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Kalter Wind wich ungehindert unter mein Kleid.

Der dünne Stoff hob sich zwar nicht stark, aber dennoch zog sich die Kälte in meine Knochen, obwohl mein zusammen gekauertes Wesen kaum entblößt auf der Rückbank lag. Hände hinter den Rücken gelegt und schon im Fußraum baumelnd und Kopf ebenso wie Knie zur Lehne. Es schien mir sehr unbequem, aber mein Gefühl und meine Kraft wich nur sukzessiv in meinen frierenden Körper zurück, aber über meine Sinne hatte ich nach kurzer Zeit wieder meine Fähigkeiten so gut wie zurück erlangt. Aber dennoch hatte Sir eine davon stark eingeschränkt und mir meine Augen verbunden.

Er hatte mich ohne Weiteres unter Kniekehlen und Rücken von der Bank gehoben und in das Auto gelegt, worin wir uns beide nun befanden und er mich in ein mir unbekanntes Irgendwo fuhr. Sir hatte seitdem kein einziges Wort gesagt beziehungsweise abspielen lassen. Nur seit geraumer Zeit tippte er während dem Fahren hörbar etwas in sein Telefon ein und ich bangte bereits gespannt auf seine gewählten Worte.

Ich hatte in meiner jetzigen Position zwar kaum Angst oder der Gleichen, schließlich sah ich in Sir meinen Ausweg aus dem ganzen Schlamassel hier, aber dennoch wunderte ich mich über das, was er hier grade veranstaltete. Hinzukommend belächelte ich seinen Versuch mit den offenen Fenstern den Zigarettengeruch, den seine Kippe abgab verschwinden zu lassen, da man es ja doch riechen konnte. Ob er es für mich tat, bezweifelte ich, da ich viel lieber im Warmen liegen würde, als nicht diesen Geruch von Nikotin in der Nase zu haben. Er machte es daher eher für seine Anonymität, aber da hatte er den Versuch falsch durchdacht.

Mit Zuversicht lauschte ich in das dunkle Nichts um mich und versuchte dabei den Lärm des Automotors und das Pfeifen des Windes der um das Fahrzeug wich zu ignorieren. Ungehindert vernahm ich dadurch auch wie nach einer kurzen weiteren Weile das Tippen stoppte und er keinen weiteren Laut erzeugte.

Ich hörte ihn laut ausatmen, konnte es aber nicht zuordnen. Er schien beschäftigt in seinen Gedanken - zu mindestens vermutete ich dies. Ich aber war es auf jeden Fall. Zugern hätte ich mich darüber vergewissert wie er genau auf war, aber wie hätte ich das in dieser Lage tun sollen? Die Genesung brauchte schlechthin unendlich.

Sollte ich mich bei ihm in Sicherheit hegen? Angst hatte ich wie gesagt keineswegs welche, aber unsicher war ich allemal. Glich dies Zwang der Willensverweigerung oder einfach nur einer Hilfsaktion? Ich fühlte mich in seiner Gegenwart in einer fremden Zuversicht, gebündelt mit Fragen und Hoffnung. Aber was war, wenn ich mir das Alles nur einbildete und Sir etwas vorhatten, was in keinerlei Weise was mit Zuversicht oder Hoffnung zu tun hatte?

Ein Strudel von Bedenken und Furcht gemischt mit einem Wirrsal von Verlegenheit und einem Hauch an Erwartungen glich dem Bestand an Kälte in meinen Gliedmaßen durch diese Gedanken. Hinzukommend dieser langen Autofahrt wusste ich nicht was ich glauben sollte und was ich wissen wollte. Ich fühlte mich komisch. Und das kam alles aus dieser nächtlichen berauschenden Lage.

Plötzlich erklang ein leises Klicken und man erkannte durch das folgende Geräusch sofort, dass Sir die Fensterscheiben hoch fahren lies. Bestätigt wurde diese Annahme dadurch, dass der kalte Luftzug im Auto rapide stoppte und Wärme in das Innere des Autos wich. Es war weitaus angenehmer als zuvor.

Vorsichtig rieb ich meinen Schenkel aneinander und bewegte sachte meine Finger. Ein wenig Tatkraft kam mit der Wärme in mich zurück. Und diese sollte aszendent wieder beträchtlicher werden.

Grade als ich über die Möglichkeit nachdenken wollte, ob ich mich bald wieder bewegen konnte und es dann vielleicht wagen könnte mich blitzartig aufzurichten und somit in das Antlitz von Sir zu schauen, erklang ein helles Piepen und ein kurzes Ticken. Ich erschreckte mich postwendend und mich durchfuhr stechender Schmerz durch die gekrümmte Lage meines Körpers.

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