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Niko nickte. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Lief es zwischen den beiden vielleicht doch nicht so gut, wie ich vielleicht erwartet hatte? Voller Unschlüssigkeit versank ich in meinen Gedanken und bekam nur am Rande mit, wie wir von irgendwelchen Mädchen angesprochen wurden. Niko faselte ununterbrochen irgendwas, ich äußerte mich lediglich in Blicken und Gesten, ab und zu brachte ich auch mal einen halben Satz zustande, aber ich überlegte immer noch, wie ich Niko die Wahrheit sagen konnte.

„Komm mit", meinte er schließlich und stand auf. Etwas verdattert blickte ich zu ihm. „Wohin?". „Hier ist es doof, wir setzen uns jetzt in irgendeine Kneipe und verbringen den Abend zu zweit", klärte er mich auf. Wir? Zu zweit? Er und ich? Ich wusste nicht, ob das wirklich die beste Idee war... War es nicht eigentlich sogar genau das, was ich eigentlich vermeiden wollte? Oder war es das, was ich mir innerlich nur so sehr wünschte?!

„Zwei Cola bitte", bestellte ich für uns beide. Wir waren schon gut angeheitert und mehr Alkohol musste unter diesen Umständen vielleicht wirklich nicht sein. Niko war weiterhin in redseliger Laune: „Was hast du jetzt nach dem Training noch gemacht?". Meine Antwort fiel kurz und knapp aus: „War daheim". Naja, es war ja die Wahrheit. Außerdem wusste ich nicht, ob es ihn interessierte, ob ich jetzt meine Küche und das Bad geputzt hatte oder nicht. „Alleine?", fragte er sofort weiter, „Sally war doch mit Mara und so weg". „Ja", erwiderte ich. Etwas besorgt schaute er mich an: „Alles klar bei dir?". Ich seufzte, schaute aus dem Fenster raus und meinte schließlich etwas scharfer: „Sehe ich so aus, als sei alles klar?". Im nächsten Moment tat mir mein Tonfall schon wieder leid. Niko konnte nichts dafür. Er konnte nichts für meine schlechte Laune und er konnte nichts für meine Gefühle, aber er war der Grund für all das. Und Sally. Aber über die wollte ich jetzt erst recht nicht reden. „Willst du reden?", fragte mein Gegenüber daraufhin mit ruhiger Stimme. Wieso war er so verdammt nett zu mir? So nett zu mir nach meinem Ausraster in Magdeburg, als ich ihn angeschrien habe? So nett, nachdem ich ihn einfach im Trainingslager aus heiterem Himmel geküsst habe?

„Niko, ist lieb gemeint, aber ich... ich weiß grad selber nicht mehr weiter", gestand ich leise. In meinem Kopf spielten sich sämtliche Szenen der vergangenen Wochen ab und ich wurde das schlechte Gewissen einfach nicht mehr los. Also schlug ich irgendwann vor: „Wollen wir vielleicht über irgendwas Schönes reden".

Ja, es klang extrem bescheuert. Das schnallte auch Niko, trotzdem lächelte er mich an und sagte fröhlich: „Klar". Er war so ein guter Kerl!

Ich fing einfach an über die alten Zeiten zu sprechen, erzählte von meinen peinlichen Erlebnissen als Jugendlicher, von meinen letzten Urlauben und ich konnte endlich mal wieder unbeschwert und ehrlich lachen. Es machte mich glücklich. Niko machte mich glücklich und ich merkte, wie viel Spaß er doch selbst auch hatte. Das stimmte mich positiv.

„Zwei Bier noch bitte", orderte Niko nach einer Weile. Er schaute mich an und wir fingen urplötzlich an zu lachen. Es war so schön der Abend. Mittlerweile war ich wirklich froh, dass ich doch noch gekommen bin und ich bin auch froh, dass ich wieder normal mit Niko umgehen kann. Ich hätte es nicht ertragen, wenn er mich ignoriert und wie Luft behandelt hätte.

„Soll ich dich heimfahren?", fragte ich dann schließlich doch irgendwann, als die Müdigkeit langsam über mich siegte. „Wie viel hast du getrunken?", fragte Niko weiterhin lachend. „Paar Bier, bin noch auf dem Level". Irgendwie hatte ich den ganzen Wodka zu diesem Zeitpunkt verdrängt, aber ich fühlte mich wirklich bereit zum Fahren. Die Polizei sah das vielleicht ein bisschen anders, aber ich war davon überzeugt, dass ich Niko sicher nach Hause bringen würde. Wir standen direkt voreinander und blickten uns in die Augen. Ich spürte schon wieder dieses Verlangen. Ich konnte mich beherrschen, aber eigentlich wollte ich mich gar nicht beherrschen. Dennoch hatte ich im Hinterkopf den Gedanken, dass ich eine Freundin hatte und Niko auch. Selbst Niko regte sich nicht mehr und ich hatte einen kurzen Moment das Gefühl, als würde er genauso empfinden. Als hätte er die gleichen Bedürfnisse. Er wandte sich dann allerdings ab und wollte wissen, wo es zu Disse gehe. Es dauerte kurz, bis ich mich wieder richtig fassen konnte und wieder auf der Höhe war. „Da lang", meinte ich und lief los.

LIEBE auf den zweiten Blick - Steffen -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt