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Den restlichen Sonntag verbrachte ich also alleine bei mir zuhause. Ich war unschlüssig, was ich denken sollte. Ich selbst war ja nicht ganz unschuldig, hätte einfach sagen können, wir lassen es mit dem Sex. Nein, ich war auch hier zu egoistisch und dachte nur an meinen eigenen Spaß und jetzt hatte ich das Problem! Sally schrieb mir die nächsten drei Tage gar nicht mehr und meldete sich auch nicht in irgendeiner anderen Weise bei mir.

Erst am Donnerstag nach dem Training tauchte sie mit Mara zusammen in der Halle auf. „Hey". Ich steuerte auf die beiden zu. Es herrschte ein komisches Schweigen, bis Niko zu uns dazustieß und seine Freundin vor meinen Augen küsste. Das versetzte mir schon wieder ein Stich ins Herz. Als Sally und Mara kurz miteinander redeten schaute er zu mir und presste dabei seine Lippen zusammen. Er schaute mir dabei aber nicht direkt in die Augen. Wollte er mir damit irgendwas sagen? „Gehen wir, Niko?", fragte Mara dann schließlich. Mein Mannschaftskollege nickte, verabschiedete sich von uns und händchenhaltend verließen die beiden die Halle. Nun stand ich also alleine mit Sally hier und wir wussten beide nicht so recht, was wir sagen sollten. „Bist du mit Mara gekommen?", brach ich schließlich das eisige Schweigen zwischen uns. „Gelaufen", meinte sie knapp. Sie und gelaufen? Wann würde sie das denn tun? „Habe Mara nur durch Zufall hier gesehen", ergänzte sie nach wenigen Sekunden. „Willst du... willst du mit zu mir kommen", fragte ich sie zögerlich und wartete auf ihre Antwort. „Ja".

So wortkarg war sie noch nie. Wir hatten aber auch noch nie einen derartigen Streit.

„Ich wollte mit heute Abend Spaghetti kochen, willst du mitessen oder hast du schon gegessen?", fragte ich meine Freundin auf dem Weg zum Auto. „Ne, habe noch nichts gegessen". Ich legte meine Tasche in den Kofferraum und stieg dann in meinen Wagen. Auf der Fahrt zu mir nach Hause schwiegen wir uns wieder ein weiteres Mal an. Keiner wusste, was er sagen oder fragen sollte. Auf meiner Zunge brannten sämtliche Dinge, die ich gerne loswerden würde, aber ich versuchte mich zusammenzureißen, um nicht einen weiteren Streit zu provozieren.

Nach dem Essen gingen wir ein bisschen draußen spazieren, weil wir gesagt hatten, dass wir wirklich nochmal über die Sache reden sollten. „Ich habe die Pille danach dann genommen, du musst dir keine Sorgen machen", stellte Sally schnell klar. „Warum musste es überhaupt so weit kommen?", fragte ich in die kalte Herbstluft. „Es war blöd, ich hätte das einsehen müssen", entschuldigte sich meine Freundin. „Ja... das wäre das beste gewesen... du weißt doch, wir können uns beide beim Sex nicht zurückhalten", lachte ich leicht und wartete, ob Sally in mein Lachen einsteigen würde. Es dauerte wenige Sekunden, dann schmunzelte sie zumindest etwas: „Wir sind halt sexbesessen". „Naja, so kann man das auch ausdrücken", überlegte ich, immer noch mit einem Grinsen auf den Lippen. Etwas zögerlich griff ich nach ihrer Hand, die sie aber sofort annahm. An der roten Ampel blieben wir dann stehen und ich stellte mich vor sie hin. Ich wartete so lange, bis sie meinen Blick erwiderte, dann näherte ich mich mit meinem Gesicht und küsste sie. Erst vorsichtig, dann immer wilder und verlangender. Wir küssten uns so lange, dass die Ampel bereits wieder rot war, als wir uns voneinander lösten. „Das habe ich vermisst", flüsterte ich meiner Freundin ins Ohr und sah, wie sie rot anlief: „Ich aber auch, tut mir leid nochmal".

Damit war die Sache dann geklärt und ich konnte in der Nacht endlich wieder ruhig schlafen. Sally war daheim, da ich morgen schon wieder früh Training hatte und sie lieber ausschlafen und ihre Ruhe haben wollte. Für mich war das auch okay, da wir ohnehin schon ausgemacht hatten, dass wir uns abends mit Nathi und Niclas treffen würden. Niko und Mara konnten nicht, beziehungsweise wollten lieber ihre Zweisamkeit genießen. Erst war ich traurig, im nächsten Moment wurde mir aber bewusst, dass es vielleicht auch besser so war, denn ich konnte Niko noch immer nicht normal gegenübertreten und seine Blicke machten die ganze Sache nicht einfacher.

LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt