..76..

89 6 1
                                    

„Ach, ach, ach", grinste ich hinterlistig und legte meine Arme um die zwei Turteltäubchen, die sich gerade leidenschaftlich küssten. Die beiden fuhren auseinander und ihre Blicke waren einfach einzigartig. „Raffi, du hast mich zu Tode erschreckt", meinte Mariya und schaute mich mit großen Augen an. „Mariya Bilyk und Christian Dissinger – wer hätte das gedacht?", rief ich freudig. „Du hast es doch schon die ganze Zeit gewusst, gib's zu", lachte Disse und man sah ihm sein Glück einfach an. „Mich wundert es ja auch nicht, solange niemand bei der ganzen Sache verletzt wurde", setzte ich an und zielte natürlich auf Luca ab, was Mariya selbstverständlich klar war. „Alles geregelt", bestätigte sie mir augenzwinkernd. „Na dann gönne ich euch eure Zweisamkeit", meinte ich zu den beiden und lief schon Richtung Zimmer, als Disse mich nochmals aufhielt. „Was machst du eigentlich so ganz alleine hier vor Nikos Zimmer?", fragte er neugierig. „Naja, vielleicht bin ich gleich gar nicht mehr so alleine", grinste ich und wackelte mit meinen Augenbrauen.

Die beiden küssten sich seelenruhig weiter und ich hoffte inständig darauf, dass sie gleich ins Zimmer verschwinden würden, denn es konnte nicht mehr lange dauern, bis Niko hier aufkreuzen würde und dieses Bild würde sein Herz zerbrechen.

Seine Reaktion wenige Minuten später deutete allerdings darauf hin, dass er das Spektakel gesehen hatte, das sich draußen vor unserer Tür abspielte. Ich bekam ein schlechtes Gewissen, ich hätte Disse und Mariya einfach sagen können, dass sie aus dem Weg gehen sollten... genau aus diesem Grund spielte ich einen auf ahnungslos, was ich kurz darauf jedoch schon wieder bereute. Jedenfalls hatte Niko die Tür hinter sich zugeknallt und saß nun zusammengekauert auf dem Boden und schluchzte leicht. Mein Oberteil hatte ich bereits ausgezogen und auch der Bändel der Badehose war offen, doch nun musste ich mich erstmal um meinen traumatisierten Freund kümmern. „Draußen auf dem Flur", presste er hervor, „da waren Disse und... und meine Schwester... man Steffen, sie haben es mir versprochen, beide!". Gegen Ende wurde seine Stimme fester und ich hörte mehr Wut als Enttäuschung heraus. „Haben sie... haben sie rumgemacht?", tat ich einen auf ahnungslos und merkte im Nachhinein erst, wie dumm die Frage doch war. Hätte ja sein können, dass sie einfach nur nebeneinanderstanden und miteinander redeten. Das hätte Niko genauso aus der Bahn werfen können, doch ich sollte Recht behalten. „Ja verdammt... die haben sich gar nicht aus der Ruhe bringen lassen, der hat voll die Zunge in ihren Hals gesteckt und jetzt vögeln die wahrscheinlich noch neben uns!". Jetzt hatte endgültig die Wut und der Hass über ihn gesiegt. Mich machte das einfach traurig und ich versuchte, positiv auf ihn einzureden: „Deine Schwester ist 16. Wenn sie sich in Typen wie Disse verliebt, dann lass sie doch". Ich schmunzelte und fügte hinzu: „Die wird schon noch ihre Erfahrungen mit dem Faulsack machen". Niko schaute wieder auf und lachte das erste Mal wieder.

Für den restlichen Abend sah ich meine Aufgabe ab sofort darin, Niko von dem Disse-Mariya-Gedanken zu überzeugen. Es hatte keinen Wert, wenn er jetzt den ganzen Urlaub sauer auf seine Schwester wäre und am Ende würde dieses Thema wohl noch zwischen uns stehen. Jetzt aber stand erstmal Ablenkung auf dem Plan. „Ich find des grad alles andere als witzig", stellte Niko sofort klar. „Du grinst aber", wies ich ihn hin und zwinkerte ihm zu. „Ich hasse dich", grummelte er genervt. „Klang unten aber noch ganz anders... Niko", provozierte ich ihn ein wenig und er sprang darauf an. Wir fielen gemeinsam aufs Bett und ich lag nun über ihm. Kurz genoss ich diesen intensiven Augenkontakt, dann aber konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und küsste ihn. Er erwiderte sofort und während unsere Zungen miteinander kämpften, zog er langsam meine Badehose aus, sodass ich nun nackt über ihm lag. Auch seine Klamotten waren schnell Geschichte und all der Streit, all die Vorwürfe und all der Stress der letzten Wochen war verflogen. In diesem Moment gab es nur ihn und mich und ich hätte glücklicher nicht sein können.

Zufrieden kuschelte ich mich an Nikos Brust und drückte ihm dort leichte Küsse auf. „Das war schön", flüsterte er. „Ja, das war es", lächelte ich. Kurz war es still, dann meinte Niko: „Können wir so einen richtigen Neuanfang machen?". Etwas irritiert richtete ich mich auf und schaute ihn fragend an: „Wie meinst du?". „Wollen wir einen zweiten Versuch eingehen?", wollte er unverzüglich wissen, „jetzt wissen wir den Stand der Dinge, ich will dich, du willst mich, deshalb frag ich dich einfach, was mir auf dem Herzen liegt: Willst du mit mir zusammen sein?".

LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt