10.

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YOUR POV

Ich wollte am liebsten sterben. Wieso klappte nie etwas in meinem Leben so, wie ich es gerne hätte? Es war so unfair.
Als Oikawa und ich die Wasserflaschen gemeinsam zurück in die Halle trugen, dehnte sich das Schweigen zu einer gefährlichen Größe aus. Vielleicht hatte Oikawa es ja aufgegeben, mich zu fragen, warum ich ihm aus dem Weg ging. Ich wusste nicht wieso, aber irgendwie war ich ein bisschen enttäuscht darüber.
Ich biss mir auf die Zunge. Trug ich jetzt nicht gerade ein paar Wasserflaschen, würde ich mir die Hände durch die Haare raufen. Ich verhielt mich wie ein liebeskranker Teenager. Es war zum kotzen.
Ich musste diesen egoistischen Gedanken schnellstmöglich loswerden, denn es war weder fair Oikawa gegenüber, noch mir selber.
Wir kamen kurz vor Ende der Pause an und Oikawa konnte direkt wieder auf das Feld gehen. Zuvor murmelte ich noch ein leises Danke, welches er wieder mit einem neutralen Gesicht quittierte, doch ich merkte, wie sich etwas Sanftes in seinen Ausdruck geschlichen hatte. Nein, das konnte nicht sein. Ich wurde bestimmt nur verrückt.

Der letzte Satz war nervenaufreibend. Die Punkteanzahl nahm nie einen größeren Abstand als zwei Punkte an und selbst dann wurde dieser Abstand schnell wieder aufgeholt. Einmal führte Seijoh, einmal Nekoma, doch man konnte merken, dass sich zwischen den Kapitänen ein ganz anderer Kampf entschied. Anscheinend waren sie immer noch sauer aufeinander wegen der Situation eben. Und das wollten sie jetzt hier ausfechten.
Ich sah, wie manchmal die Teammitglieder von Seijoh und Nekoma nicht mit ihren Kapitänen hinterherkamen und Iwaizumi war einmal ziemlich nah dran, Oikawa eins drüberzuziehen, weil dieser auch manchmal zu schnell zu seinen Teamkameraden spielte.
Auch ich hätte Mühe, mitzukommen.
Ich bemerkte, wie mir Oikawa immer während des Spiels Blicke zuwarf, als wollte er sich vergewissern, dass ich nicht zur anderen Seite übergegangen war. Wüsste ich nicht, wie ernst ihnen dieses Spiel war, hätte ich vermutlich laut gelacht.
Schnell wurden die ersten acht Punkte von einem Team erreicht, ich konntd nicht mitverfolgen welches, und wir mussten die Seiten wechseln. Jetzt spielte Aoba Johsai rechts und Nekoma links. Letzteres hatte auch zuerst die acht Punkte erreicht, was Oikawa sehr zu wurmen schien.
Während des dritten Satzes hatte ich mir kaum Notizen gemacht, da ich wegen dem schnellen Tempo der Spieler nicht mit dem Schreiben hinterherkam. Als ich Herrn Irihata mein fast leeres Blatt zeigte, winkte er nur ab. Dann ertönte ein Pfiff und ich riss meinem Kopf zu der Punkteanzeige in der Ecke. 15-13.
Für die Aoba Johsai.

Ich konnte mir das Lächeln nicht verkneifen, das sich auf meine Lippen legte und blickte zu den Jungs, die sich lachend gegenseitig auf die Rücken klopften.
Da dieser Satz nur bis zu fünfzehn Punkte gespielt wurde, ging dieser schneller vorbei, als die vorherigen Zwei.
Ich reichte den durstigen Mitgliedern die Wasserflaschen, die sich glücklich bedankten, und sah zur Uhr. Gleich war es schon sieben Uhr abends und durch die Fenster konnte ich erkennen, wie die Nacht hereinbrach. Gut, dass meine Mutter mir ein Bento für die Heimfahrt eingepackt hatte. Stumm bedankte ich mich erneut bei ihr.
Ich wagte einen Blick zu Oikawa, der mit Iwaizumi und Akira Kunimi, ebenfalls ein Wingspiker, redete. Als hätte er gespürt, dass ich ihn ansah, drehte er den Kopf und wir blickten uns einen kurzen Moment in die Augen. Sein Blick war leicht überrascht, als hätte er geglaubt, ich würde meinen Blick sofort wieder abwenden. Das hätte ich auch getan, wenn mich seine schokoladenbraunen Augen nicht in ihren Bann gezogen hätten.
Schnell machte ich ein Herzlichen Glückwunsch mit meinem Mund nach und wandte schließlich doch den Blick ab. Ich war so ein Feigling, aber das musste man nunmal sein, wenn man nicht verletzt werden möchte.

___________

Die Rückfahrt verlief leiser als die Hinfahrt, da alle vor Erschöpfung direkt eingeschlafen sind. Doch man spürte, wie die Stimmung weniger angespannt war.
Ich hatte vor ebenfalls zu schlafen, doch das gelang mir nicht, wegen der Person, die sich einfach neben mich gesetzt hatte. Ich sah zu einem schlafenden Oikawa, der mit verschränkten Armen und leicht gesenktem Kopf neben mir friedlich schlief.
Als er sich direkt neben mich gesetzt hatte, hatte er nur ein paar komische Blicke und genervtes Augenverdrehen von Iwaizumi einkassieren müssen. Und ich neben ihn wagte es noch nichtmal zu atmen. Vorsichtig holte ich mir mein Bento raus, da es jetzt langsam Zeit für das Abendessen sein würde, und steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren. Als ich die Box öffnete, schickte ich noch einmal ein Dankeschön zu meiner Mutter, als mir Reis, Fleisch und leckeres Gemüse entgegenlachte.
Ich nahm die Plastikstäbchen und führte mir ein Stück Fleisch an den Mund, als plötzlich mein Stück Fleisch in Oikawas Mund verschwand. Ich starrte ihn entgeistert an. Dieser Mistkerl. Hat er etwa auf diesen Augenblick gewartet und sich nur schlafend gestellt?
Ich riss mir die Kopfhörer aus den Ohren und musste zusehen, wie Oikawa genüsslich kaute und mich schließlich wieder kindlich anlächelte. "Danke, V/N-lein.", flüsterte er mir nah an mein Ohr und sein heißer Atem, der jetzt verboten lecker nach gewürztem  Fleisch roch, strich mir dabei über die Wange. Ich erschauderte und verschloss sofort wieder meine Bentobox. "Das war mein Essen.", fauchte ich leise, was Oikawa ein leises Lachen entlockte.
"Sei doch nicht so gemein, ich habe überhaupt nichts dabei.", sagte er, ohne dabei die anderen aufzuwecken.

Ich stutzte. Wieso hatte er kein Essen dabei? "Haben dir deine Eltern nichts gemacht?", fragte ich stirnrunzelnd.
Doch er sah mich mit großen Augen an, bevor er den Blick senkte und seufzte. "Meine Eltern wohnen nicht in Miyagi."
Oh.
"Also wohnst du alleine?", hakte ich ungläubig nach. Ich musste mir vorstellen, wie Oikawas Zuhause aussah. Und seiner etwas anderen Persönlichkeit nach zu urteilen, musste ich mir die Frage stellen, wie er es geschafft hat, noch nicht zu sterben.
Ich seufzte und öffnete die Bentobox wieder. "Hier.", meinte ich und reichte ihm die Stäbchen. "Iss die Hälfte von allem, was da drin ist. Der Rest gehört mir. Und da du schon ein Stück Fleisch hattest, kriegst du eins weniger, verstanden?", fügte ich zischend hinzu und reichte Oikawa das Bento. Dieser sah mich nur mit noch größeren Augen und leicht offen stehendem Mund an.
"Sieh mich nicht so an.", flüsterte ich und musste mein immer roter werdendes Gesicht an die kühle Fensterscheibe lehnen.
"Danke.", hörte ich Oikawa leise murmeln, bevor ein genüssliches Kauen folgte, was in meiner Magengegend ein Flattern auslöste.
Oh Gott nein, bitte nicht.
Ich schlug meinen Kopf leicht an das Fensterglas. Der leichte Schmerz, der sich daraufhin ausbreitete, tat gut und verdrängte auch das merkwürdige Flattern.
Ich musste für ein paar Minuten eingenickt sein, denn als ich wieder aufwachte, spürte ich, wie mir etwas in die Seite piekste. Ich sah runter auf meine leere Bentobox, die Oikawa mir nervös lachend hinhielt. Erst wusste ich nicht, was mit ihm los war, als ich realisierte, dass die Box komplett leer war.

Ich nahm die Box entgegen und starrte erst auf den fehlenden Inhalt, dann auf Oikawa, der sich mit einer freien Hand den Nacken rieb, so wie er es gerne machte, wenn er auf nervös und entschuldigend tat.
"Bei der nächsten Pause kauf ich dir an einem Kiosk was zu essen.", sagte er mit einer Stimme, die mir verriet, dass es ihm absolut nicht leidtat, dass er mein Essen aufgegessen hat. In der Zukunft musste ich wirklich besser aufpassen.
Doch dann fiel mir wieder ein, dass ich den ganzen Tag über nicht gesehen habe, wie Oikawa was anderes aß als die Proteinriegel. Ausgewogene Ernährung sah anders aus.
Ich seufzte wieder. Diesmal wollte ich ihn davonkommen lassen und sofort nagten Schuldgefühle an mir. Ich hatte meiner Schwester damals auch immer Bentos für die Schule gemacht, wenn unser Vater mal wieder ein Spiel außerhalb der Stadt und Mama sich mit einer Flasche Wein in ihrem Schlafzimmer verzogen hatte.
Vielleicht könnte ich für Oikawa morgens auch immer eins machen. Dann hätte er wenigstens in der Schule richtiges Essen. Die Vorstellung, dass er sich nur von Fertigkram ernährte, kam mir bei ihm nämlich ziemlich realistisch vor.
"Ich schlafe jetzt noch ein bisschen.", sagte ich ihm Bescheid und schloss die Augen. Kurz bevor ich ins Land der Träume abdriftete, kam es mir so vor, als würde Oikawa noch sagen, Das Essen war wirklich sehr lecker.
Und ich wusste nicht wieso, aber dieser Satz zauberte mir ein leises Lächeln ins Gesicht.

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Soooo, das war dann auch schon das zehnte Kapitel und ich hoffe natürlich, es hat euch gefallen✨

Das Elfte kommt dann vermutlich auch im Laufe des Tages<3

Bis danm❤️

   - A

Falling For Her // (Oikawa x Reader) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt