Kapitel 15

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Es vergingen mehrere Tage. Ilyric machte sich wie jeden Tag erneut auf den Weg zu seinem Mentor, doch als er ankam, war dieser nicht anwesend. Seltsam. Er war immer da gewesen. Ein ungutes Gefühl schlich sich in die Brust des kleinen Dämons. Dann spürte er, wie eine große Menge an Magie aufwallte.

Er drehte sich um und rannte zurück. Doch was er dort vorfand, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Fremde Dämonen mit großen spitzen Waffen rannten durch die Straßen, die Angehörige seines Stammes flüchteten panisch. Schreie durchschnitten die Luft und Blut tränkte den Boden. Vor ihm wurde ein Runendämon in zwei Teile gespalten und das Blut schoss in alle Richtungen.

„Holt die schönsten Exemplare und versammelt sie auf dem großen Platz", schrie dessen Schlächter.

Ilyric war wie erstarrt. Er konnte sich nicht bewegen, dann nahm ihn der Dämon ins Visier. Er spürte, wie eine große Hand grob seinen Arm packte und an ihm riss.

Er schrie und wehrte sich. Panisch aktivierte er eine Rune an seinem Bauch und schoss dem Dämon einen Energieimpuls mitten ins Gesicht. Dieser wich schreiend zurück und hielt sich die blutende Nase.

„Dafür sollst du sterben!", grollte er und hob sein Schwert.

Lyric riss schützend die Arme hoch, wohlwissend, dass diese keinem Schwert standhalten würden. Bevor ihn die Klinge jedoch erreichte, wurde der Dämon nach hinten geschleudert. Seine Mutter stand neben ihm und hielt sich die blutende Seite. Ein tiefer Schnitt zog sich über ihren Rücken.

„Liebling, du musst fliehen", keuchte sie.

„Nein, Mama, ich kann dich nicht zurücklassen", weinte der kleine Dämon.

„Ilyric, du kannst es schaffen. Du bist stark und klug. Sie dürfen dich nicht bekommen", keuchte sie.

Der Dämon hatte sich aufgerappelt und rannte auf sie mit Gebrüll zu. Seine Mutter riss ihn zur Seite und der kleine Dämon musste zusehen, wie diese von dem Schwert aufgespießt wurde. Wie in Zeitlupe, fiel ihr lebloser Körper auf den Boden. Eine Blutlache breitete sich unter ihr aus und färbte ihre wunderschönen silbernen Haare rot.

„Elendiges Gesocks, wenn ihr nicht so schön aussehen würdet, würden wir euch einfach abschlachten", schnauzte der Dämon.

Der kleine Junge zitterte.

„Mama?"

Doch sie würde ihm nicht mehr antworten. Er würde nie wieder ihre Stimme hören, nie wieder würde er die Geschichte des kleinen Vogels hören. Ein unerträglicher Schmerz schoss durch seine Brust. Dicke Tränen rannen über sein Gesicht und er weinte bitterlich. Er nahm eine Fötushaltung an. Starke Arme ergriffen ihn und er wurde hochgehoben, doch es war ihm egal. Er wollte seiner Mutter folgen. Dann bewegten sie sich schnell.

Er öffnete die Augen und erkannte, dass es nicht der feindliche Dämon war, der ihn trug, sondern sein Mentor Ollian. Dieser rannte mit ihm vor dem Gemetzel davon. Gemeinsam versteckten sie sich in einer Baumgruppe. Der große Dämon kniete sich vor den kleinen.

„Ilyric, du musst mir genau zuhören. Ok. Hörst du mich?", fragte er eindringlich und Ilyric nickte energisch. „Du bist unsere Hoffnung, unsere Zukunft. Nur du kannst unser Erbe fortsetzen."

Was wollte sein Mentor damit sagen? Er verstand nichts. Sein sonst so zuverlässiger Verstand ließ ihn einfach im Stich.

„Du wirst den Rest deiner Ausbildung alleine beenden müssen, doch ich werde dir all das Wissen geben, das du dazu brauchst. Du schaffst das, da bin ich mir sicher."

„Ollian", schluchzte der kleine Dämon, „wovon redest du?"

Doch seinem Mentor lief die Zeit davon. Er riss Ilyric das Hemd ab, dann drückte er auf die Rune an seinem Solarplexus. Wieso war diese Rune dort? Nur der Anführer besaß diese, weshalb genau diese Stelle bei allen anderen die einzig freie auf ihrem Oberkörper war. War ihr Anführer bereits tot?

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt