42.

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YOUR POV

"Wer ist der nächste Gegner?", fragte ich und trank noch einen Schluck von meinem süßen Getränk. Es war schon spät abends, aber nach den Ereignissen des heutigen Tages konnte keiner von uns wirklich schlafen. Also hatten wir uns auf Aois Bett gesetzt, um einfach zu reden und zu hoffen, dass wir beide schnell müde wurden. Zwischen uns auf der roten Tagesdecke lag ein ganzer Stapel voller Süßkram aus den vielen Automaten unten und jede von uns hielt eine Dose Eistee in den Händen.
"Lass mich kurz nachgucken." Aoi lehnte sich über die Bettkante zu ihrer Tasche und fischte den schon völlig zerknitterten Zettel hervor. "Ich habe eben all die Ergebnisse von heute aufgeschrieben, aber ich vergesse den Namen immer wieder.", murmelte sie und überflog hastig den Zettel. "Ah, da steht er ja. Also, der nächste Gegner ist... die Kamomedai Oberschule."
Ich sah von den Schokoladensticks auf, die ich gerade aus ihrer Verpackung holen wollte. "Was?"
"Ich sagte, die Kamomedai Oberschule."
"Ich habe dich schon verstanden.", grummelte ich und biss nachdenklich in das dünne Gebäckstäbchen mit Schokoüberzug.
"Kennst du diese Schule?", fragte mich Aoi und ich hielt inne.
"Nein, ich kenne sie nicht.", antwortete ich geistesabwesend. Kennen war vielleicht ein bisschen hochgegriffen, aber ich hatte auf jeden Fall schon einmal von ihnen gehört. Ihr Team ist besonders für ihre mentale Härte bekannt. Ihre Geduld und Spielqualität wird weder durch einfache Fehler, noch durch den Verlust von Sätzen betroffen. Das machte sie so gefährlich. Ihr Ass und außerdem Wing Spiker, Korai Hoshiumi, erinnerte mich stark an Shouyou Hinata. Sofern ich mich richtig erinnerte, war er kaum größer als Hinata und hatte eine ebenso unglaubliche Sprungkraft. Aber im Gegensatz zu dem sprunghaften Rothaarigen war Hoshiumi schon im zweiten Jahr der Oberschule.
"V/N?"
Ich sah zu Aoi, die mich fragend musterte.
"Alles gut? Du wirkst so abwesend."
Ich nickte benommen. "Ja, keine Sorge. Hab nur gerade über etwas nachgedacht."
"Du machst dir doch nicht etwa Sorgen, dass die Seijoh es dieses Mal nicht schaffen könnte, oder?"
Ich seufzte und biss wieder in den Schokostick. "Denk nicht so viel darüber nach, dir Jungs werden das morgen schon packen."
Hoffe ich.

___________

Genau 24 Stunden später

Die Lichter der Stadt kamen mir jetzt plötzlich viel kleiner vor als vorher. Auch wenn dieser Balkon mit dem Metallgeländer, der eigentlich ein Fluchtweg im Falle eines Feuers oder so sein sollte, gerade mal im dritten Stock lag, hatte ich trotzdem das Gefühl, dass ganz Tokio in dieser Nacht plötzlich so klein wirkte.
Die Tür, die von dem Balkon zurück ins Treppenhaus des Hotels führte, ging auf und Aoi trat in die kühle Herbstluft.
"Was machst du denn hier? Ich habe dich schon überall gesucht.", fragte sie und rieb sich mit klappernden Zähnen über ihre nackten Arme.
"Ich glaube, ich musste einfach über etwas nachdenken.", gab ich zu und beobachtete, wie sich mein Atem in Dampfwölckchen verflüchtete.
"Hättest du das nicht drinnen machen können, wo es warm ist?", grummelte Aoi und stellte sich neben mich an das Geländer. "Denkst über das Spiel von heute nach?"
Ich betrachtete abwesend meine Fingernägel und seufzte dann. "Das Spiel heute will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen."
"Es war ein... interessantes Spiel.", stimmte sie mir zu und fing dann an, leise zu kichern. Aber es klang irgendwie falsch. "Um ehrlich zu sein hatte ich nicht damit gerechnet, dass es so enden würde."
"Das hatte glaube ich keiner getan."

Sieben Stunden vorher

Die Anspannung in der Halle war kaum noch auszuhalten, aber kein Wunder, schließlich war heute das Viertelfinale. Das Viertelfinale wird in zwei Tage aufgeteilt. Einmal heute am Sonntag, wobei die Jungs Glück hatten, es direkt hinter sich zu haben, und morgen am Montag. Heute spielen vier Teams und morgen auch vier. Laut Plan war am Dienstag dann ein Tag Pause, bevor es Mittwoch mit dem Halbfinale losging, dass auch über zwei Tage lang gespielt wurde. Freitag war dann wieder Pause, um die Spannung zu steigern, und Samstag fand dann das langersehnte Finale der diesjährigen Herbstturniere statt.
"Wirklich schade, dass die Shiratorizawa erst morgen spielt. Ich hätte sie gerne heute parallel spielen gesehen.", klagte Aoi neben mir und ich musste lächeln.
"Wir können doch morgen nochmal hierherkommen und es uns angucken. Wir müssen ja keinen Eintritt zahlen, weil wir zu einem der teilnehmenden Teams gehören.", erwiderte ich und wich geschickt einem kleinen Kind mit einem Lolli in der Hand aus.
"Du weißt, dass wir uns morgen Tokio ansehen wollten."
"Dann musst du dich wohl entscheiden, was du lieber willst."
Aoi schnaubte und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. "Habe ich dir schonmal gesagt, wie gemein du manchmal sein kannst?"
Ich lachte leise und wollte gerade schon etwas erwidern, als ich mit jemanden an der Schulter zusammenstieß.
"Oh, Entschuldigung, ich habe nicht-" Ich hielt sofort inne, als ich in die grünlichen Augen meines Gegenübers starrte. Seine weißen Haare glichen fast schon dem Gefieder eines Vogels und sein Blick schien sich förmlich in mich hineinzubohren. Das war also Korai Hoshiumi, das Ass der Kamomedai Oberschule. Neben ihm stand ein hochgewachsener Spieler mit braunen, lockigen Haaren und braunen Augen. Das musste die Nummer sechs und Hoshiumis Eckpfeiler sein, Sachiro Hirogami, ebenfalls zweites Jahr.
"Pass doch auf, wo du hinläufst.", fuhr mich der weißhaarige Spieler sofort an und ich wich einen Schritt zurück.
"Tut mir leid.", murmelte ich mit gerunzelter Stirn.
Und bevor der Kleine - dabei war er nur wenige Zentimeter kleiner als ich - noch etwas sagen konnte, meldete sich sein Teamkamerad zu Wort. "Du musst dich nicht entschuldigen. Wir haben ja ebenso wenig aufgepasst.", sagte er mit einer entspannten Stimme.
Wir?! Ich habe aber doch nur den Kleinen angerempelt.

Falling For Her // (Oikawa x Reader) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt