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„Komm, wir gehen ins Wohnzimmer", nuschelte Niko an meine Kopfhaut. Ich nickte leicht und wischte mir die Tränen ab. Wortlos setzten wir uns nebeneinander und jetzt suchte ich einfach die Nähe zu meinem Freund. Ich kuschelte mich eng an ihn heran und war einfach nur dankbar, dass er in diesen schweren Zeiten bei mir war. Ich hätte es ihm von Anfang an sagen müssen – dann wäre es nie zum Streit gekommen. „Wo ist das Kind jetzt?", fragte Niko. „Valeria schläft wieder", ließ ich ihn wissen und schniefte einmal. Kurz war es ruhig, dann meinte er: „Oh man, Steffen. Jetzt hast du also ein Kind". Er musste wahrscheinlich selbst erst einmal mit der Tatsache klarkommen und das konnte ich ihm nicht verübeln. Es wirkte alles so surreal – als wenn ich in einem Traum gefangen wäre.

„Ich weiß es auch erst seit wir von Skopje zurück sind", berichtete ich leise, „Sally stand mit Valeria vor der Türe, hat sie mir in die Hand gedrückt mit dem Worten 'ist dein Kind, ich will, es nicht'". Schon wieder flossen Tränen, als ich Niko die Geschichte erzählte. „Was hätte ich machen sollen?", schob ich gleich hinterher, „Ich kann es ja nicht wie eine alte Bananenschale in den Müll werfen". Mit seinem Daumen strich mir mein Freund über die Wange, um meine Tränen abzuwischen. „Du hättest jederzeit mit uns reden können, das weißt du. Wir wären alle für dich da gewesen", sagte Niko. „Ich hatte Angst", erklärte ich offen, „ich dachte, sie wollte mich verarschen. Ich hatte ihr nicht geglaubt". Ich erzählte vom Vaterschaftstest und meinem schlechten Umgang mit Valeria, wenn ich sie mal wieder alleine gelassen hatte. „Sprengi hat mir geholfen, aber das war auf Dauer auch keine Lösung. Ich liebe meine Tochter, aber ich packe das einfach nicht. Es wird mir zu viel", schluchzte ich und schon wieder kullerten Tränen über mein Gesicht. Niko beruhigte mich ein weiteres Mal und meinte schließlich: „Ich werde ab jetzt für dich da sein, zusammen schaffen wir das". Er fragte noch, was denn jetzt mit Sally sei. „Die ist nach LA ausgewandert", grummelte ich, „ich habe noch einen letzten Gruß von ihr bekommen, für sie ist das Kind kein Thema mehr. Sie ist weg. Das hat sie mit ihrem Brief deutlich gemacht".

Ich seufzte auf und ließ mich nach hinten fallen. Von der ganzen Heulerei hatte ich schon wieder höllische Kopfschmerzen. Eine Frage brannte Niko allerdings noch auf der Zunge und vor dieser hätte ich mich gerne gedrückt: „Wusstest du, dass sie schwanger war?".

~Flashback Kapitel 49~

„Lass mich rein", forderte sie. Ich nahm das Eis wieder aus meinem Mund und fragte: „Was willst du?". „Ich habe ein Problem und das geht auch dich was an", meinte sie genervt. [...] „Ich biete dir sowieso nichts zu trinken an, sag, was du sagen willst und dann verpiss dich wieder, will dich hier echt nicht mehr sehen", stellte ich gleich klar. „Gut, ja, ich will dich sowieso in deiner Müllhalde nicht länger aufhalten, deshalb sage ich es gleich: Ich bin schwanger, das Kind ist von dir und ich lasse es abtreiben".

[...]

Es fiel mir schwer, die richtigen Worte zu finden. Als Sally aber einen Abgang machen wollte, hielt ich sie am Arm fest und schaute sie zittrig an: „Woher... aber... du... ich meine". Mehr kam nicht aus mir heraus. „Ich bin in der fünften Woche [...]", erklärte sie. „Warum bist du dir sicher, dass es von mir ist?", fragte ich dummerweise. „Weil ich im Gegensatz zu dir weiß, dass man den Partner in einer Beziehung nicht betrügt! Ich hatte vor dir monatelang keinen Sex. Das Kind kann nur von dir sein... aber das kann dir eh egal sein, ich brauche keinen schreienden Säugling um mich herum, deshalb treibe ich ab".

[...]

„Du kannst es nicht abtreiben!", äußerte ich meinen Einwand. „Du musst das Kind ja nicht austragen, dir kann es ja egal sein, welche Schmerzen eine Geburt mit sich bringt... und wie soll das kleine Ding dann aufwachsen? Mit einem Vater, der nie daheim ist und einer Mutter, die es nicht haben will?", schrie sie mich an. „Sally!", flehte ich, „wir schaffen das irgendwie, aber bitte... bitte wirf es nicht weg wie ein Stück Dreck". „Ich lass mir von dir gar nichts mehr sagen", sagte sie und die Tränen liefen jetzt an ihren Wangen herunter. Sie schnappte sich ihre Tasche und rannte aus meiner Wohnung.

LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt