Charlottes erster Arbeitstag

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Fünf Wochen später...



Charlottes Sicht:


Heute wird ein sehr spannender Tag. In den letzten Wochen ist noch einiges passiert. Lola geht jetzt in die Krippe und bei der Eingewöhnung gab es keinerlei Schwierigkeiten. Außerdem haben wir letzte Woche ihren ersten Geburtstag gefeiert. Schon Wahnsinn, wenn man überlegt, welch schlimmen Start sie ins Leben hatte und wie gut sie dafür jetzt entwickelt ist. Man merkt gar nicht, wie es am Anfang war. Ich bin sehr dankbar dafür, denn es hätte auch ganz anders sein können. Lola ist eine absolute Kämpferin. In der Krippe fühlt sie sich auch sehr wohl, und dank Levi, hat sie auch sofort einen Spielpartner. Malias Arm ist mittlerweile auch verheilt. Der Gips ist ab und sie Ferit sich auch, dass sie endlich wieder richtig spielen kann. Den Gips, mit dem Freddy mir quasi einen zweiten Heiratsantrag gemacht hat, haben wir behalten. Es ist einfach eine schöne Erinnerung. Die zweite Hochzeit wollen wir an unserem siebten Hochzeitstag machen, also in einem Jahr und einer Woche. Das Gute ist, dass wir keinen Standesbeamten mehr brauchen und wir die „Zeremonie" auch einen unserer Freunde machen lassen können. In einer Woche steht aber erstmal der sechste Hochzeitstag an, und da muss ich mir mal etwas für Freddy überlegen. Er gibt sich immer so viel Mühe und ich will ihm auch mal etwas zurückgeben. Allerdings hat er die Messlatte ganz schön hoch gelegt, sodass ich glaube, dass es sehr schwer wird, seine Überraschungen zu übertrumpfen.



Apropos Freddy... er darf demnächst wieder arbeiten und Auto fahren. Er hat sich gefreut wie ein Honigkuchenpferd. In drei Wochen fängt er wieder an - im Gegensatz zu mir... Ich habe heute wieder meine erste Schicht in der Notaufnahme und ich bin auch schon ein wenig aufgeregt. Ich meine... in der Notaufnahme hatte ich schon ewig keinen Dienst mehr, weil ich da in den Schwangerschaften geweigert habe, nachdem ich ein Kind verloren habe. Vorsicht ist immer besser als Nachsicht.



Freddy versorgt heute die Kinder und ich fahre in die Klinik. Zuerst gehe ich mich umziehen. Nach einem Jahr habe ich ihn wieder an- meinen weißen Kittel. Ich gebe zu, dass ich ihn sehr vermisst habe. Danach gehe ich nach unten in die Notaufnahme und werde im Eingangsbereich schon mit offenen Armen empfangen. In meiner Schicht habe ich heute Schwester Birgit und Schwester Linda bei mir, also die perfekte Mischung. Wir umarmen uns herzlich, so als hätten wir uns zehn Jahre nicht mehr gesehen, dabei war das letzte Mal erst vorgestern, als die beiden mit mir und den Kindern auf dem Spielplatz waren. Aber hier ist es was anderes. Es ist einfach ein schönes Gefühl wieder hier zu sein.



Nach einer kurzen zeit kommt auch schon der erste Patient mit dem RTW an. Die Notärztin Silke Conrad macht die Übergabe. Es handelt sich um einen 68-jährigen Mann mit Brustschmerzen, die in den linken Arm ausstrahlen. Bei mir klingeln natürlich alle Alarmglocken und ich ordne sofort eine Blutabnahme, ein 12-Kanal-EKG und einen Troponin-Test an, denn mein gut geschultes Bauchgefühl sagt mir, dass der Mann einen Herzinfarkt erleiden könnte. Mein Bauchgefühl hatte recht und dem Patienten wurde im Herzkatheter-Labor ein Stent gesetzt. Das ging ja schon mal super los, denke ich mir ironisch, als ich kurz an meiner Tasse Kaffee nippe. Dann kommt aber auch schon der nächste Patient. So ist es halt in der Notaufnahme. Dieser Patient allerdings klagt nur über Halsschmerzen und ein wenig Heiserkeit. Das haben wir schnell erledigt. Da muss man halt warten. Mich ärgert es immer ein wenig, wenn man mit solchen Lappalien in die Notaufnahme kommt. Immerhin kann das auch ein Hausarzt behandeln, wenn das überhaupt nötig ist. Es gibt Menschen, die wirklich dringender versorgt werden müssen und da nimmt das echt ein wenig Zeit weg. Aber ich habe gute Laune und das bleibt auch so. Kurz vor Ende meiner Schicht kommt dann noch eine kleine Patientin, die sich die Hand in einem Spielzeug eingeklemmt hat. Auch das haben wir mit ein bisschen Vaseline schnelle erledigt. Das Mädchen war einfach unfassbar knuffig und hat super mitgemacht. Ich glaube, dass sie so in etwa in Malias Alter sein müsste. Da passieren solche Sachen schnell.



Nach meiner Schicht mache ich mich auf den Weg nach Hause, wo Frederik bereits auf mich wartet. Ich komme in das Haus und mir kommt sofort der Geruch von meinem Lieblingsessen entgegen. Ich ziehe also Jacke und Schuhe aus, dafür meine Pantoffeln an und gehe in die Küche - und siehe da, Frederik hat bereits den Esstisch gedeckt und uns beiden schon mal ein Mittagessen gezaubert. Er stellt gerade die Töpfe auf den Tisch als ich mich vor ihn stelle und drauf warte, das er diese endlich abstellt.



„Na mein Schatz, wie war der erste Tag?", fragt er während er mich in den Arm nimmt und mir anschließend ein Küsschen gibt.


„Gut. Es hat mir total gefehlt, zu arbeiten."


„Das glaube ich dir gerne. Ich meine, wir haben ja nicht umsonst so lange studiert."


„Stimmt. Aber mal was anderes. Wie komme ich denn zu der Ehre?", frage ich und schaue auf den gedeckten Tisch.


„Einfach so.", sagt er und ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.



Wir essen zusammen und ich erzähle Freddy von meinen Fällen heute. Er ist total interessiert und man merkt ihm an, wie sehr er sich freut, wenn er auch wieder arbeiten kann. Das wird toll und ich freue mich da auch schon drauf. Besser als jetzt könnte es nicht laufen.


Die Geschichte von Team EngelhauserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt