YOUR POVFünf Stunden und zehn Minuten vorher
Unruhig tigerte ich hin und her. Immer hin und her. Ich wusste gar nicht mehr, wieviele Runden ich gegangen war, aber an irgendeinem Punkt musste Aoi der Kragen geplatzt sein.
"V/N, hör jetzt sofort auf, so rumzulaufen. Du machst mich wahnsinnig.", fuhr sie mich an, während sie mich, mit den Unterarmen auf die Absperrung gestützt, skeptisch musterte.
"Entschuldige, aber ich kann mich einfach nicht beruhigen. Der dritte Satz fängt gleich an und ich bin so nervös geworden."
"Die Jungs haben schon den zweiten Satz gewonnen, den Dritten kriegen sie auch noch.", versuchte Aoi mich zu beruhigen. Aber ich wusste nicht, was mich so nervös machte. Die Kamomedai war doch wie jedes andere Team, gegen das die Seijoh gespielt und auch gewonnen hatte.
Ich starrte auf das Feld, wo sich die Jungs gerade wieder auf ihre Positionen stellten.
Möge der letzte Satz beginnen.Jetzt
"Noch habe ich so einen Satz während eines Volleyballsspiels gesehen.", gab Aoi schluckend zu und ich fing an zu zittern, als ich an den dritten Satz dachte. Jede Minute hatte mein Blut entweder zum kochen oder zum gefrieren gebracht.
"Ich auch nicht.", murmelte ich leise. "Und dabei war ich schon auf vielen Spielen."
"Ich hatte richtige Gänsehaut."
"Ja, ich auch."Fünf Stunden und fünf Minuten vorher
Der Pfiff.
Da war er.
Ich hatte ihn kaum gehört, denn mein Blut rauschte in meinen Ohren, aber er war unmissverständlich da gewesen. Und keine Sekunde später, nachdem dieser schrille Ton ertönte, wurde der Ball von Oikawa hochgeschleudert.
Ein Sprungflatter-Aufschlag.
Ich hatte nicht oft gesehen, wie Oikawa so einen Aufschlag hinlegte, aber im Hinblick seiner sonstigen Aufschläge lag selbst dieser ihnen in nichts nach. Der Ball flog über das Netz und machte mit jedem Augenblick neue Anzeichen, die Richtung zu wechseln. Die Augen unserer Gegner verfolgten jede Bewegung des Balles wie Raubtiere und niemand schien sich in diesem Moment zu bewegen.
Dann ging alles plötzlich viel zu schnell.
Alle Spieler der Kamomedai schienen sich auf einmal gleichzeitig zu bewegen. Meine Augen kamen nicht mehr hinterher.
Was ist das?
Inmitten dieses Chaos konnte ich weder ein klares Spielmuster, noch eine Struktur erkennen. Wenn das hier schon die Kamomedai war, wie müsste dann wohl der Spielstil des Itachiyama Institute, das an der Spitze stand, aussehen?
Ich hörte Aoi hinter mir aufkeuchen, als der Ball wieder über das Netz zu der Seijoh flog. Nein, fliegen konnte man das nicht nennen. Er wurde förmlich zurück geschleudert.
Ich riss die Augen auf.
Er ist zu schnell. Viel zu schnell.
Da war er wieder. Der Pfiff. Aber diesmal gab er nicht den Start des Spiels bekannt.
Langsam glitten meine Augen zu der Punkteanzeige.
"Den hätte doch niemals jemand aufhalten können!", rief Aoi hinter mir und ich schluckte. Keine zehn Sekunden nach dem Aufschlag kam auch schon der erste Punkt für das gegnerische Team. Das war alles andere als ein guter Anfang, aber das Spiel hatte gerade erst begonnen.
Es konnte sich noch ändern.Jetzt
"Der erste Punkt kam so schnell.", murmelte ich und atmete tief durch. Aoi neben mir wechselte ihre Position, sodass sie mit dem Rücken an dem Geländer lehnte.
"Es war nervenaufreißend.", sagte sie, was aber eher nach einem Grummeln klang. "Alle haben mitgefiebert. Niemand konnte wegsehen."Fünf Stunden vorher
Mein Sichtfeld verschwamm und alles wurde zu einem Meer aus den unterschiedlichsten Farben.
Dieses Spiel war wirklich anders, als jedes andere, bei dem ich bis jetzt jemals war. Fünf Minuten sind erst vergangen und trotzdem hatte die Kamomedai schon die zehn Punkte erreicht, während die Seijoh mit erst vier Punkten zurücklag.
Erst fünf Minuten...
"Das darf doch wohl nicht wahr sein.", murmelte ich und fuhr mir durch meine Haare. Die nächsten zehn Minuten verliefen nicht anders. In diesen zehn Minuten erzielte die Kamomedai noch drei weitere Punkte. Jetzt trennten sie nur noch zwölf Punkte vom Sieg. Und vom Ausscheiden der Seijoh. Nein, sie durften nicht verlieren. Sie durften es einfach nicht. Sonst war alles umsonst. Das Training und die Abmachung mit meinem Vater. Die ganze Hinarbeitung, wofür hätten sie all diese Monate so hart trainiert?
Auch Herr Irihata schien die Verzweiflung langsam zu spüren und verlangte sofort eine Auszeit.
"Hört zu", sagte er zu den Jungs, ehe sie schwer atmend versammelt waren. "Ihr habt es schon im zweiten Satz geschafft. Ihr könnt jetzt nicht so einfach aufgeben."
Als Antwort bekam er Schweigen und am liebsten wollte ich die Augen verdrehen, mich da vorne hinstellen und den Jungs eine Standpauke verpassen. Aber ich konnte es nicht. Denn, wenn ich an ihrer Stelle wäre, hätte ich auch so eine Laune. Ich wäre verzweifelt, aufgebracht und wütend auf mich selbst, weil ich so ein erbärmlichen Spieler wäre.
Der dritte Satz lief erst eine Viertelstunde und die Kamomedai hatte schon die Hälfte der Punkte, die sie brauchten, erreicht. Ich überlegte, meinen Vater anzurufen und um Rat zu fragen, aber was konnte er schon tun? Panik stieg in mir auf und ich atmete tief durch. Was war los mit mir? Wieso kriegte ich Angst schon allein bei dem Gedanken, dass Oikawa und die anderen verlieren könnten?
"Hey.", sagte eine ruhige Stimme hinter mir und eine Hand legte sich warm auf meine Schulter. Sofort entspannten sich meine angespannten Muskeln, aber mein Herz schlug keineswegs langsamer.
"Hey.", flüsterte ich zurück und drehte mich zu Oikawa um, der mich von oben musterte. In seinen braunen Augen lag ein Funke Sorge, was man in seinen Gesichtszügen aber nicht erkannte.
"Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen, V/N-lein.", sagte er, aber in seinen Worten lag keine Wärme.
"Du auch.", murmelte ich und löste mich von seiner Hand auf meiner Schulter. "Oikawa, ich-"
"Wir werden nicht verlieren.", unterbrach er mich und ich hob verwundert den Kopf.
"W-Was?"
"Wir werden nicht verlieren. Nicht hier im Viertelfinale.", wiederholte er und seine Augen glänzten feucht. Ich konnte erkennen, wie die anderen sich bei Oikawas erhobener Stimme zu uns umdrehten, und in diesem Augenblick, wo Oikawa kurz den Blick abwandte, wusste ich, dass es ab jetzt anders laufen wird. Denn als er mir wieder in die Augen sah, waren die Tränen verschwunden und eiserne Härte bohrte sich in meinen Blick. Oikawa hatte sein gefährliches Lächeln auf die Lippen gelegt und ich erinnerte mich an den Moment zurück, wo er mich zum ersten Mal in der Sporthalle in der Schule erwischt hatte. Da hatte er genau den gleichen Blick. Nur jetzt fiel er mir wirklich auf. Und er machte mir keine Angst. Nein, ganz im Gegenteil, er gab mir Zuversicht. Zuversicht und das Gefühl, dass ich Oikawa, Iwaizumi und den anderen vollends vertrauen konnte. Und das tat ich auch.Jetzt
"Dieser Blick hat mir echt Angst gemacht.", fröstelte Aoi und ich musste leise lächeln.
"Aber es hat ihnen geholfen, wieder Stärke zu finden. Auch, wenn Oikawa sich manchmal wie ein kleines Kind aufführt, so ist er trotzdem ein guter Kapitän für die anderen."
Aoi nickte zustimmend. "Jap, er zieht sie alle mit - so, wie ich es dir mal gesagt hatte."
"Aber das, was da kurz vor dem Entscheid passiert ist...", flüsterte ich plötzlich ernst
"Das hat wirklich die Aufmerksamkeit aller Besucher in der Arena auf sich gezogen."Vier Stunden und fünfundvierzig Minuten vorher
Dann lief alles anders. Es war wie im zweiten Satz. Dank ihres Kapitäns war die Seijoh in diesem Moment stärker, als zuvor in all den anderen Turnieren, die sie hier gespielt und auch gewonnen hatten.
"Das ist wirklich erstaunlich.", murmelte Aoi hinter mir und ich drehte mich zu ihr um.
"Mmh, was meinst du?"
"Naja, noch vor ein paar Minuten sah es so aus, als würden die Jungs dieses Match haushoch verlieren. Aber wieder einmal, nach nur ein paar Worten von dir, haben sie den Spieß gänzlich umgedreht. Auch, wenn sie gerade noch weniger Punkte haben, so hat sich ihr Spielstil deutlich verändert. Wie auf Knopfdruck."
Ich starrte sie an. Sie hatte recht. Es war mir bis im zweiten Satz nicht aufgefallen, aber es stimmte. Besonders Oikawa schien jetzt viel zielstrebiger.
Es sieht so aus... ja, es sieht tatsächlich so aus...
Sie könnten das wirklich noch schaffen.
Ich starrte auf die Punkteanzeige. Pfiff nach Pfiff ertönte und die Punkte stiegen - sowohl bei der Kamomedai, als auch bei der Seijoh.
Es dauerte nich lange und schon stand der Punktestand 23-24 für die Kamomedai. Nur noch ein Punkt für diese Schule und es war aus. Meine Nerven waren kurz vor dem zerreißen und ich hatte meine Augen so weit aufgerissen, aus Angst zu blinzeln und dabei etwas zu verpassen, dass sie mir fast aus den Höhlen fielen.
Die Anspannung war so dick, dass man sie in Scheiben hätte schneiden können. Ich spürte, dass alle Augen auf das Feld genau vor mir gerichtet waren und auch die Spieler auf den anderen drei Feldern warfen der Seijoh und der Kamomedai bei jeder passenden Gelegenheit neugierige Blicke zu.
Ich glaubte sogar, dass sich meine nervige Angewohnheit extra abgestellt hatte, damit ich auch nichts verpassen konnte. Dafür war ich ihr zum ersten Mal ziemlich dankbar. Nichtmal einen Blick auf die Punkteanzeige wagte ich - die Punkte hatten sich sowieso in meinen Kopf gebrannt wie ein Brandzeichen.Und dann passierte es. Ich würde es als den Höhepunkt dieses Matches bezeichnen, unter normalen Umständen. Aber das hier war kein normaler Umstand. Hier ging es so gesehen um alles. Und in diesem Moment dachte ich, mein Herz bliebe jeden Moment stehen.
Es war nur eine Ballannahme. Eine ganz gewöhnliche Annahme. Doch etwas war anders. Hoshiumi nahm den Ball an, wie jeder andere Spieler es getan hätte, aber... was war es dann, das mich zuerst so argwöhnisch und dann so schockiert reinblicken ließ?
Nein, nein, nein. Das kann nicht sein.
Ich sah schon aus den Augenwinkel, wie sich die Spieler der Seijoh alle direkt in Bewegung setzten, während ich meine Augen immer auf den Ball gerichtet hielt.
Wieder durchströmte mich diese Panik und wie in Zeitlupe riss ich meinen Kopf zu Oikawa, der dem Ball am nächsten kam.
Er wird ihn nicht kriegen. Ich kenne diese Technik. Er kriegt ihn nicht mehr rechtzeitig.
Sie werden verlieren.---------------------------------------------------------
Huhu, es tut mir sooo leid, dass erst jetzt ein neues Kapitel kommt, aber ich war die letzten Tage leider krank und habe es kaum geschafft, an diesem Kapitel zu schreiben😔
Aber jetzt geht es mir wieder viel besser und ich hoffe natürlich, dass euch dieses Kapitel gefallen hat, ansonsten wisst ihr bescheid, Kritik immer gerne in die Kommentare✨
Das nächste Kapitel kommt dann die nächsten Tage<3
Bis dann❤️
- A
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Falling For Her // (Oikawa x Reader)
Fanfiction𝕆𝕚𝕜𝕒𝕨𝕒 𝕩 ℝ𝕖𝕒𝕕𝕖𝕣 𝕊𝕥𝕠𝕣𝕪 Es ist dein zweites Jahr an der Oberschule, doch durch die Scheidung deiner Eltern musst du gemeinsam mit deiner kleinen Schwester zu deiner Mutter ziehen und dein zweites Jahr als Oberschülerin auf der nahelie...