29. Der Ausflug

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Seid langem hatte ich beim aufwachen wieder das gefühl: Das wird ein richtig guter Tag. Unendlichkeiten schienen zwischen dem David von gestern und heute morgen zu liegen. Schon beim ersten Atemzug den ich von der kühlen Luft die durch mein Fenster strömte kostete schlug mein Herz zittrig und hart gegen meinen Brustkorb, wie ein eingesperrter Vogel, der endlich freigelassen werden wollte. Amy war noch bis spät in die Nacht geblieben, einfach nur um mit mir diese neue Möglichkeit zu feiern.

Sie war wild entschlossen mich bei dieser Testreihe anzumelden und vorzustellen. Ein Teil von mir wusste, dass 300 Testpersonen verdammt wenig waren und das ziemlich viele blinde Menschen den Drang verspüren würden ihr Augenlicht wiederzugewinnen.

Aber der Kämpfer in mir hob bloß verächtlich eine Augenbraue und rief kopfschüttelnd: "Was ist nur aus dir geworden du Eisenherz?"

Da ich mein alter Ego nicht enttäuschen wollte- ja, vielleicht auf einen kleinen Komplex und ein Mangelndes Selbstwertgefühl zurückzuführen- schob ich diesen Gedanken beiseite und tat ebenfalls so als wäre ich bereits in die Testreihe aufgenommen wurden.

Grinsend erhob ich mich nun endlich und fuhr mir durchs zerzauste Haar. Wie viele Mädchen wohl gerne etwas mit ihrem Zustand zutun gehabt haben wollten.

"Liebling- du passt doch heute auf, nicht? Und benutzt nur die Wege?!", seufzend ignorierte ich die peinlich-sorgenvolle Mahnung meiner Mutter, die mich behandelte wie einen sechsjährigen. Benutz nur die Wege, reiß keine Sträucher raus und tritt auf keine Pilze. Klare Ansage man.

"Jahaaaaa", murrte ich, weil sie keine Ruhe gab. "Und- Schatz?"

"Mh?"

"Du bist doch nicht zu traurig, wenn das nicht klappt, oder?" Stillschweigen.

Was sollte man auf sowas antworten? Das brachte mich ehrlich schon wieder auf 180! Aber meiner guten Laune verdankte ich es, dass mein Ego die Zähne zusammenbiss, die Schulterblätter durchdrückte und zum Auto marschierte.

Den gewagten Fahrkünsten meiner Mom hatte ich es zu verdanken, dass ich als erster das große Waldgebiet erreichte an dessen Eingang sich dieses sinnlose Naturschutzschild mit einer Eule befand. Als ob sich jemand darum scherte, nur weil da so eine Zeichnung mit angemalten Schnurrbarthaaren hängt.

"Guten Morgen Aubrey!", grüßte Herr Martinson höflich und er schüttelte meiner Mom die Hand, was ich an dem Klimpern ihres zierlichen Armbandes bemerkte. Ich lachte trocken auf. Wäre es nur das von Dad gewesen. Aber dieses hier stammte von jemand ganz anderen. Nämlich von einer ihrer Kunden vom Blumenladen. Tja, hätte sie das Armband getragen, dass Dad ihr zum Jahrestag geschenkt hatte bei diesem kleinen romantischen Picknick (ich musste den Kopf schütteln über meine romantische Ader- ich meine, hey- das war schon nicht mehr gesund!) so hätte mein Geographielehrer sie garantiert nicht angemacht.

"Miss Aubrey, immer wieder erfreut Sie treffen." Boaaar, Schleimer.

"Danke, nur leider muss ich pünktlich zum Dienst erscheinen ein Kunde feiert heute seinen 50.", erwiderte sie kühl und distanziert wobei sie ihm sicher ein reservirtes Lächeln schenkte.

Mein alter Ego klatschte gnädig für sie Beifall.

"Tschau Schatz", sie drückte mich kurz an sich und ihr beruhigender Duft durchströmte mich. Haben alle Mütter diese Wirkung auf ihre Kinder?

Die anderen trafen Grüppchenweise ein. Lachend und quatschend fanden sich alle bei diesem lächerlichen Schild ein.

Ohne Vorwahrnung wurde ich umarmt. Sofort musste ich lächeln. April?

Wie man lernt zu leben WIRD AKTUALISIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt