5.

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YOUR POV

Das Netz, es war so unfassbar hoch. Viel zu hoch für mich. Und meine Beine. Sie fühlten sich so schwer wie Blei an. Ich versuchte, nach vorne zu rennen, doch ich hatte das Gefühl, als würde sich das Netz nur immer weiter entfernen. Plötzlich spürte ich das Gewicht eines Volleyballs in meinen Armen, weiß und grün und ein leuchtendes rot.
Doch die Farben verblassten mit den vergehenden Sekunden immer weiter, bis sie mir nur noch dumpf und fade erschienen. Mein Atem ging flacher und es kam mir so vor, als würde ich keine Luft mehr bekommen. Was war hier los? Was passiert hier?
Der Raum, er wurde immer dunkler. Die Schwärze, die vorher nur in den Ecken der Halle war, kam immer weiter auf mich zu.
Ich wollte schreien, doch es kam kein Ton heraus. Diese Dunkelheit, sie war so nah.

Ich wachte keuchend und schweißgebadet auf. Was war das nur für ein merkwürdiger Traum?
Ich strich mir die feuchten Haare aus dem Nacken und sah auf meine Uhr auf dem Nachttisch. In ein paar Minuten hätte mein Wecker sowieso geklingelt.
Ich schlurfte ins Bad und versuchte, diesen Traum so gut es ging zu vergessen, aber er blieb mir wie ein Brandzeichen im Gedächtnis. War es nicht wissenschaftlich bewiesen, dass wir nach dem Aufwachen schon über die Hälfte unseres Traumes vergessen? Wo war jetzt bitte gerade diese wissenschaftliche Theorie?
Ich stöhnte auf, als ich in den Spiegel über dem Waschbecken sah. Meine Augen hatten dunkle Ringe und sahen auch ganz matt aus. Ich wusch mich und kramte die Schminke raus, um das Chaos in meinem Gesicht wenigstens halbwegs zu verdecken.

Es gelang mir nicht wirklich.

_____________

Ich gähnte, als ich meine Japanischsachen in meine Tasche räumte. Endlich, endlich war dieser Schultag auch vorbei.
"Hi, V/N.", kam es von Aoi, die lächelnd und schon mit ihrer Tasche um die Schulter auf mich zuging.
Ich musste ebenfalls lächeln. In der heutigen Pause hatte mir Aoi den Rest der Schule gezeigt und danach haben wir uns zusammen unter einen Kirschbaum gesetzt und unsere Bentos gegessen.
"Hast du Lust, heute mit zu mir zu kommen, um für den Test in Japanisch zu lernen?", fragte sie mich und wippte auf ihren Sohlen auf und ab. Ich wollte gerade Ja sagen, als mit etwas einfiel. Ich hatte ja noch eine Sache vor heute.
"Entschuldige, Aoi, heute ist ein bisschen schlecht, aber morgen geht.", entschuldigte ich mich, aber Aoi winkte nur ab.
"Kein Problem, ich sag meiner Mutter dann, dass sie uns Dangos kaufen soll. Also dann, V/N, bis morgen!", rief sie mir noch zu, bevor sie den Raum verließ.

Bevor ich auch aus der Schule ging, sah ich noch einmal auf den Plan der Sporthalle, der im Eingangsbereich hing. Alles stand noch genauso wie heute morgen. Die Sporthalle ist heute nicht vom Volleyballklub belegt. Ausnahmsweise. Heute fand nämlich eine Reinigung der Halle statt und zwar in genau dreißig Minuten.
Ich hatte also mit umziehen und Netz Auf-und abbauen eine Viertelstunde Zeit. Da ich den Schlüssel für die Umkleiden nicht hatte, zog ich mich auf den Mädchentoiletten um. Angezogen in meiner Sportkleidung und mit meinen Haaren, die in einem Zopf steckten, ging ich Richtung Sporthalle. Ich wusste durch Aoi, dass die Sporthalle während der Schulzeit nicht abgeschlossen war, weshalb ich unbemerkt reingehen konnte.
Ich legte meine Sachen in eine Ecke und ging in den Geräteraum, um das Netz und den Wagen mit den Bällen zu holen. Als einzelne Person dauerte es gute zehn Minuten, das Netz zu spannen und als ich endlich fertig war, zog ich direkt den Wagen neben mich.
Auch wenn niemand zusah, spürte ich, wie sich Nervösität in mir breitmachte. Ich habe vor einem halben Jahr das letzte Mal einen Aufschlag gespielt und vor vier Monaten das letzte Mal einen Volleyball in der Hand gehalten.

Der Ball, der sich in meiner Hand sowohl samtweich als auch steinhart anfühlt, sah genauso aus wie in meinem Traum. Ich drehte ihn einmal  in meinen Händen und atmete tief durch.
Dann warf ich ihn nach oben und rannte los.
Dieses Gefühl, dass sich in mir breitmachte. Dieses merkwürdige und fremde Gefühl der... Freiheit.
Als der Ball wieder nach unten flog, drückte ich mich mit ganzer Kraft vom Boden ab und sprang nach oben.
Für einen kurzen Moment fühlte es sich so an, als würde ich fliegen.
Und dann erschien der Ball in meinem Blickfeld und ich holte mit der Hand aus. Dieses leichte Ziehen in meiner Hand, als diese mit dem Ball in Berührung kam. All meine Körperspannung steckte ich in meinen Arm, als ich diesen nach vorne schlug. Nach einer Sekunde hörte ich den lauten Knall in meinen Ohren, als der Ball auf den Hallenboden aufschlug.
Schwer atmend kam ich wieder auf den Hallenboden auf. Und beobachtete, wie der Ball ins Aus rollte.
Ich nahm mir sofort noch einen und wiederholte den Aufschlag. Und noch einen. Und noch einen. Solange, bis sich meine Arme komplett taub anfühlen und meine Beine schmerzten. Ich sah auf die große Uhr an der anderen Hallenwand. Ich hatte noch fünf Minuten, ich sollte anfangen, abzubauen.

Falling For Her // (Oikawa x Reader) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt