Kapitel 1

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Jahrhunderte zuvor...

Dayan lief so schnell es ging zurück. Seine kleinen Beine trugen ihn in Richtung des Spielplatzes, auf dem er sein kleines Holzschwert vergessen hatte, das sein Vater ihm geschenkt hatte. Auf dem Heimweg war es ihm siedend heiß eingefallen und er war sofort umgedreht. Als er bei den Bauten des Spielplatzes ankam, begrüßten ihn bunte Farben. Mehrere Schaukeln in allen Farben, kleine und große Hindernisse, an denen man hochklettern und sich verstecken kann.

Ein kleiner Turm konnte mithilfe eines Seils erklommen werden, von dem aus eine Brücke zu einer Plattform führte. Ein Seilgeflecht wanderte von dieser Plattform schräg nach unten. Neben diesem war eine große Kugel, deren einziger Zugang an der Oberseite war. Mithilfe von Metallplättchen konnten man sich dort hochziehen.

Dort musste es sein, er war sich sicher. Als er auf die Kugel zusteuerte, hörte er plötzlich wunderschöne Laute, die die Luft um ihn herum erfüllten. Er hielt inne und schloss die Augen. Die Melodie umschlang ihn und ließ ihn fliegen.

Fliege hoch mein kleiner Vogel,
Fliege hoch, soweit es geht,
Doch gibt acht mein kleiner Vogel,
Sinke, wenn der Wind sich dreht.

Er sah den satten blauen Himmel und fühlte sich schwerelos. Er breitete seine Flügel aus und flog. Der Wind fuhr durch seine Haare und rauschte in seinen Ohren. Dann verstummte diese herrliche Stimme plötzlich und das Bild und das Gefühl verschwand wie eine Seifenblase, die zerplatzte.

Er öffnete enttäuscht die Augen und schaute in ein paar glühender Rubine. Glänzendes schwarzes Haar mit grünlichem Schimmer wehte im Wind, der über den Spielplatz fegte. Rosa Lippen auf alabasterfarbener Haut. Das Wesen, das ihn von oben aus ansah, war das schönste, das er je gesehen hatte. Dayan konnte seine Augen nicht von diesem losreißen.

„Was willst du hier?", fragte dessen melodische Stimme, doch Dayan konnte nicht antworten. Er stand dort, sprachlos, verzaubert.

„E-Es t-tut mir l-leid", stotterte Dayan – unfähig, sich von dem Wesen vor sich zu lösen.

Der Junge rutschte die Kugel hinunter und stellte sich vor ihn. Er war etwas kleiner als er selbst, doch dies schien ihm egal zu sein.

„Wer bist du und warum hast du gelauscht?", fragte ihn sein Gegenüber. Dayan musste seine Gedanken ordnen. Was wollte ich hier noch? Ich habe irgendetwas gesucht. Schwert, mein Schwert.

„Ich habe mein Schwert gesucht", antwortete Dayan, ohne auch nur eine Sekunde den Blick abzuwenden.

Der Junge drehte sich um und holte hinter der Kugel ein kleines Holzschwert hervor. Mein Schwert. Doch irgendwie konnte er sich nicht auf das Schwert, das ihm hingehalten wurde, konzentrieren. Geistesabwesend nahm er dies mit einem leisen „Danke" an.

Dann drehte sich der Junge um, um zu gehen. Ohne nachzudenken, reagierte sein Körper und seine Hand schloss sich um den alabasterfarbenen Arm. Der Junge drehte sich um und schaute ihn fragend an.

„Was soll das? Bitte lass mich los."

„Name." Verwirrte Augen schauten ihn an.

„Entschuldige. Darf ich deinen Namen erfahren? Ich heiße Dayan."

Ein bezauberndes Lächeln erschien auf diesen rosa Lippen.

„Latíz." Mit diesen Worten verschwand das zauberhafte Wesen.

„Latíz", flüsterte Dayan. An diesem Tag hatte er sein Herz verloren.

In der Nacht träumte er von dem fremden Jungen und dessen magischer Stimme. Ich will ihn wiedersehen.

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt