12. Today I felt like shit

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TRIGGERWARNUNG

"Don't be that way,
fall apart twice a day"

Billie:

Manchmal kommen diese Tage, an denen man das flaue Bauchgefühl nicht abschütteln kann. Als hätte man einen schlechten Traum gehabt, der einem die Adern gefrieren lässt und einen den Tag über verfolgt, wie der Nebel, der morgens über den Bergen steht. Tja, heute war einer dieser Tage für mich. Lucky me!

Aber vielleicht hatte ich dieses Gefühl auch selbst über mich beschworen, denn erst gestern hatte ich einen meiner schlimmsten Alpträume tatsächlich Realität werden lassen. Lasst mich euch eins sagen: Das Gefühl langsam in einer Menschenmenge zerquetscht zu werden, keine Luft mehr zu bekommen und schließlich darin unterzugehen ist kein Gutes!

Meine langen Fingernägel hatten deutlich sichtbare, rote Schlieren in meinen Handinnenflächen hinterlassen, noch bevor ich das Haus überhaupt verlassen hatte.

Als gegen Mittag mein Wecker zum sechsten Mal klingelte und ich mich aus dem Bett schliff, standen die Schatten noch immer tief unter meinen Augen, ein Spiegel meiner schlaflosen Nacht. So beschissen hatte ich mich seit langem nicht mehr gefühlt.

Der gestrige Tag ließ mich einfach nicht kalt. Lorena hatte sich bisher noch nicht gemeldet, wahrscheinlich würde sie das auch nicht mehr vor haben. Kein Wunder, immerhin hatte ich sie angelogen und dann auch noch den Tag ihrer Albträume wahr werden lassen. Ich würde es ihr nicht einmal übelnehmen, würde sie sich nie wieder bei mir melden. Ich war ja selber schuld! Mein Talent, alles Schöne in meinen Leben kaputt zu machen war mal wieder Spitzenklasse.

Völlig K.O schleppte ich mich in die kleine Küche, meine schlechte Stimmung blieb auch bei meiner Familie nicht unbemerkt. Nachdem ich nach meinem morgendlichen Matcha, liebevoll zubereitet von meiner mit schlechten Gewissen geplagten Mom, da sich das Internet mal wieder das Maul über mich zerriss, einigermaßen wach war, rief ich Finneas an.

Während es tutete, zog ich wahllos einige Klamotten aus meinem Schrank. Meine Wahl fiel auf einen schwarzen Pulli, mit passender Hose, die Farbe ein Ebenbild meiner fantastischen Stimmung. Den Rest der Kleidung warf ich achtlos aufs Bett.

Die Leitung klackte.

„Finneas? Bist du da?"
„Hey Bil, was gibt's?", seine Stimme hatte einen beruhigenden Unterton, und für einen kurzen Moment konnte ich aufatmen. Wahrscheinlich hatte er Mitgefühl mit mir, das riesige Theater, welches mich später noch zu erwarten schien, war unumgänglich. Das Management würde mich in der Luft zerreißen. Und wegen was? Ein 18-jähriges Mädchen wollte sich ein Getränk in der Mall holen!

„Kannst du mich gleich zum Meeting mitnehmen?", erkundigte ich mich, das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt, „i-ich fühl mich heute nicht nach alleine hinfahren und erst recht nicht mit Mom!", stammelte ich.

Toll Billie, reiß dich mal zusammen du Memme! Finneas hatte sofort bemerkt das etwas nicht stimmte, ging aber nicht weiter darauf ein: „Natürlich Bil, Claudia fährt mich und macht ein paar Erledigungen, während wir beim Management sind. Ist das okay für dich?"

„Mmmmhhh, ja", stimmte ich zu, meine Gedanken kreisten nun um das heutige Meeting. Nie hatte ich das Gefühl, jemand hörte mir zu, und all die Möchtegern wichtigen Menschen hatten nichts Besseres zu tun, als Entscheidungen über meinen Kopf hinweg zu treffen. Langsam fragte ich mich, wozu ich überhaupt noch anwesend war.

Bei der Erinnerung an den großen Raum von Interscope Records wurde mein Magen flau. An den dunklen Wänden hingen die Auszeichnungen anderer Künstler, aus der Ecke schaute mich mein eigener, damals noch blonder Schopf, an.

Who Am I? - Billie Eilish Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt