Amnesie II

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Am nächsten Morgen…


Freddys Sicht:
Wieso bin ich im Krankenhaus? Warum behauptet Charlotte mit mir verheiratet zu sein? Ich bin ein wenig überfordert mit der Situation.
Eine Krankenschwester betritt das Zimmer.

„Hallo Frederik. Wie ich sehe bist du wieder wach.“, sagt sie.
„Und Sie sind?“, frage ich.
„Nancy.“
„Woher kennen wir uns denn?“
„Wir arbeiten schon seit fast sechs Jahren zusammen.“
„Wie, ich arbeite hier?“
„Ja.“
„Wo bin ich denn überhaupt?“
„Du bist in der Klinik am Südring.“
„Ja, ich habe mir vorgenommen hier zu arbeiten, aber ich hatte doch erst letzte Woche das Bewerbungsgesrpäch.“
„Ja, wie du siehst, hat es ja wohl geklappt.“
„Nancy, können Sie mir bitte sagen, welches Jahr wir haben.“
„Wir haben 20x6*“
„Hä, wie? Wie lange war ich denn weg?“
„Relativ genau drei Monate.“
„Das heißt ich hab eine Amnesie.“
„Scheint so.“
„Und mir fehlen anscheinend sechs Jahre“

Nancy zuckt mit den Schultern. Dann zeigt sie mir die Klingel und verlässt das Zimmer. Ich muss herausfinden, was in den letzten sechs Jahren passiert ist. Und vor allem muss ich herausfinden, was es mit dieser Charlotte auf sich hat. Als ob wir wirklich verheiratet sind? Ich habe damals den Zettel mit ihrer Nummer dummerweise in meiner Hosentasche vergessen und diese dann in die Waschmaschine getan. Dann war der Zettel natürlich hin und ich konnte mich nicht mehr bei ihr melden. Umso schöner ist es zu wissen, dass wir uns anscheinend wieder gefunden haben.

Charlottes Sicht:
Ich weiß nicht, ob ich heute in die Klinik fahren kann. Was ist, wenn Frederik mich gar nicht sehen möchte und ihm das ganze einfach noch zu viel ist. Aber auf der anderen Seite möchte ich trotzdem für ihn da sein. Ich sehe das Fotoalbum und habe eine Idee. Ich könnte es mit in die Klinik nehmen und es ihm zeigen, vielleicht kann er sich dann daran erinnern.
Mein Tag verläuft wie gestern, Haushalt, Levi abholen du ab in die Klinik am Südring. Ich gebe die Kinder bei Birgit ab und gehe in Frederiks Zimmer.

„Hallo Frederik.“, sage ich.
„Hallo Charlotte.“
„Wie geht’s dir?
„Naja, Kopfschmerzen aber sonst ganz okay.“
„Das freut mich, also nicht die Kopfschmerzen, aber dass du wieder wach bist.“
„Danke.“
„Und, kannst du dich wieder erinnern?“
„Nein, leider nicht.“
„Ich hab da etwas mitgebracht.“
„Und was?“
„Ein Fotoalbum, da sind ganz viele Bilder der letzten sechs Jahre drin. Möchtest du es dir anschauen?“
„Gerne.“

Ich bin gerade etwas unsicher und es ist total ungewohnt, dass Frederik und ich gerade auf dieser Smalltalk-Ebene sind. Vielleicht ändert es sich ja noch.

Freddys Sicht:
Charlotte hat ein Fotoalbum mit ins Krankenhaus gebracht um mir ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Das ist echt nett von ihr.
Sie zeigt mir Bilder von unserer Hochzeit, an die ich mich nicht mal erinnern kann und auf der nächsten Seite sieht man sie schon mit einem großen Babybauch. Warte mal, Stopp, BABYBAUCH!!! DAS HEISST JA, DASS ICH EIN KIND HABE!!!

Charlottes Sicht:
Als ich Frederik die Bilder zeige, sehe ich wie sich zunehmend Schweißperlen auf seiner Stirn bilden.

„Ist alles in Ordnung bei dir?“, frage ich ihn und bin ein wenig besorgt.
„Du, Charlotte. Das ist echt nett von dir, dass du mir helfen willst, aber ich glaube das geht mir alles ein wenig zu schnell.“
„Okay, ich glaube, ich gehe dann auch lieber für heute.“
„Es tut mir leid.“
„Du kannst ja nichts dafür.“

Ich verlasse das Zimmer. Kann ich denn wirklich gar nicht nachhelfen? Das mit dem Fotoalbum war anscheinend keine gute Idee und Stress tut Frederik jetzt sicherlich nicht gut. Aber was ist, wenn er sich nie wieder erinnern kann. Was ist mit den Kindern? Sie hätten dann auf einmal keinen Vater mehr. Ich hoffe so sehr, dass sich Frederik bald wieder an uns erinnern kann.

Freddys Sicht:
Ich kann nicht sagen, was auf einmal los war. Ich meine, ich will mich echt wieder erinnern können, aber das hat mich eben echt überfordert. Eben noch wollte ich in eine andere Wohnung ziehen und eine neue Stelle als Arzt antreten und jetzt bin ich auf einmal verheiratet und habe ein Kind. Und wer weiß, ob es nur eins ist. Von jetzt auf gleich soll sich mein Leben komplett verändert habe. Ich komme damit noch nicht so wirklich klar, auch wenn ich es wirklich gerne hätte, dass ich mich erinnern könnte. Ich habe zwar eben Bilder gesehen, aber passiert ist da in meinem Oberstübchen recht wenig. Wie geht es eigentlich meinem Kind? Wie lange hat es mich denn jetzt nicht mehr gesehen? Ist es ein Junge oder ein Mädchen? Ich bin  zwar wirklich neugierig, aber kann das ganze nicht so ganz glauben.

Charlottes Sicht:
Ich habe in dem ganzen Trouble und der Aufregung ganz vergessen, Ralf zu sagen, dass sein Sohn aufgewacht ist. Das hohle ich zu Hause nach.

„Hallo Ralf.“
„Servus Charlotte. Ist alles in Ordnung?“
„Naja… sagen wir es so… ich habe eine gute Nachricht und eine schlechte.“
„Und was ist die gute?“
„Dein Sohn ist aus dem Koma aufgewacht.“
„Und die schlechte?“
„Er hat eine Amnesie und ihm fehlen die letzten sechs Jahre.“
„Das ist echt blöd, aber gut, dass er wieder wach ist.“
„Ja…“
„Meinst du, ich kann ihn besuchen?“
„Ich denke schon. An euch wird er sich ja noch erinnern können.“
„Wie, an dich nicht.“
„Das kann man jetzt so auch nicht sagen. Frederik und ich haben uns ja damals auf einer Studentenparty kennengelernt und uns dann Jahre später erst in der Klinik wieder getroffen.“
„Und die Kinder?“
„Naja… als ich ihm Fotos gezeigt habe von der Hochzeit hat er Schweißausbrüche bekommen, als er meinen Babybauch gesehen hat.“
„Oh nein! Aber Charlotte, mach di bitte nicht zu viele Sorgen, das wird schon wieder.
„Ich hoffe es, aber im schlimmsten Fall bleibt das für immer.“
„Aber davon gehen wir jetzt erstmal nicht aus.“
„Ralf ehrlich, deinen Optimismus hätte ich gerne. Ich muss auflegen, Lola wird etwas unruhig.“
„Ciao“
„Tschüss“

Der hat gut reden. Ich weiß nicht, wie ich mit der Tatsache umgehen soll, dass mein Mann unsere ganze Beziehung sowie unsere Kinder vergessen hat.
Nachdem ich die Kinder ins Bett gebracht habe gehe ich in unser Schlafzimmer und schaue mir das Bild an, welches auf seinem Nachttisch steht. Zu sehen sind er, die Kinder und ich auf Malias Geburtstag. Wie sehr ich mir das zurückwünsche.

Die Geschichte von Team EngelhauserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt