Jazmyns Sicht:
Wartend lehnte ich mit dem Rücken an einer Mauer und tippte gelangweilt auf meinem Handy rum. Planlos öffnete ich meine Galerie, überflog alle Bilder, wechselte zu meinen Nachrichten, wo sich nichts Neues befand, und endete schließlich wieder in der Galerie. Ich wollte nur halbwegs beschäftigt aussehen, während ich hier rumstand und immer wieder Menschen an mir vorbeiliefen. Zwischendurch löste ich hin und wieder meinen Blick vom Bildschirm, als ein Auto in meiner Nähe zum Stehen kam und seufzte leise, wenn es wieder nicht Harry war. Es war Freitag, ich war geschafft von der Schulwoche und wollte diesen Ort so schnell wie möglich verlassen, um wenigstens für zweieinhalb Tage meine Ruhe zu haben. Allerdings war Harry heute etwas spät dran, weshalb ich nun warten musste.
"Jazmyn", räusperte sich plötzlich eine leise Stimme neben mir. Ich drehte mich zur Seite und erblickte ausgerechnet Alexandra.
Das war das erste Mal, dass sie wieder mit mir redete. In letzter Zeit ließ sie mich weiterhin komplett in Ruhe und ich fing so langsam an, mich an den Frieden zu gewöhnen. Trotzdem traute ich ihr weiterhin nicht über den Weg und manchmal hatte ich noch Angst, dass sie aus dem Nichts wieder mit ihren Schikanen anfing. Allerdings schockierte mich ihr Anblick etwas und ließ mich an einen überraschenden Angriff zweifeln - dunkle Augenringe, ein unordentlicher Pferdeschwanz, kein Make-Up. Normalerweise lief sie in der Schule immer so rum, als würde sie sich auf einer Modenschau befinden, aber schon seit einigen Tagen war mir aufgefallen, dass sie sich nicht mehr so viel um ihr Aussehen kümmerte.
"Ich wollte-...", fing sie an zu sprechen, wurde allerdings von einem Hupen direkt neben uns unterbrochen. Gleichzeitig zuckten wir zusammen und schauten zu dem Auto, wo Harry mit einer ernsten Miene drinsaß und mich zu sich winkte. Meine Füße setzten sich schon in Bewegung, als Alexandra mich aber noch mit ihrer Stimme zurückhielt. "Kannst du den bitte Jayden geben?"
Augenblicklich blieb ich stehen und starrte auf ein weißes, ordentlich gefaltetes Papier, das sie mir entgegenhielt. Meine Augen wanderten wieder hoch und trafen direkt auf ihre. Sie schaute mich mit einem flehenden Blick an, mit dem ich sie zuvor noch nie gesehen hatte. Ihre Augen waren nur leer und spiegelten nicht mal den allbekannten Hass wider. Neben uns ertönte erneut ein lautes Hupen, also hatte ich keine Zeit zum Überlegen, nahm ihr einfach den Zettel ab und verschwand ohne ein weiteres Wort im Auto.
"Hat sie wieder Stress gemacht?", fragte Harry nach - ein Hauch von Wut in seiner Stimme.
Ich schüttelte meinen Kopf und deutete auf das weiße Papier in meiner Hand. "Den Brief soll ich Jayden geben."
"Jetzt sollst du auch noch ihre Brieftaube spielen", schnaubte er ungläubig. "Wenn es so wichtig ist, dann soll sie ihm eine Nachricht schreiben oder ihm den Brief persönlich geben."
Mit meinem Daumen strich ich über das Papier. Es wäre gelogen zu sagen, dass ich nicht neugierig war. Von Mum wusste ich, dass Jayden den Kontakt zu ihr vermied. Vielleicht war das ihre letzte Möglichkeit, um ihn zu erreichen. Ohne groß drüber nachzudenken, fing ich an, den Zettel zu entfalten.
"Willst du den wirklich lesen?", hakte Harry nach.
Ich ignorierte ihn. Als ich das entfaltete Papier vor mir hielt, fingen meine Augen direkt an, die Worte zu scannen.
Jayden, ich hoffe, dass dieser Brief bei dir ankommt, denn es ist momentan meine einzige Möglichkeit, dich zu erreichen. Es tut mir so unglaublich leid, was passiert ist. Ich kann verstehen, dass du mich nun hasst und mich nie wieder sehen willst. Aber ich vermisse dich und ich kann einfach nicht ohne dich leben. Ich weiß, dass ich es verdient habe zu leiden, und glaub mir, das tue ich auch, aber...
Weiter konnte ich nicht lesen. Das Gefühl von Reue macht sich immer weiter breit und das schlechte Gewissen nagte so sehr an mir, dass ich den Brief wieder zusammenfaltete. Alexandra schüttete in diesen Zielen ihr Herz aus und egal wie sehr ich sie verabscheute - es fühlte sich falsch an, das zu lesen.
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unexpected love || h.s
Hayran KurguMein Leben verwandelte sich erst in die reinste Katastrophe, als meine Erzfeindin vor mir stand und mein Bruder sie als seine neue Freundin vorstellte. Während ich dann versuchte, sie wieder loszuwerden, trieb mich das Drama in die Arme einer unerwa...