[2] Der Hauptgefreite

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Das dumpfe Pochen in meinem Kopf ließ langsam nach, und ich konnte wieder klarer denken. Ich lag in einem Zelt, umgeben von fremden Gesichtern. Einige von ihnen sahen mich besorgt an, andere waren zu beschäftigt, um Notiz von mir zu nehmen.

Wo bin ich? Ich versuchte, mich zu erinnern, aber es war, als ob eine dichte Nebelwand meine Gedanken blockierte. Ein Arzt trat an mein Bett. "Gut, du bist wach. Wie fühlst du dich?" fragte er mit einer Stimme, die gleichzeitig beruhigend und fordernd war.

"Ich... ich weiß nicht," antwortete ich schwach. "Wo bin ich? Was ist passiert?"

"Du bist im Hauptquartier der Aufklärungseinheit," erklärte er. "Wir haben dich schwer verletzt gefunden und hierher gebracht. Kannst du dich an etwas erinnern?"

Ich schüttelte den Kopf. "Nur Bruchstücke... da waren Titanen, und dann... Schmerz."

Er nickte ernst. "Das ist verständlich. Es wird eine Weile dauern, bis du dich vollständig erholst. Ruhe dich aus. Wir werden später weiterreden."


Die Tage vergingen in einem seltsamen Dämmerzustand. Manchmal war ich wach und beobachtete die geschäftigen Aktivitäten um mich herum. Manchmal war ich in einem tiefen, traumlosen Schlaf versunken. Die Leute hier schienen mich zu akzeptieren, auch wenn ich ein Fremder war.


Ich befand mich in einem Krankenbett. Die Krankenschwester hatte mir bereits erklärt, was passiert war. Sie erzählte mir, dass ich mir die Rippen gebrochen hatte. Zudem hatte ich durch eine Verletzung am Kopf meine Erinnerung verloren, so wurde es zumindest vermutet, da eine eindeutige Verletzung am Kopf nicht zu sehen war.

Die Krankenschwester erzählte mir, dass mich der Hauptgefreite Levi gerettet haben soll. Ich wusste nicht, wer er war, und doch interessierte er mich. Er war schließlich mein Retter, an den ich mich jedoch kaum erinnerte. Ich erinnerte mich lediglich an seine Stimme und seine grauen, kalten Augen.

Nach fünf Wochen auf der Krankenstation begann endlich mein neues Leben. Es vergingen ein Jahr und sechs Monate, seitdem ich meine Erinnerungen verlor. In dieser Zeit verging fast kein Tag, an dem ich nicht an meinen Retter dachte. Ich lernte in der Schule über ihn und den Aufklärungstrupp. Mir war klar, dass ich dem Aufklärungstrupp beitreten musste. Ich wollte unbedingt zur Elite gehören, so wie er!


Heute ist es soweit, ich fange meine Ausbildung zum Soldaten an. Vor dem Training wurden uns Zimmer zugewiesen, die Jungs waren getrennt von den Mädchen und in einem Zimmer waren immer zwei bis vier Rekruten untergebracht. Ich war in einem Zimmer mit einem schwarzhaarigen und einem braunhaarigen Mädchen, die ihre Haare in einem Zopf trug. Ihre Namen waren Mikasa und Sasha. Es dauerte nicht lange, bis wir uns gut verstanden. Wir erzählten uns ein wenig voneinander, bis wir zum Training gingen.

Beim Training angekommen stellten sich die Rekruten alle vor. Manche wurden ziemlich hart rangenommen, andere wiederum wurden gar nicht erst angesprochen. Meine Zimmergenossin Sasha wurde angesprochen, weil sie während der Rede von unserem Ausbilder eine Kartoffel gegessen hatte.

Der Ausbilder kam bedrohlich auf sie zu und fragte: "Was tust du da?"

Sasha schaute sich kurz um, um sicherzugehen, dass sie gemeint war, salutierte schnell und sagte schließlich: "I-Ich esse eine gedämpfte Kartoffel, Sir!"

Sie bot ihm daraufhin ein kleines Stück der Kartoffel an und sagte: "Hier, nehmen Sie die Hälfte."

Das kleine Stück war bei weitem nicht die Hälfte. Ich wusste nicht, ob sie das ernst meinte und mir entging ein kleines Kichern.

"Kadett, (N/N) ...?"

Mist.

Letztendlich mussten ich und Sasha bis spät in die Nacht Runden laufen. Nachdem ich meine Runden beendet hatte, machte ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer. Ich humpelte vor mich hin, da mir alles wehtat. Als ich um die Ecke im Gang bog, war ich kurz unaufmerksam und stieß in jemanden hinein.

Ich knallte hart auf den Boden, was mich kurz aufschreien ließ. Als ich hochblickte, sah ich einen relativ kleinen, schwarzhaarigen Mann auf mich herab blicken. Seine Augen kamen mir sofort bekannt vor.

"Sind Sie... der Hauptgefreite... Levi?" fragte ich überrascht.

"Ja," antwortete er ein wenig verwundert.

"Sie haben mich also damals gerettet," flüsterte ich, sodass er es kaum hörte.

"Hm?" gab er von sich.

Gott, ist das unangenehm. Was denkt der von mir jetzt? Erst laufe ich in ihn hinein und dann weiß ich nicht mal, dass er der Hauptgefreite ist, dachte ich.

Ich versuchte schnell aufzustehen, doch mir fiel es schwer, ich knickte immer wieder beim Versuch ein. Der Schwarzhaarige bot mir, als er bemerkte, dass ich alleine nicht aufstehen konnte, seine Hand an. Ich nahm sie dankend mit einem schiefen Lächeln an, meine Hand war leicht am Zittern, was er sofort bemerkte. Er guckte mich an und zog mich hoch. Ich spürte, wie mein Herz einen Aussetzer machte, als er mich in seine Richtung zog.

Aua!.. Warum drückt er meine Hand plötzlich so stark, was ist sein Problem?

"Geh auf dein Zimmer, Kadett. Du musst dich ausruhen, so können wir dich nicht beim Training gebrauchen," sagte er mir streng.

"Ja, Sir," antwortete ich. Ich verabschiedete mich mit einem Salutieren und machte mich daraufhin auf den Weg zu meinem Zimmer.

Shifting | Levi x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt