LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -

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Disse schaffte es, mit seiner nervigen Art, alle aus der Mannschaft zu überzeugen, dass sie mitkommen würden. Sogar Alfred war am Start und dieser wirkte fast noch begeisterter als Christian und das musste man erstmal schaffen. Sein Outfit war der Oberhammer. Hoodie mit Islandflagge und den entsprechenden Nationalflaggen und eine viel zu enge Jogginghose. Er wirkte ohnehin durch seine Vorfreude schon wie so ein kleines Kind. Und er packte genau eine einzige Taschenlampe für 16 Spieler und sich selbst ein. Was sollte das denn schon wieder werden? Die Sache gefiel mir wirklich gar nicht und ich hielt mich dieses Mal wirklich größtenteils an Niko, Disse und Rune. Ich will nicht behaupten, dass ich Angst hatte, aber mit Christian Dissinger an meiner Seite würde dieses Gefühl auch sicherlich nie hervorkommen.

Alfred blieb abrupt stehen und natürlich knallte ich direkt gegen ihn, sodass er einige Schritte nach vorne stolperte. „Sorry, Coach", entschuldigte ich mich kleinlaut, Alfred nahm es jedoch mit Humor. „Ihr schließt jetzt eure Augen", redete er los, als alle beieinander waren und ihn aufmerksam anschauen, sofern es in der Dunkelheit noch möglich war. Der Strahl seiner Taschenlampe fiel in den Nachthimmel und warf erschreckende Schatten auf sein Gesicht. „Ich werde zwei von euch berühren. Mit den anderen werde ich ein Stückchen weitergehen und anhand von Geräuschen oder Indizien müsst ihr uns wiederfinden. Es geht mir darum, dass ihr zusammenarbeitet, einen Kompromiss findet und euch schließlich einigen könnt, wohin ihr laufen wollt. Verstanden?"

Hä was?

Niemand hatte ihn verstanden. Sollte das eine billige Hänsel-und-Gretel-Nachmache werden? „Alfred, was genau hast du vor?", meldete sich Dule zu Wort und trat einen Schritt hervor. Ich glaube, unser Kapitän sprach in diesem Moment für alle. Alfred grinste allerdings nur so mysteriös und wiederholte nochmals seine Worte, dass wir doch alle die Augen schließen sollten.

Die wenigsten taten es. Warum ich das wusste? Ich hatte selbst meine Augen die ganze Zeit offen, nur als Alfred an mir vorbeischlich, schloss ich sie kurz. Ich sah dann, dass unser Trainer Niko antippte. Dieser hatte wirklich durchweg die Augen geschlossen und das gab mir irgendwie die Bestätigung, dass er vielleicht doch nicht ganz zu einem Christian Dissinger 2.0 geworden war. Dieser alberte nämlich nur wieder herum und machte sich zum Affen. Vielleicht war wirklich noch etwas zu retten bei unserem Österreicher.

„Niemand redet, kein Ton, ihr dürft alle wieder schauen". Leute wie Niclas Ekberg oder auch Raul Santos, gähnten einfach mal, um Alfred den Anschein zu erwecken, dass wir wirklich alle brav seinen Anweisungen gefolgt waren. Dieser schien übrigens auch keinen Verdacht zu schöpfen. Oder es war ihm einfach egal. Das lag in diesen Tagen wirklich auch drin. „Die angetippten schließen nochmals ihre Augen und starten, wenn sie ein Signal hören". Ich wurde ja nicht angetippt, also nutzte ich die Gelegenheit, um die zweite Person auffindig zu machen. Ich tippte ja irgendwie auf Lukas. Alfred zog mit uns anderen weiter und tatsächlich war es unser Schwede, der, wie Niko, fehlte.

Den Sinn dahinter verstand ich immer noch nicht ganz, Alfred jedoch heulte durch den Wald wie ein Wolf und diese Geräusche plagten uns noch einige Minuten. So merkte Alfred auch gar nicht, wie es ziemlich weit in der Ferne blitzte. Ich tippte Rune an, der wiederrum Alfred das Signal gab, dieser schaute ihn aber nur verwirrt an. Einige Meter von uns entfernt raschelten einige Äste und wir vernahmen zwei Stimmen. Hatten sie uns etwa so schnell gefunden?

„Alle leise", ordnete Alfred an, „und wenn sie uns anleuchten, dann erschrecken". Ihm war die Vorfreude wirklich ins Gesicht geschrieben und er war tatsächlich der einzige, der hier Spaß hatte. Wir wollten doch nur eine Nachwanderung machen!

Die Schritte kamen allerdings nicht näher, sondern entfernten sich wieder.

Und die Blitze erleuchteten immer häufiger den Nachthimmel, sodass nun auch unser Trainer darauf aufmerksam wurde. „Scheiße, Leute, wir müssen was machen", jammerte Disse panisch und lief hektisch auf und ab, „wir sind im Wald, verloren, das ist unser Tod, wir werden nicht überleben, wir haben zwei Spieler verloren. Alles Schicksal. Schicksal ist das. Nicht mehr und nicht weniger. Leute, ich liebe euch alle, ich will noch nicht sterben, ich bin doch ein guter Mensch, HILFEEEEEE". „Disse, Fresse jetzt!", maulte ihn Rune an und unser Rückraumspieler verstummte. „Ich suche sie!", erklärte ich. Wir konnten Niko und Lukas nicht alleine im Wald zurücklassen. „Ich komme mit!", stieg Disse sofort ein, dieser wurde aber sofort von Alfred, Rune und mir aufgehalten. „Du findest nicht mehr zurück, Disco", erklärte Alfred sachte und ich meinte nur: „Du hast genug angerichtet. Schau zu, dass du nicht noch mehr kaputt machst".