NEU! 1. Schulwesen

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Der Wecker klingelt. Genervt wälze ich mich in meinem Bett herum. Erneut. Jeden Morgen das Selbe.

Geh doch früher ins Bett David Schätzchen!  Rät mir meine überfürsorgliche Mutter. Aber ich kann- oder will nicht. In der Woche habe ich mitunter so viel zu tun, dass ich nicht vor zwölf ins Bett komme, dann noch der Aushilfsjob und am Wochenende...nun ja, da will ich meinen Spaß haben, ich will leben!

Nur, dass ich dann am nächsten Tag früh aufstehen muss, um rechtzeitig zu den Spielen zu kommen, von denen über die Hälfte auswärts stattfindet, ist ziemlich mies. Müde gähne ich, bis ich mich aufraffen kann und endlich die Beine übers Bett schwinge. Mit beiden Händen stütze ich mich ab und stehe schwungvoll auf. Mit einem müden Blick in den Spiegel stelle ich fest, dass ich wieder einmal eine richtige Morgenfrisur habe. Verstrubbelt, in ihrem eigenen Sinne geformt. Unter meinen dunklen Augen liegen tiefe Schatten. Aber die sind ohnehin immer da, von da her, wird das ja wohl kaum jemanden auffallen. Mit quälender Langsamkeit erreiche ich die Dusche, versuche durch den kurzen Kälteschock wach zu werden und ziehe mir ein frisches Shirt über, mit einer grauen Jeans. Dann schlurfe ich lustlos runter zum Frühstück.

Ja, der Montagmorgen ist der Schlimmste. Sonst hat man ja noch die Motivation, dass das Wochenende bald naht, oder, dass man gleich zu einem Spiel kommt in dem man seine Gegner einmal richtig fertig machen kann, aber so? Wieder in den Alltagstrott hinein zu kommen erweist sich jede Woche aufs Neue als recht schwierig.

Doch dann ist es endlich geschafft und ich stehe bei unserem Treffpunkt auf dem Schulhof. Nacheinander kommen sämtliche Schüler meiner Klasse und meine Freunde klatschen mich jedes Mal locker ab, dann kommt Mason, mein bester Freund und umarmt mich zusätzlich noch halb kumpelhaft. Früher hatten wir auch dieses komplizierte Abklatschding, aber dafür sind wir jetzt zu alt- finde ich.

"Hey, wie war dein Wochenende?", fragt er mich mit einem Zwinkern, er weiß von meinem Date mit April. Ich zucke bemüht gelangweilt mit den Schultern, auch wenn nur von der Erwähnung ihres Namens alles in mir freurig kribbelt.

"Oho, so schlimm?", ich höre das Lachen in seiner Stimme, das Übertriebene, aber in seinen Augen, sehe ich, dass er sich Sorgen um mich macht. Weiß wie viel mir das bedeutet- Sie mir bedeutet. Ich seufze. Das ist eine der besten Eigenschaften an ihm. Er macht sich nicht von allen lächerlich mit diesem ganzen Wie-Geht-Es-Dir-Scheiß, aber er erkundigt sich auf seine Weise nach meinem Wohlergehen.

"Nee, war eigentlich ganz cool."

"Eigentlich?" Wie immer wittert er ein Aber.

"Ne, alles OK, man, mach dir keine Sorgen." Er hebt eine Braue und ich weiß, dass ich ihm nicht so leicht davonkommen werde, aber fürs Erste bin ich seinen bohrenden Fragen entkommen, denn es klingelt zur Stunde.

Wir bringen zwei endlos lange Deutschstunden hinter uns, bis wir endlich Sport haben, wenigstens etwas. Den haben wir mit unserer Parallelklasse zusammen und ich sehe April wieder. Ein Grinsen schleicht sich auf meine Züge.  Und da kommt sie auch schon angeschwebt, auf ihren handhohen Heels um sich mir regelrecht in die Arme zu werfen. Der süße Duft von Erdbeeren umfängt mich. Die Zeit vor der Sportstunde ist unsere Zeit, schon immer, da wir als Erste fertig sind, bleiben uns etwa fünf Minuten. Fünf Minuten- nur für uns.

"Hey!", ein stürmischer Begrüßungskuss. Mir soll's recht sein. Aber schon irgendwie eklig den schmierigen Lipgloss, den sie pausenlos aufträgt, auf den Lippen zu haben. Und zu fortgeschrittener Stunde,- wer weiß wo noch...

Gespielt angewidert löse ich mich von ihr, sie grinst nur und spielt verlegen mit ihrem Haar. Das macht sie öfter, immer dann wenn ihr etwas vor mir peinlich ist. Dabei muss ihr gar nichts peinlich sein, das sollte sie eigentlich wissen. Ich habe das schon öfter bei ihr beobachtet und daher schrillen meinem Instinkt gerade alle Alarmglocken: Die will doch was!

"Hey", antworte ich automatisch und breit grinsend. Möglichst unauffällig versuche ich mir das Zeug von den Lippen zu wischen.

"Ich...", beginnt sie stammelnd, "habe eine Einladung bekommen." Ich hebe eine Braue, und? Das jemand wie wir auf eine Party eingeladen werden ist doch nichts Neues- und in keinster Weise etwas Besonderes. Ist es, weil wir als Paar eingeladen wurden, sie aber noch nicht so weit ist?!

"Von James..." Mein Atem stockt und ich spüre wie sich meine Stirn in Falten legt. Alles klar.

Aha, da haben wir's ja. Es wurden also doch nicht WIR eingeladen, sondern nur sie. Sehr subtil.

James ist ein Arsch. Zugegeben, jemand der von dem gesamten Jahrgang angehimmelt wird, aber, eben,- ein Arsch. Ich schüttle den Kopf.

"Unnnd...Ich wollte fragen ob du mitkommst?", sie sieht mich direkt an. Ehrlich und offen. Zumindest hoffe ich das. Meine Kieferknochen spannen sich unwillkürlich an. Ich weiß doch was das für ein Typ ist. Und jetzt soll ich mit ihr hingehen um mit anzusehen wie er jede seiner 'lieblich weiblichen' Gäste anmacht? Ganz bestimmt, NICHT!

"Ja, also ich habe am Wochenende leider ein Spiel..." Sie sieht nicht einmal enttäuscht aus. Fast, als hätte sie es erwartet. Dabei ist das gar nicht wirklich gelogen, denn ich habe tatsächlich eins, nur zu einer Zeit in der niemand mehr feiert. Bin ich so berechenbar?

"Aber die Feier ist morgen!"

Offenbar schon.

Am Dienstag??? Hat der Kerl sie noch alle? Manche von uns haben auch vor das ABI zu schaffen und nicht den Jahrgang zu wiederholen oder sich von einem Nebenjob zum nächsten zu hangeln, so wie er. Aber Dean kann das bringen, reicher Daddy, reiche Mommy, reiches verschissnes Leben. Wem Puderzucker in den Hintern geblasen wird sucht eben nach Leuten die ihm den wieder raus lecken. Tzz, und seine Party haben auch einen gewissen Ruf. Alles an Dean strahlt gerade das was vor dem ich April bewahren möchte.                                        

Letztes Jahr soll er welche bestellt haben, 3 für die Allgemeinheit und 2 nur für seine Obrigkeit. Ich wette so kauft er sich seine Freunde, mit den teuersten Nutten. Beinah sehe ich sein arrogantes Gesicht vor mir, dass im Schein flackernder Kerzen schnurrt: "Nur das Beste für meine Besten!"

Bah! Widerlich.

Ja, Dean kann so etwas bringen, denn er ist nun mal Dean.

Aus schwarz umrandeten betörend klimpernden Augen sieht April mich an. Mist, ich komme aus der Sache mit keiner Ausrede der Welt mehr raus, wenn ich meine frisch eroberte Prinzessin nicht verärgern will. Und danach steht mir nun gar nicht.

"Ok, dann gern!", ich zwinge mich zu einem Lächeln und sie grinst erfreut.

"Gut, dann also bis morgen Abend um acht bei mir?" Sie erwartet, dass ich sie abhole, na klar. Ich seufze innerlich, nicke aber. Mit der Maschine vorzufahren ist eine Gelegenheit Dean eins auszuwischen, seinen Führerschein hat er- wie jeder weiß- letztes Jahr nach einer Party verloren, Alk am Steuer.  Bestimmt braucht sie nach meinem Erscheinen noch eine halbe Stunde um den besagten Lipgloss aufzufrischen.

"Logo." Allmählich betreten ihre Freundinnen die Turnhalle und sie verabschiedet sich, grazil winkend.

Wie man lernt zu leben WIRD AKTUALISIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt