Kapitel 35

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Eines nachts entschied sich Lyric dazu, aufzustehen. Er wollte nicht schlafen und von seinem Orakel träumen. Die Sanduhr hatte sich schon zu zwei Dritteln gefüllt und es war immer noch kein Zeichen von Nix weit und breit zu sehen. Doch er gab nicht auf.

Nach etwa einem Monat hatte Tori ihm die Erlaubnis erteilt, den Raum nach Belieben zu verlassen. Er trat in das Dunkel und Sekunden später erschien der Ort, an den Lyric dachte. Er saß auf einer Lichtung in seinem alten Zuhause mit einer dampfenden Tasse Tee in der Hand. Um nicht zu frieren, hatte er eine warme Decke um sich geschlungen und schaute zu den Sternen auf.

Er spürte einen Magieanstieg hinter sich, kurz darauf setzte sich Tori neben ihn. Lyric nahm einen Schluck aus seiner Tasse und schaut in den Himmel. Der warme Tee sammelte sich in seinem Magen und wärmte ihn von innen heraus.

„Was machst du zu so einer späten Stunde hier?", fragte der Gott freundlich.

„Ich konnte nicht schlafen", antwortete Lyric wahrheitsgemäß. Er wusste nicht, ob Tori von seinen Schlafproblemen wusste oder nicht, es war ihm auch egal.

„Was treibt dich hierher?", fragte er den Gott.

„Ich habe gespürt, dass du deinen Raum verlassen hast. Also bin ich hergekommen."

Also weiß er genau, wo ich bin und was ich mache?

Sie saßen eine Weile lang dort und schwiegen. Der Gott machte zu Lyrics Leidwesen keine Anstalten, ihn alleine zu lassen. Er drehte den Kopf und musterte Tori, der neben ihm saß. Jeder hätte ihn als atemberaubende Schönheit beschrieben. Das silberne Haar fiel ihm wie ein Wasserfall über die Schultern und seine Haut war makellos. Er hatte ein fein geschnittenes Gesicht mit hohen Wangenknochen und einer majestätischen Nase.

„Wie bist du eigentlich der Wächter des Tors zum Reich der Verstorbenen geworden?", fragte Lyric, um die Stille zu durchbrechen.

Tori schaute ihn überrascht an. Hat er etwa Interesse an mir?, dachte Tori und ein warmes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Es war Jahrtausende her, dass sich jemand für ihn interessiert hatte.

„Ich erzähle es dir, aber das wird eine längere Geschichte. Bist du dafür fit genug?"

Lyric schaute ihn nachdenklich an. Er lehnte sich zurück und machte es sich auf dem Baumstamm bequem. „Gut, leg' los. Ich bin bereit."

Tori musste lächeln. „Gut. Es begann vor sehr langer Zeit, ich kann mich nicht einmal mehr an die Anzahl der Jahrhunderte erinnern."

Lyric schloss die Augen und hörte der weichen Stimme des Gottes zu.

„Damals war ich einer von vielen Göttern, die unter der Leitung der höchsten Gottheit stand. So wie es bei den Dämonen und Menschen einen König gab, so gibt es diesen auch unter uns Göttern. Dieser schuf damals die Rasse der Menschen, seine Kinder waren die Engel. Die anderen Götter erschufen die Dämonen. Jeder schuf eine Rasse nach seinem Belieben. Ich schuf die Rasse der Runendämonen."

Also ist er tatsächlich der Schöpfer meiner Spezies. Der Gedanke, seinem Schöpfer gegenüberzusitzen, war immer wieder erstaunlich.

„Ich weiß nicht, ob du es wusstest, aber neben Dämonen, Menschen und Engeln gab es damals eine vierte Spezies."

Lyric schaute Tori fragend an. „Eine vierte?" Davon hatte er noch nie gehört.

Der Gott nickte und fuhr fort: „Viele behaupten, dass die Menschen die Lieblinge der höchsten Gottheit waren, doch das stimmte nicht. Es war die vierte Spezies – die Deva."

Neugierig setzte sich Lyric wieder auf.

„Deva? Ich habe noch nie von ihnen gehört. Was sind das für Wesen?"

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt