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Wir verabredeten uns direkt in Norderstedt am Schwimmbad. Rune, Niko und ich hatten ausgemacht, dass wir zusammenfahren würden. Wir mussten uns vor Rune nicht verstecken und konnten einfach wir selbst sein. Das tat wirklich mal wieder gut. Vor dem Eingang trafen wir uns mit den anderen. Mit am Start waren die beiden Landin-Brüder, Niclas, Gisli, Rune und Niko und ich natürlich. Ein verrückter Haufen, mit dem man gut Spaß haben konnte. Niclas postete daher auch sofort ein Bild auf Instagram.

Als wir dann reingingen, hielt ich Niko nochmal zurück. „Müssen uns nur schlau anstellen", raunte ich ihm ins Ohr, denn ich war wirklich auf ein bisschen Zweisamkeit aus... immerhin musste ich den ganzen Tag Nikos nackten Oberkörper anstarren. Da kann ich mich nicht so leicht zurückhalten! „Du bist unmöglich", entgegnete er mir. „Ich weiß", flüsterte ich an sein Ohr und drückte ihm einen kurzen Kuss auf. Lachend gingen wir den anderen nach. Rune warf uns schon wieder misstrauische Blicke zu, die ich mit einem Zwinkern quittierte.

An den Liegen trafen wir uns alle wieder. Während Niclas und Rune wie kleine Kinder direkt zu den Rutschen eilten, waren Gisli und Magnus noch immer nicht aufgetaucht. Niklas witzelte: „Wahrscheinlich können die beiden die Beschilderung nicht lesen und sind wieder aus dem Bad rausgelaufen". Als die beiden nach weiteren fünf Minuten allerdings noch immer nicht bei uns waren, machte Niklas sich wirklich Sorgen um die Zwei. „Da kommen sie", erlöste ich ihn und deutete zu den Duschräumen.

„Sollen wir auch rutschen gehen?", fragte Niko in die Runde. „Gute Idee, vielleicht sehen wir Niclas und Rune wieder", überlegte ich und zu fünft machten wir uns auf den Weg. Wir trafen ziemlich schnell auf unsere beiden Mitspieler, die jetzt schon sichtlich Spaß hatten. „Wo wart ihr denn so lange? Kommt, ihr verpasst alles", rief uns Rune zu. „Wir haben nur Anstand und warten, bis wir vollzählig sind", reagierte ich sofort. „Ich benimm mich im Training anständig, das reicht", lachte Rune und sprintete die nasse Treppe nach oben. Ob das gutgehen würde? „Irgendwann haut es euch noch auf die Fresse", prophezeite Niklas. Niclas verdrehte nur seine Augen und folgte Rune nach oben.

Nachdem wir einige Male gerutscht sind, gingen wir gemeinsam zum Wellenbad. Niclas war zwar nicht sonderlich begeistert, kam aber trotzdem mit uns mit. Die beiden Landins sowie Niko gingen sofort weit ins Wasser rein, Rune und Gisli befanden sich ein Stück weiter hinten. „Lass mal an Rand gehen, Raffi", meinte Niclas zu mir, der dieses Becken offensichtlich verabscheute. „So schlimm?", fragte ich. „Keine guten Kindheitserinnerungen", seufzte er, „ich war mit meinen Eltern in so einem Becken, dann kam eine Welle und ich wurde weggespült und habe sie nicht mehr gefunden... seitdem mache ich immer einen Bogen um die Dinger". „Ja, okay, dann kann ich es verstehen. Aber ins Kinderbecken gehe ich sicherlich nicht mit dir", lachte ich. „Ich versuche mich ja meinen Ängsten zu stellen, ich nähere mich Schritt für Schritt wieder an", meinte mein schwedischer Mitspieler. „Außerdem bist du jetzt groß und stark", fügte ich hinzu, „da spülen dich diese mickrigen Wellen nicht so leicht weg". Wir fingen beide an zu lachen und mit der Zeit gewöhnte sich Niclas wirklich daran und schien auch Spaß zu haben.

Apropos Wegspülen. Wie durch Zufall flog Niko mir in die Arme. Unschuldig schaute er mich an. „Ich wage mich mal zu Rune und Gisli", meinte Niclas und ließ uns zwei alleine. Ahnte er etwas?

„Ich liebe dich Steffen", flüsterte er und grinste mich schelmisch an. „Jetzt bist du unmöglich, aber ich liebe dich auch", lächelte und versuchte, dieses angenehme Gefühl seiner nackten Haut auf meinem nassen Körper zu verdrängen. „Es ist verdammt schwer, mich jetzt nicht sofort auf dich zu stürzen, hier laufen so viele Typen rum und auch Frauen, aber irgendwie kribbelt mein Körper nur, wenn du bei mir bist", gestand ich meinem Freund ehrlicherweise. „Dann lass uns kurz verschwinden", schlug er vor, „nur ein paar Minuten".

Dieses Angebot nahm ich an.

Wir verließen das Wasser und verschwanden hinter der nächsten Ecke. Dort verschränkten wir unsere Finger ineinander und führten einen intensiven Blickkontakt. „Kennen uns die Leute hier?", fragte Niko skeptisch. Wir schauten uns bisschen in der Gegend um, philosophierten über die Ziele uns Absichten dieser Personen und plötzlich küsste er mich einfach. Aus dem Nichts heraus. Zuerst war ich etwas überrumpelt, doch dann blendete ich alles um mich herum aus und genoss diese Unbeschwertheit. Es war so leicht, öffentlich seine Liebe zu zeigen, aber gleichzeitig war es auch so schwer. Ich hatte keine Angst davor, mich zu outen, aber ich fürchtete mich vor den Reaktionen und den Folgen.

„Ich glaub wir sollten wieder zu den anderen zurück, nicht dass die uns noch suchen", überlegte Niko. Ich nickte. Kaum waren wir zurück, überfiel uns Niclas: „Alter, wo wart ihr denn?". Vielleicht hatte er vorher doch nichts geahnt... es war komisch, jetzt wieder so zu tun, als wären Niko und ich einfache Mannschaftskameraden, im besten Fall Freunde. Es machte mich einfach nur fertig! Wir gingen nochmals zu den Rutschen, doch dieses Mal zog alles irgendwie an mir vorbei. Meine Gefühle zu Niko waren stärker als alles andere in diesem Moment. Ich wäre gerne mit ihm zusammengerutscht, doch er hatte mich abgewiesen, also rutschte ich zusammen mit Rune im Reifen nach unten.

„Alles gut bei dir?", fragte er als wir um die erste Kurve verschwunden waren. „Muss", antwortete ich knapp. „Du siehst aber nicht so aus", stellte er klar. Ich zuckte bloß mit den Schultern. Außerdem waren wir jetzt sowieso unten und das Gespräch war automatisch beendet. Diese eine Runde mit Niko kostete ich voll aus, wir küssten uns, aber auch diese Fahrt war viel zu schnell vorbei und unten wurden wir schon wieder dumm von Rune angemacht, der uns mal wieder „erwischt" hatte.

Danach beschlossen wir, etwas zu essen. Wir setzten uns an einen größeren Tisch und sprachen kaum miteinander. Jeder war in sein eigenes Essen vertieft und als wir fertig waren verteilten wir uns auf den Liegen im Bad. Ich hörte etwas Musik, Niklas und Rune schliefen, Niko beobachtete die anderen Leute und Niclas und Gisli unterhielten sich. Die beiden standen auch wenig später auf und gingen wieder ins Wasser. Langsam wurde mir auch langweilig und jetzt war die beste Zeit, um alleine mit Niko zu sein. Ich setzte meine Kopfhörer ab und stupste meinen Freund an. „Komm mit", meinte ich zu ihm. Sein Blick haftete schon länger an einem Punkt. Ich schaute in dieselbe Richtung und da standen zwei Männer, die sich gerade küssten. Ich lächelte Niko an. „Was machen wir?", wollte er wissen, während er weiter meine Hand hielt. Ich sagte nichts, sondern zog ihn einfach mit mir und blieb vor dem Thermalbecken stehen. „Au ja", strahlte er und ließ meine Hand nun los. Erstaunlicherweise war gar nicht so viel los hier und gerade war es mir auch egal, ob man uns beide nun zusammen sah oder nicht.

Wir schwammen in den Außenbereich und ließen uns am Rand nieder. Ich legte meine Hände um Nikos Hals und küsste ihn. Das musste sein. Ich konnte mich einfach nicht mehr beherrschen. Jetzt ging auch noch der Strudel hinter uns los und Niko schmiegte sich immer enger an mich, sodass er fast auf mir saß. Ich blendete alles aus, die Leute waren mir egal, mir war alles egal. Nur Niko und ich zählten. Mit seiner Hand griff er an meine Badehose, was mich aufstöhnen ließ und ich intensivierte unsere Küsse. Jetzt fuhr er mit seinen Fingern langsam unter meine Hose. Meinen Kopf legte ich in den Nacken, um ausreichend Luft zu bekommen, währenddessen verteilte Niko Küsse an meinem Hals. Er war so unglaublich perfekt und einzigartig! Ich krallte mich fest an seinen Rücken, wir waren nicht alleine hier, das war uns beiden bewusst, aber diesen Moment konnte uns keiner nehmen. Er nahm seine Hand wieder aus dem Wasser und griff an meinen Hals. Unsere Zungen spielten beim nächsten Kuss miteinander und ich realisierte immer mehr, wie sehr ich ihn doch liebte.

„Oh, oh, das gibt Stress", kicherte Niko und kletterte wieder neben mich. Seinen Arm hatte er trotzdem noch um mich geschlungen. Jetzt sah ich auch die Bescherung auf uns zuschwimmen. „Dachte mir schon, dass ihr hier seid", grinste Rune und blieb vor uns stehen. „Willst uns wieder sagen, wie fahrlässig wir doch sind?", äußerte Niko seine Vermutung, doch diesmal schien Rune es sich anders überlegt zu haben. „Ne, hier ist es okay, sind ja kaum Leute da und ganz will ich es euch ja nicht verbieten", meinte er zufrieden. „Wie gnädig von dir... Was machst du dann hier?", wollte ich wissen. „Wir haben vor zu gehen", erwiderte er, „Niklas wollte sich schon auf die Suche nach euch zwei machen, aber ich habe es ihm dann ausgeredet und bin selbst los, hab mir irgendwie gedacht, dass ich euch hier finden würde". Ich war wirklich froh, dass Rune diese Geschichte so locker sah. Er war echt ein wahrer Freund.

Zu dritt gingen wir also zurück. Die anderen erwarteten uns schon. Wir nahmen unsere Sachen, gingen duschen und trafen uns dann alle am Parkplatz wieder. „Essen wir auf dem Rückweg noch was?", kam es von Niklas. „Gerne. Würde aber sagen, wir fahren erst nach Kiel zurück und schauen da dann nach was", überlegte Niclas. „Ja, machen wir es so. Fahrt ihr uns nach?", mischte sich Rune ein. Wir machten uns also auf den Heimweg und verbrachten noch einen tollen Abend mit den Jungs, den wir bei einem gemeinsamen Bier ausklingen ließen. 

LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt