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Wir standen etwas abseits in der Ecke und machten dort weiter, wo wir innen aufgehört hatten. Ich vergaß alles um mich herum, wahrscheinlich auch besser so. Eines musste ich Mia wirklich lassen: Sie küsste verdammt gut! Ich legte meinen Kopf leicht zur Seite, doch plötzlich wurde es laut im Garten. Die Realität hatte mich wieder eingeholt und Sally stürmte wie eine Furie auf mich zu. Wenige Meter hinter ihr Mara und Nathi, die kläglich dabei scheiterten, meine Freundin auf irgendeine Art und Weise zu beruhigen.

„WAS FÄLLT DIR EIN, DICH HIER VOR MEINEN AUGEN MIT EINER ANDEREN ABZUGEBEN! DU SCHLECKST SIE AB, ALS HÄTTEST DU JEDES RECHT DER WELT DARAUF. ICH BIN VERDAMMT NOCHMAL DEINE FREUNDIN UND DU SOLLTEST HIER MIT MIR DASTEHEN. ICH GEHÖRE DIR UND NIEMAND ANDERES!".

Puhh. Etwas überrumpelt torkelte ich zur Seite, da der Alkohol noch immer seine Spuren hinterließ. Sallys Rede ging noch eine Weile so weiter, aber sie sagte eigentlich eh immer nur das Gleiche. Mara war mittlerweile mit Mia im Haus verschwunden.

„DU KANNST NICHT EINFACH SO TUN, ALS WÄRE ICH DIR EGAL. ICH HABE IMMER ALLES FÜR DICH GETAN, WAR IMMER FÜR DICH DA UND ICH HÄTTE NIEMALS AUCH NUR EINEN GEDANKEN DARAN VERSCHWENDET, DASS DU SO ETWAS TUN WÜRDEST!".

Was sollte ich daraufhin denn sagen? Es war nun mal passiert und daran konnte ich nichts ändern und im Nachhinein war ich jetzt froh, dass ich ihr den Ausrutscher mit Niko nicht erzählt hatte. So langsam fielen Sally keine Worte mehr ein und sie heulte nur noch. Auch ich saß zusammengekauert auf dem Boden und kämpfte mit den Tränen. Schließlich tauchte Disse mal wieder auf: „Huch, was ist denn hier los?", fragte er ahnungslos, „da drinnen heulen sie alle, hier heulen sie alle... HALLO! PARTY!". „Halt einfach deine Fresse, Disse", presste ich heraus, „ist grad echt nicht der angemessenste Zeitpunkt, um für gute Stimmung zu sorgen". „Ach Steffen Bärchen, du bist es, habe dich kaum erkannt da unten". Er versuchte weiterhin witzig zu sein, doch niemand konnte in dieser Situation lachen. Selbst die Leute, die das Geschrei hier gerade mitbekommen hatten schwiegen und trauten sich nicht, weiterzufeiern.

Also saßen wir da wie schweigende Lämmer und nur das Wimmern meiner Freundin war noch zu hören. Irgendwann stieß auch Rune wieder zu uns. Im Gegensatz zu meinem anderen werten Mitspieler erkannte er mich sofort und sagte: „Steffen, steh auf! Wir fahren". Ich hob meinen Kopf, blieb aber sitzen. Meine Augen waren so verklebt, aber so richtige Tränen wollten mir nicht kommen. „Gib mir deine Autoschlüssel, dich kann man nicht mehr ans Steuer setzen", forderte er und streckte mir seine Hand entgegen. In meiner Hosentasche kramte ich nach den Schlüsseln und überreichte sie ihm schließlich. Er half mir auf die Beine und wortlos trottete ich hinter ihm her zu meinem Auto. „Wie wär's mit Tschüss? War schön euch alle zu sehen?", brüllte Disse uns hinterher, aber weder Rune noch ich reagierten auf seine Worte.

...

Am nächsten Morgen pochte mein Kopf. Es war nicht nur der Alkohol, sondern auch die vielen Tränen und der ganze Stress, die zu dieser Situation beitrugen. Ich quälte mich auf und merkte dann erst, dass ich nicht daheim war und nicht in meinem Bett lag. Ich lag in gar keinem Bett, ich lag auf einem Sofa und draußen regnete es in Strömen. Super Wetter für eine super Stimmung! Ich hatte gar keine Zeit nachzudenken, wo ich war, denn ziemlich schnell ertönte eine Stimme hinter mir: „Ach gut, du bist wach. Habe dir ein Glas Wasser und eine Kopfwehtablette hingestellt, das sollte fürs Erste helfen". Im Zeitlupentempo drehte ich mich um. Mehr Geschwindigkeit war in meiner aktuellen Lage nicht drin gewesen. „Rune, ich weiß gar nichts mehr von gestern Abend", stöhnte ich gequält auf. Warum war ich überhaupt bei Rune gelandet?

Er setzte sich zu mir und schaute mich etwas mitleidig an. „Vielleicht besser, wenn du nicht mehr alles weißt", sagte er besonnen und reichte mir das Glas herüber. „Wie spät ist es?", fragte ich. „Halb zwölf, bis zum Spiel hast du noch paar Stunden Zeit", lächelte er. „Willst du was essen? War vorher schon beim Bäcker und habe Brötchen gekauft", sprudelte es aus ihm heraus und die ganze Rederei bereitete mir nur noch mehr Kopfschmerzen. „Lass mich erstmal einigermaßen wach werden", bat ich ihn, dann konnte er mich nochmals nach Essen fragen.

LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt