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„Jungs, wir haben einiges gutzumachen, und das erwarte ich auch von euch, die Fans erwarten es, die Handballwelt erwartet es. Aber ich glaube an euch, wir haben hart trainiert und ich bin mir sicher, dass ihr das heute auf die Platte bringen könnt. Also, gebt Vollgas, habt Spaß und jetzt geht euch umziehen". Alfreds Ansprache zog mehr oder weniger an mir vorbei. Ich hatte mich von Ina getrennt! Vielleicht nicht die besten Voraussetzungen, um ein gutes Spiel abzuliefern, aber daran konnte ich jetzt nun mal nichts mehr ändern.

Auch in der Kabine und später beim Warmmachen redete ich kein Wort. Aber niemand wollte auch was von mir. Das Einwerfen lief gut, ich durfte beginnen – und es lief! Und es ging mir mit jeder Spielminute, mit jedem Tor besser und ich spielte mich richtig in einen Rausch. Hinten hielt ich in der Abwehr dicht, fing die Pässe ab und spielte den Ball auf Niclas, der schon wieder fast vorne vor dem gegnerischen Tor stand. Hinten klatschten wir uns ab. Führung. 12-8. Aber hier war noch nichts entschieden. Paris nahm eine Auszeit und verkürzte auf 13-14. Eine halbe Minute war es noch zu spielen und wir waren im Angriff. Dule spielte mir den Pass und vor mir sah ich die Lücke. Ich täuschte zur Mitte an, nur um am Ende dann noch nach außen wegzugehen. Frei am Kreis kam ich zum Wurf, jedoch hämmerte ich den Ball mit voller Wucht gegen die Latte. Na super... Mikkel Hansen fing den Ball ab und schickte Uwe Gensheimer auf die Reise, der zum 14-14 traf. Das hätte auch anders aussehen können...

Gefrustet lief ich in die Kabine und ließ mich auf die Bank fallen. Alfred beruhigte mich sofort: „Alles gut, Steffen, war eine tolle Aktion". Ich seufzte und hörte mir die Besprechung der ersten Hälfte an. „Paris hat heute nicht den besten Tag und das müssen wir ausnutzen, kämpft genauso weiter, das war spitze bisher und Konzentration bei den Abschlüssen".

Das erste Tor der zweiten Halbzeit ging allerdings an die Franzosen, doch dann liefen wir zur Hochform auf. Jeder von uns. Unsere beiden Außenspieler rannten um ihr Leben. Gegenstoß für Gegenstoß konnten wir unsere Führung weiter ausbauen. In der zweiten Hälfte bekam Marko mehr Spielzeit, sodass ich nur in der Abwehr ranmusste, doch auch da konnte ich weiterhin überzeugen und wir spielten uns am Ende einen 30-23 Sieg heraus. Ich glaube, die ganze Halle atmete erst einmal erleichtert aus, dann ließen wir dem Jubel aber keine Grenze und freuten uns, als hätten wir gerade die Meisterschaft, die Champions League und den Pokal zugleich gewonnen.

Auch in der Kabine herrschte gute Stimmung und mittlerweile hatten sich auch Rune und Disse untergemischt, die ja das Spiel von der Tribüne aus verfolgen mussten. „Fehlt noch jemand?", fragte Niclas nach einer Weile. „Die meisten sollten da sein", beantwortete ihm Lukas die Frage. In dem Moment öffnete sich allerdings die Türe und Niko, Ole und Andi kamen noch dazu. „Seid ihr die letzten?", fragte Niclas bei seinem Positionskollege nach. „Ja, glaub schon". „Okay, habe was zu sagen, also Leute, ich schmeiß morgen ne Party! Nach diesem genialen Spiel heute haben wir uns das Feiern verdient und ich hab's ja im Trainingslager schon mal angekündigt, also morgen ist es dann soweit". „Geil!", grinste Andi sofort und auch vom Rest kam eine positive Reaktion. „Kommen da auch heiße Frauen für Niko?", fragte Zeitzi mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Musste man das verstehen? Wusste nicht, dass Niko auf Frauensuche war... „Ein paar heiße Girls sind schon da", beantwortete Niclas die Frage. Jetzt lachte ich doch und meinte: „Na das trifft sich ja gut, ich habe vorher noch mit meiner Freundin Schluss gemacht".

Jetzt starrten mich keine Ahnung wie viele Augenpaare an. Unsicher zuckte ich mit den Schultern. Disse meldete sich als erstes wieder zu Wort: „Ach, hast es jetzt endlich mal geschafft?". Kurz überlegte ich, dann bestätigte ich: „Ja, habe ich". „Wurde aber auch mal Zeit", ergänzte Rune, „seit Woche heulst du uns die Ohren voll, dass du es nicht hinkriegst". Er hatte ja irgendwo recht – erst hatte ich miese Laune, weil Ina weggegangen war, dann war alles wieder gut und alles war vergessen und plötzlich ging das ganze Drama wieder von vorne los. Also sagte ich kurzerhand: „Die Zeiten sind vorbei!". Und das waren sie auch! Davon war ich überzeugt! Ich war jetzt schon über Ina hinweg und konnte wieder tun und lassen, was ich wollte.

LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt