Für einige Sekunden stand ich einfach nur dort und weinte in Harrys T-Shirt. Währenddessen strich er mir beruhigend über den Rücken und redete mit den Leuten um uns herum. Es kamen viele Fragen zu seiner Nase und Aufforderungen, dass er das doch abchecken lassen sollte.
"Mir geht es gut", versicherte er nun schon zum dritten Mal.
Letztendlich traute ich mich dann auch endlich, Harry richtig ins Gesicht zu schauen. Ich entfernte mein Gesicht von dem Stück Stoff und schaute dann langsam hoch. Mir blieb kurz die Luft weg, da es nun noch schlimmer aussah als noch wenige Minuten zuvor. Aber das lag einfach hauptsächlich an dem ganzen Blut, das auf seiner Haut klebte. Mit seiner freien Hand, die mich nicht in seinem Arm hielt, drückte er ein Tuch gegen gegen die Nase. Seine Knöchel und Finger waren ebenfalls mit der roten Substanz befleckt. Dennoch war ich ein kleines Stückchen beruhigt, dass seine Nase optisch unverändert aussah und ihm nicht schief im Gesicht stand.
"Du musst das nachgucken lassen", schniefte ich leise.
Harry hatte offensichtlich nicht bemerkt, dass ich meinen Kopf gehoben und ihn die ganze Zeit angeschaut hatte, denn er sah überrascht zu mir runter. Er musterte einfach nur meine, wahrscheinlich knallroten, Augen als wollte er über den Blickkontakt mit mir kommunizieren und alle Emotionen aus mir herauslesen.
"Bitte", flehte ich mit etwas Nachdruck.
Schließlich seufzte er und nahm sich meine Hand. Auch wenn er wahrscheinlich der Meinung war, dass es seiner Nase gut ging und er nicht die Hilfe eines Mediziners benötigte, konnte er es ja wenigstens anschauen lassen. Dann hatten wir die Vergewisserung und mussten uns keine Sorgen machen.
Wir verabschiedeten uns flüchtig von unseren Freunden und versicherten ihnen, dass wir uns melden würden. Harry ließ meine Hand nicht los, als er sich auf dem Weg zu dem Sanitätszelt machte. Es beruhigte mich, dass er mich in diesem Moment auch an seiner brauchte. Ich wollte nämlich ungern alleine sein und das wusste er sicherlich auch.
"Wie ist das passiert?", fragte ein junger Mann und deutete Harry, sich auf die Liege zu setzen.
Man sah Harry deutlich an, dass er nicht sehr erfreut über die Situation war und und keine Lust auf Fragen hatte.
"Mir wurde eine reingehauen", antwortete er knapp. "Ist aber alles halb so schlimm."
Ich verdrehte die Augen über seine Aussage. Es war klar, dass er die ganze Sache runterspielte als wäre nichts passiert. Aber ich war mir sicher, dass er starke Schmerzen hatte, denn zwischendurch verzog er sein Gesicht. Und spätestens, als der Sanitäter seine Nase abtastete, konnte er sich auch ein leises Fluchen nicht unterdrücken.
"Ist bei dir alles okay?"
Verwundert drehte ich meinen Kopf zur Seite und schaute die etwas ältere Sanitäterin an. Harry hatte die blutende Nase, warum fragte sich mich nach meinem Wohlbefinden? Aber dann realisierte ich, dass ich bestimmt schon seit fünfzehn Minuten am Weinen war und wahrscheinlich total mitgenommen aussah. Einerseits wollte ich in den Spiegel schauen, da meine Schminke bestimmt überall hing, außer an den vorgesehenen Stellen. Aber auf der anderen Seite wollte ich auch gar nicht wissen, wie schlimm ich wirklich aussah. Ich konnte es mir vorstellen, das reichte.
"Ja, mir geht es gut", murmelte ich und versuchte ihr ein freundliches Lächeln zu schenken.
Aber man konnte mir sehr gut ansehen, dass es mir überhaupt nicht gut ging. Zwar war mir physisch nichts passiert, aber psychisch war ich ein Wrack. Allerdings konnte mir die nette Frau dabei nicht helfen, so sehr ich es mir auch wünschte.
"Er ist dein Freund, oder?", fragte sie einfühlsam nach und reichte mir ein Taschentuch.
Ich nickte als Antwort und trocknete die nassen Stellen auf meinen Wangen. Wenigstens hatte ich mittlerweile aufgehört zu weinen, da mich dieses kleine Gespräche für einige Sekunden von allem abgelenkt hatte.
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unexpected love || h.s
FanfictionMein Leben verwandelte sich erst in die reinste Katastrophe, als meine Erzfeindin vor mir stand und mein Bruder sie als seine neue Freundin vorstellte. Während ich dann versuchte, sie wieder loszuwerden, trieb mich das Drama in die Arme einer unerwa...