Who Am I? - Billie Eilish

5. Von Kunstsnobs und Vinyl

„What is it about them, I must be missing something"

Lorena:

Den ganzen Tag schon hing ich mit meinem Gedanken bei diesem Mädchen fest.

Billie.

Sie hatte einfach etwas an sich, dass mich fesselte. Vielleicht waren es ihre strahlend blauen Augen, ihr außergewöhnlicher Style oder sehr viel wahrscheinlicher, ihre selbstsichere Ausstrahlung und ihr I don't give a fuck - Vibe.

Bis jetzt war ich noch niemandem begegnet, der Billie auch nur ansatzweise ähnelte. Kein Wunder also, dass mich ihr Abbild vor meinem inneren Auge von meiner Arbeit ablenkte.

Nachdem ich mich morgens schon früh aus dem Bett gequält hatte, müde und hungrig zur Kunstakademie gelaufen war, ja, ich war wirklich eine halbe Stunde gelaufen, konnte ich nun bestätigen, die anderen Studenten mochten mich nicht.

Bereits als ich durch das breite Eingangstor kam, wurden mir komische Blicke zu geworfen.
„Ist das die Neue?", hörte ich einige Studenten murmeln?
„Sieht nicht so aus als könnte sie sich den Studienplatz leisten!"

Und ihr seht aus wie verweichlichte Snops, dachte ich mir und ging mit meiner Tasche an mich gedrückt an ihnen vorbei.

Toll gemacht Lorena, du hättest dir doch mal Mühe geben können mit deinem Outfit! Ich hatte meine blaue, etwas große Mom-Jeans an, dazu meinen flauschigen Samtpulli und schwarze Dog-Martins. Nun wurde ich schon an meinem ersten Tag von allen belächelt.

Als hätte es Gott mit mir heute besonders gut gewollt, konnte ich trotz meines Gebäudeplans den Unterrichts-raum nicht finden und traf zu allem Überfluss ganze zehn Minuten nach dem Klingeln ein.

Nachdem ich mich durch mehrere Stunden ästhetischer Forschung gequält hatte, in denen ich nur gelangweilt die Heftseiten bekritzelt und Löcher in die Luft gestartet hatte, wanderte ich nun durch die geräumigen Korridore der Akademie.

Mit meiner Hand fuhr ich über die alten Wände des Gemäuers und betrachtete einige Überbleibsel des alten Deckengemäldes. Ich erkannte einige Seerosen und Schilfhahne, die am Rande eines Sees wuchsen. Ob dieses Haus wohl früher eine Kirche gewesen war? Nein, dafür war es zu klein.

Meine Gedanken schweiften zu meinem knurrenden Magen ab. Gerade war Mittagspause, doch die Blöße, mich in die Kantine zu setzten, nur um von allen Blicke zugeworfen zu bekommen, wollte ich mir nicht geben.

Einen Kaffee könnte ich allerdings vertragen. Ob es hier wohl einen Automaten gab? Vermutlich nicht. In die Cafeteria traute ich mich trotzdem nicht.

Stattdessen gesellte ich mich erst für meinen Grundkurs für Ölmalerei wieder zu den anderen. Wobei... eigentlich stand ich auch nur mit Kopfhörer in den Ohren vor meiner Leinwand und konzentrierte mich darauf, den Scharm des Deckengemäldes aus dem Flur einzufangen.

„Lorena, mir gefällt dein Bild!", hörte ich jemanden sagen und drehte mich um. Hinter mir stand meine Lehrerin Miss Sulivan und lächelte freundlich. Wahrscheinlich war ihr aufgefallen, dass ich mich mit niemand anderem unterhielt.

Ich zog einen Kopfhörer aus dem Ohr lächelte schüchtern: „Dankeschön, aber es ist nur das Fresco aus dem Gang."

Miss Sulivan betrachtete nun ausgiebig meine Leinwand: „Das mag vielleicht sein, aber du hast ihm seinem Scharm zurückgegeben. Du hast wirklich ein Auge für Details!" Ihr Satz ließ mich erröten und ich machte mich weiter ans Malen.
„Ach und lass dich nicht einschüchtern von den anderen. Wir haben hier nicht oft Auslandsstudenten. Ziemlich sicher brauchen sie einfach ein bisschen Zeit, um warm zu werden", mit diesen Worten drehte sich Miss Sulivan um und ging wieder.