fenster muss wohl noch offen sein. Ich öffne den Mund und schließe ihn gleich wieder. "Ich bin Sportler. Die werden nicht krank", sage ich endlich mit einer Mischung aus Stolz und Genugtuung. "Jetzt nicht mehr. Und das wird dir auch nichts helfen, wenn du Mutter Natur so provozierst", erwidert sie hart. Himmel, hat die eine Laune. Ich tue ihr den Gefallen und laufe zurück zum Bad um mich umzuziehen und richtig abzutrocknen. "Zufrieden?", will ich genervt wissen. "Mh....", brummt sie. Man dieses Mädchen kann man echt nei zufrieden stellen!

"Also, pass auf, die Zeit vergeht, es sind nur noch 51 Tage bis zur Deadline. Im wahrsten Sinne des Wortes", fügt sie bitter hinzu, "deshalb sehe ich mich gezwungen etwas zu tun. Wir werden jeden Tag eine Kleinigkeit üben, einen Fortschritt für dich, verstanden?" SIe fragt nicht mal nach Einwänden, einfach nur ob ich zugehört habe!? Unfassbar. Ich nicke perplex. "Aber muss es wirklich jeden Tag-" "Ja, muss es!", unterbricht sie mich scharf. Diese Härte passt nicht zu ihr. Was ist nur los? "Und ich will das hier durchziehen, also bitte ich dich jegliche Kommentare die nicht dem Thema angehören vorerst zu unterlassen." Das ist ja wie in der Schule. Wieder nicke ich. Sie entspannt sich etwas. Zumindest meine ich sie laut aufatmen zu hören. 

"Setz dich auf deinen Schreibtischstuhl, ich möchte einige Tests machen", verkündet sie. Ich verharre kurz. Wo war der denn? Eigentlich da vorne, aber- "Ganz recht David, du weißt es nicht. Also fein. Fangen wir mit etwas anderem an. Entfernungen einschätzen. Ich finde diese Übung sehr wichtig um sich täglich zurecht zu finden. Vorerst werden wir uns damit beschäftigen herauszufinden wie weit was von was entfernt ist in diesem Haus. Diese Entfernungen messen wir in Schritten. Deinen Schritten. " Sie führt mich zu meiner Zimmertür. "Hier starten und enden wir."

"Ich dachte es geht ums ganze Haus?", erkundige ich mich mürrisch. "Eins nach dem anderen", gibt sie sich weise. Sie hakt sich bei mir unter und wir gehen zur Zimmertür. Dann vor die Haustür.

"Wir stehen jetzt genau einen Schritt vor deiner Haustür", erklärt sie und ich nicke. "Ich möchte, dass du von hier aus in dein Zimmer gehst und dir die Schritt merkst. Ich führe dich. Und keine Angst- die Tür ist offen", fügte sie nach einer kurzen Stille hinzu. Nickend drückte ich kurz ihre Hand. Wir können anfangen. Ich bin bereit. Wir treten vor. Stehen jetzt wohl in der Haustür.

"Zähl laut mit!", ermahnt sie mich knurrend und ich schnaube missbilligend. Drei Schritt vor. Dann Drehung links. Vier Schritte. Rechts. 45°. Drei Schritte. "Wir sind da. Den Weg gehst du jetzt täglich also merk ihn dir gut!", schärft sie mir ein bevor sie mir die Entfernung zum Bad und zu einzelnen Möbeln nahe legt. Wir sind gerade im Wohnzimmer als ich plötzlich stocke.

"Was wenn du nicht auf mich aufpasst, wenn du mich vor eine Wand rennen lässt, was wenn du loslässt?" Stille.

"Das würde ich niemals tun David Aubrey", verkündet sie leise, doch ihre Stimme ist so intensiv, dass ich ihr sofort glauben muss.

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Naaaa ihr ;)

Hoffe die Ferien gut überstanden ^^.....meine waren seeeeehr erholsam....und ich hoffe auch, dass euch das neue Kapitel gefällt. Votes und Kommis natürlich wie immer erwünscht :))))

Bis bald eure: LilaAngel

PS: Entschuldigung- an die die dachten ich sei verschollen ^^

PSS: Ihr könnt mir gerne auch privat schreiben. Es gibt viele Blindenhilfen über die ich noch schreiben werde- aber für den Fall dass euch noch was einfällt- bin für Ideen und Vorschläge offen ;)

Wie man lernt zu leben WIRD AKTUALISIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt