Nachdem ich Jayden und Harry bei ihrem Gespräch belauscht hatte, ging ich nach unten in die Küche, wo meine Mum dabei war, das Abendessen vorzubereiten.
"Ausgekatert?", fragte sie neckend, als ich die Küche betrat.
Ich verdrehte die Augen und setzte mich auf einen der Barhocker. Wenn sie nur wüsste, was wirklich letzte Nacht alles passiert war, dann würde sie sich nicht mehr so freuen, dass ich auf einer Party war.
"So ging es mir früher auch immer nach Partys, aber das gehört eben dazu", fuhr sie fort und stellte mir einen Teller mit gebratenen Kartoffeln vor die Nase.
Meine Antwort war nur ein leises Brummen, da mir echt nicht danach war, über Partys zu reden. Obwohl ich ein paar Stunden geschlafen hatte, spürte ich den Kater immer noch und nach Essen war mir auch nicht wirklich zumute. Deswegen stocherte ich mehr oder weniger in den Kartoffeln herum, aber aß schließlich doch ein wenig.
"Mum?", rief die Stimme meines Bruders von oben und darauf folgten laute Schritte, die die Treppe hinunterrannten und sich der Küche näherten.
"Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht durch das Haus rennen sollst?", meckerte Mum und legte seufzend ihre Gabel weg.
"Sorry." Ein grinsender Jayden erschien ihm Türrahmen. "Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass wir noch zu-..."
Den Rest seines Satzes bekam ich gar nicht mehr richtig mit. Für einen Moment setzte bei mir alles aus, als Harry hinter ihm zum Vorschein kam. Seine Augen trafen direkt auf meine und es fühlte sich so an, als würden wir uns für eine Ewigkeit einfach einstarren, auch wenn es in Wirklichkeit nur ein paar Sekunden waren. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Erinnerungen von der letzten Nacht und dem heutigen Morgen kamen mir in den Sinn und ich schämte mich einfach nur. Deswegen wandte ich meinen Blick auch direkt ab, obwohl er mir ein sanftes Lächeln schenkte. Ich schaute erst wieder auf, als ich die Haustür ins Schloss fallen hörte.
"Wo gehen die beiden hin?", fragte ich an Mum gerichtet und schob den Teller zur Seite. Der Appetit war mir komplett vergangen.
"Sie treffen sich mit Freunden", erklärte sie und sah mich dann mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Hat der Kater sich auch auf dein Gehör ausgewirkt?"
"Ich trinke nie wieder Alkohol", presste ich hervor und verschwand wieder in mein Zimmer.
Das Lachen meiner Mum war auch dort noch deutlich zu hören.
Ich schmiss mich auf mein Bett und hätte am Liebsten alles zusammengeschrien. Warum musste ich nur immer so dämlich sein? Ich verstand selbst nicht, warum mich die Sache mit Harry so verwirrte und ich so reagierte. Es war ja nichts Schlimmes zwischen uns passiert, aber ich hatte bei ihm Zuhause geschlafen. Gemeinsam mit ihm in seinem Bett! Das war einfach komisch und nicht normal. Harry schien das ganze nichtmal wirklich zu stören, deswegen fragte ich mich, warum es mir dann nicht aus den Kopf gehen wollte. Aber wahrscheinlich lag es einfach nur daran, dass er der beste Freund meines Bruders war.
Es war gerade einmal kurz vor zehn, als ich schon fertig in meinem Bett lag. Für die Ferien war es noch sehr früh, aber ich war einfach immer noch müde. Jetzt verstand ich auch, warum Jayden oft nach langen Partynächten den ganzen Tag in seinem Bett verbrachte.
Bevor ich schlafen ging, schaute ich mir noch die Fotos von Ava und mir an, die wir auf der Party geschossen hatten. Ich musste leise lachen, als ich unsere Selfies betrachtete, die einfach nur witzig aussahen. Eigentlich war der Abend ja auch gar nicht so schlecht gewesen, wie ich ihn die ganze Zeit darstellte. Ava und ich hatten total viel Spaß zusammen und lernten uns noch viel besser kennen. Mit ihr hatte ich eine wunderbare neue Freundin gefunden. Deswegen fragte ich sie noch nach einem Treffen in den nächsten Tagen, bevor ich dann einschlief.
~
Am Mittwoch hatte es dann auch geklappt und Ava und ich verbrachten den ganzen Tag am See in der Nähe. Wir verstanden uns weiterhin supergut miteinander und daraus entwickelte sich eine tolle Freundschaft. Zwar konnte niemand meine Sydney ersetzen, aber ich war mir sicher, dass die beiden sich auch gut verstehen würden.
„Was ist eigentlich noch nach der Party passiert?", fragte Ava neugierig, als wir auf unseren Handtüchern lagen und uns in der warmen Sommersonne bräunten.
„Nun ja...", fing ich an und musste gar nicht erst überlegen, ob ich ihr die Wahrheit sagen sollte. „Ich habe bei Harry geschlafen."
Ava richtete sich etwas auf und ein verschmitztes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus.
„Warte! Lief da etwas zwischen euch?"
Ich schüttelte hastig mit dem Kopf und die Enttäuschung war meiner Freundin ins Gesicht geschrieben.
„Ich war viel zu betrunken und konnte so nicht nach Hause. Mehr war das nicht, wir sind nur Freunde oder so", erklärte ich.
„Freunde oder so?", wiederholte Ava meine Aussage skeptisch.
„Freunde, Bekannte... Nenne es wie du willst."
„Vertraute."
Mit angehobener Braue sah ich sie an. Wie meinte sie das denn jetzt?
„Ihr seid sehr vertraut miteinander, oder nicht? Also seid ihr Vertraute."
Kurz dachte ich über ihre Bezeichnung nach. Harry und ich waren uns tatsächlich vertraut. Ich hatte ihm schon einiges von mir anvertraut, vor allem die Geschichte mit Alexandra. Also hatte sie wohl Recht damit und es war ein Begriff, der auf uns zutraf. Und tatsächlich klang es auch viel besser und viel bedeutsamer als Bekannte oder andere Synonyme.
„Wir sind vertraute", bestätigte ich lächelnd.
~
"Eric hat mir geschrieben", bemerkte Ava, als der späte Nachmittag anbrach. "Er und die anderen kommen gleich auch zum See, bisschen trinken und chillen."
"Gut, ich wollte eh gleich gehen", sagte ich und setzte mich auf um schonmal meine Sachen einzupacken.
"Jazmyn", seufzte Ava und haute mir leicht gegen den Oberarm. "Du bleibst!"
Ich sah sie an und überlegte. Mittlerweile wusste sie schon, dass ich es gerne vermied, mit anderen Menschen zu sozialisieren und mich am Liebsten in meinem Zimmer verschanzte. Aber ich war ihr auch dankbar, dass sie sich nicht so leicht abwimmeln lies und sie mich dazu überredete zu bleiben, was sich meistens auch als eine gute Entscheidung erwies. Außerdem konnte man ihrem bettelnden Blick auch einfach nicht widerstehen - kein Wunder, dass Eric alles für sie tat.
"Na gut...", gab ich mich erschlagen und legte mich wieder zurück auf das Handtuch.
Warum reagierte ich auch auf alles immer erst so negativ und ablehnend? Es war immer das Selbe. Ich wusste doch eh, dass ich mich am Ende breitschlagen ließ und Spaß haben würde. Aber es war einfach eine dumme Eigenschaft von mir, die ich nicht so einfach loswerden konnte. Es nervte mich fürchterlich.
"Da sind sie ja", bemerkte Ava dann knapp eine Stunde später, als eine kleine Gruppe auf uns zugelaufen kam.
Ich hob meinen Blick und schaute direkt in die zwei grünen Augen, die ich die letzten paar Tage nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Harry und ich hatten seit dem Tag nach der Party nicht mehr miteinander geredet und es kam mir so vor, als würden wir uns unbewusst aus dem Weg gehen. Vielleicht dachte er auch, ich wäre sauer auf ihn und ließ mich deshalb in Ruhe. Immerhin hatte ich ja auch sehr deutlich gezeigt, dass ich nicht so locker mit der Tatsache umgehen konnte, dass ich bei ihm geschlafen hatte. Aber wahrscheinlich lag es auch einfach nur daran, dass Jayden die letzten Tage wieder nur mit Alexandra verbrachte und somit Harry auch nicht bei uns Zuhause war und wir keinen Grund hatten uns zu sehen. Außer an dem Tag nach der Party, wo er plötzlich bei uns in der Küche stand.
Jedenfalls sollte ich die Chance, dass er auch dabei war, nutzen und mit ihm reden, damit nichts mehr zwischen uns stand und wir wieder normal sein konnten. Das war ihm hoffentlich genauso wichtig wie mir.
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unexpected love || h.s
FanfictionMein Leben verwandelte sich erst in die reinste Katastrophe, als meine Erzfeindin vor mir stand und mein Bruder sie als seine neue Freundin vorstellte. Während ich dann versuchte, sie wieder loszuwerden, trieb mich das Drama in die Arme einer unerwa...