Kapitel 34

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Als er das nächste Mal die Augen öffnete, erstrahlte eine tiefe Dunkelheit vor ihm. Nichts. Ist das der Tod? Eine endlose Leere?

„Öffne die Augen, Lyric", hörte er Toris Stimme.

Was meint er? Meine Augen sind doch offen. Plötzlich drang Licht ins Dunkel. Die gesamte Umgebung begann zu flimmern, sich zu bewegen, nahm Form an. Häuser erschienen, Bäume und Pflanzen wuchsen aus dem erdigen Boden, auf dem er nun stand. Es dauerte einige Minuten, bis er es fassen konnte. Das ist nicht möglich. Er drehte sich um und betrachtete das Haus, vor dem er stand. „Unmöglich."

Tori stellte sich neben ihm. „Das ist also dein Zuhause?", sagte er mit einem Lächeln.

Lyric stand vor dem Haus seiner Eltern in seinem Dorf. „Das kann nicht sein. Das Dorf wurde zerstört. Der Angriff -", dann brach er ab. Er stand in seiner alten Heimat, dem Dorf, in dem er aufgewachsen war. Es sah alles haargenau aus, wie es vor dem Angriff gewesen war. Seine Erinnerung daran war glasklar vor ihm.

Wenn ich hier in meinem Dorf bin, bevor es zerstört wurde, ist dann...

„Ilyric?", erklang eine helle, weibliche Stimme.

Lyric wirbelte herum und seine Augen rissen sich vor Schreck auf. Lange silberne Haare und obsidianschwarze Augen mit dem charakteristischen Silberring schauten ihm entgegen – sein exaktes Ebenbild. Die Frau kam auf ihn zu und legte ihre Hand an seine Wange. Er spürte ihre warme, beruhigende Berührung.

„Liebling, bist du es wirklich?", fragte die etwas kleinere Dämonin.

„Mutter?"

Die Dämonin begann zu lächeln, zog ihn in eine stürmische Umarmung und begann zu weinen.

„Oh mein Sohn, du bist es wirklich!", schluchzte sie.

Lyric stand dort wie erstarrt, wusste nicht wie ihm geschah. War das wirklich seine Mutter? Das ist nicht möglich, sie ist gestorben. Dann verstand er es endlich. Er erwiderte die Umarmung seiner Mutter und begann ebenfalls zu weinen.

„Ja, Mutter, ich bin es."

So standen sie eine dort eine Weile, bis eine fremde männliche Stimme sie unterbrach.

„Liebling, alles in Ordnung?"

Lyric schaute nach oben und schaute in männliches Gesicht mit harten Kanten, so anders als das seiner Mutter und doch unverkennbar.

„Vater?"

Der Dämon mit den kurzen, grauen Haaren und blauen Augen schaute ihn überrascht an.

„Ilyric?", fragte er mit zitternder Stimme.

Vorsichtig löste sich Lyric von seiner Mutter. Ohne Vorwarnung ging er auf den Runendämon zu und schloss ihn fest in eine Umarmung. „Ja, Vater."

Dieser erwiderte nach kurzem Zögern seine Umarmung. Lyric war zuhause, bei seinen Eltern in seinem Dorf.

„Liebling, komm doch erst einmal herein, dann können wir uns in Ruhe unterhalten", sagte seine Mutter und Lyric nickte.

„Wo ist denn der... Wächter?", fragte sein Vater mit einem nervösen Gesichtsausdruck. Erst jetzt realisierte er, dass Tori nicht mehr da war.

Sprich dich erst einmal mit deiner Familie aus. Ich werde bald zu dir stoßen.

Toris Stimme schien nur in seinem Kopf zu sprechen, denn seine Eltern standen mit fragendem Blick vor ihm.

„Er kommt später", sagte Lyric, was seine Eltern zu beruhigen schienen. Warum verhalten sie sich so seltsam? Doch seine Mutter hatte seine Hand ergriffen und zog ihn in ihr Haus. Sofort begrüßte ihn die vertraute Wärme und Atmosphäre, die er seit Jahrhunderten nicht mehr gespürt hatte.

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt