Dayan klopfte mit einem Tablett in der Hand an die Schlafzimmertür. Es war nun zwei Wochen her, seit Nix mit dem Kamm zurückgekehrt war. Er war völlig verdreckt und erschöpft aus dem Portal geschritten. Seine Augen leer. Lyric war nicht bei ihm gewesen. Es hatte Stunden gedauert, bis Nix endlich erzählt hatte, was passiert war. Im Anschlus hatte er sich in der Fötus-Haltung in seinem Bett zusammengerollt und geweint.
Nix hatte tagelang nach Lyric gesucht, hatte nach der Brücke gesucht, doch er hatte nichts gefunden. Sie waren beide verschwunden.
Dayan wusste nicht, wie er seinem Freund helfen konnte. In den vergangenen Tagen hatte er sich mit Astaroth zusammengesetzt und beide hatten mit ihren Kontakten versucht, mehr über die Brücke herauszufinden.
Dayan war in das Gebiet gereist und hatte mit einer Truppe danach gesucht, alles vergeblich. Sie blieb verborgen und Lyric verschwunden. Es gab keine einzige Spur. Durch Lyrics Abwesenheit waren Nix' Fähigkeiten ungefiltert zurückgekehrt. Er konnte an den Treffen nicht teilnehmen, da die Stimmen es ihm unmöglich machten, länger als zehn Minuten mit anderen in einem Raum zu sein.
Als Dayan die Tür öffnete, erwartete ihn ein dunkles Zimmer. Er aktivierte die Leuchtsteine und ging zum Bett. Er stellte vorsichtig das Tablett ab und setzte sich neben seinen besten Freund.
„Tíz, du musst was essen."
„Ich habe keinen Hunger. Er ist nicht da." Tränen liefen erneut über die bereits geschwollenen Wangen des Orakels.
Dayan wusste, dass er damit nicht den Hunger meinte.
Das Orakel war von der ersten Phase der Trauer über seinen Verlust bereits in die zweite übergegangen. In den Tagen nach Lyrics Verschwinden hatte die erste Phase, die Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens begonnen. Wie ihm Wahn hatte er ihn gesucht, wollte glauben, dass es nur ein schlechter Traum gewesen war, dass er ihn finden würde. Doch er hatte ihn nicht gefunden.
Dann hatte die zweite Phase begonnen, die Phase der aufbrechenden Emotionen. Zunächst hatten brennende Wut und Hass in ihm gewütet. Hass auf Schicksal, Hass auf den Wächter, doch am meisten, der Hass auf sich selbst. Durch seine Unaufmerksamkeit hatte er Lyric verdammt. Aus diesen wurden dann Trauer, tiefe Trauer. Trauer über den Verlust seines Liebsten. Er hatte begonnen sich im Zimmer einzusperren und zu weinen. Er verweigerte jegliche Nahrungsaufnahme und wurde von Tag zu Tag schwächer.
„Er würde nicht wollen, dass du dich selbst bestrafst. Das weißt du", sagte Dayan, wollte ihm helfen.
„Was er will, weiß niemand, denn er ist nicht hier. Er ist nicht hier, um mich zu schimpfen. Er ist nicht hier, um mich zu necken. Er ist nicht hier, um mich zu umarmen. Er ist einfach nicht mehr da."
Dayan ballte die Faust. Er konnte Nix nicht trösten, konnte ihn nicht berühren. Er durfte auch nicht zu lange im Raum bleiben. Hölle, es musste doch eine Lösung geben. Dayan stand auf und ging zur Tür. Es gibt immer eine Lösung und ich werde sie finden.
Nach wenigen Tagen öffnete sich die Tür erneut. Doch diesmal stürmte Dayan herein.
„Tíz!"
Nix grummelte, bewegte sich keinen Millimeter.
„Hölle, Tíz! Steh auf! Wir haben einen Hinweis."
Nix brauchte einen Moment, bis die Nachricht zu durchgedrungen war. Sein Oberkörper schnellte nach oben und er schaute seinen Freund an. „Du lügst", sagte er.
Das war bestimmt nur ein Trick, um ihn dazu zu bewegen, aufzustehen oder etwas zu essen.
„Nein. Jetzt beweg deinen Arsch her oder ich schleif dich zu der Besprechung. Zack hat etwas gefunden."
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Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅
Fantasi„Was hattest du vor?", fragte er mit kaltem Blick. Nix schaute ihn nur verwirrt an. Hatte er etwas falsch gemacht? Sein Herz raste. Das war knapp gewesen. Er könnte sich für seine Dummheit schlagen. Diesen Fehler würde er nicht noch einmal machen...