Kapitel 33

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Lyric saß auf einem Stein und trank einen Schluck aus dem Lederbeutel, den Tori ihm gegeben hatte. Sein Blick fiel auf die Sanduhr und er sah, wie sich das letzte Sandkorn von der Decke löste und zu schweben begann. Warme Arme umschlangen seinen nackten Oberkörper.

„Bald ist es so weit", flüsterte Toris weiche Stimme.

Mit einer sanften Bewegung strich der Gott Lyric seine langen Haare aus dem Nacken. Sie reichten nun bis zu den Schulterblättern und waren einfach nur wunderschön. Wie ein Wasserfall fielen sie Lyric über die Brust und sein heller Nacken wurde entblößt.

„Nicht mehr lange und du bist endlich mein", flüsterte er an Lyrics Nacken und drückte einen sanften Kuss darauf.

Lyric schaute nach unten. „Noch ist es nicht so weit. Er wird kommen", sagte er mit fester Stimme.

Tori bewunderte einerseits Lyrics unerschütterlichen Glauben in diesen Mann, andererseits waren diese Worte wie ein Messer, das sich in sein Herz rammte. Nicht mehr lang. Ich warte geduldig. Dass sein Liebster ihn nicht finden konnte, hatte Tori verschwiegen. Er wusste, dass es nicht fair war, doch nach all der Zeit hatte ihm das Schicksal endlich einen Gefährten geschickt und diesen würde er nicht gehen lassen. Er strich über Lyrics weiche Haut und atmete seinen Duft ein. Rosenwasser und Herbstwind. Schweigend nahm Tori Lyrics weiche silberne Haare und flocht sie zu einem Zopf, der ihm über die rechte Schulter fiel.

Als der Gott damit fertig war, erhob sich Lyric.

„Ich werde die letzten Momente im Tempel warten, um ihn empfangen zu können", sagte dieser. Tori schaute ihm nach.

„Er wird nicht kommen, Lyric", sagte der Gott.

Der Runendämon drehte sich um und lächelte ihn an. „Doch, er wird." Dann ging er die Treppen zum Übergang zur Zwischenebene hinauf, in seiner rechten Hand die kleine Sanduhr, die sein Schicksal besiegelte.

Sollte das letzte Sandkorn den Boden berühren, würde Lyric ihm gehören. Er würde ihn endlich zu seinem Gefährten machen. Zwei Jahre hatte er geduldig darauf gewartet. Zwei Jahre war es her, seit er Lyric hier angetroffen hatte und ihn an diesen Ort gebunden hatte. Seit er ihn das erste Mal erblickt hatte, hatte er gewusst, dass seine Gebete erhört worden waren. Sie hatten ihm einen Gefährten geschickt. So hatte er alles getan, dass dieser auch bei ihm blieb. Das Einzige, was noch zwischen ihnen stand, war der Dämon mit den roten Augen. Doch das wäre nicht mehr lange der Fall. Er folgte seinem Dämon nach oben, die Augen auf die Sanduhr gerichtet.

༻✧༺

Vor einem Jahr, dreihundertvierundsechzig Tagen, dreiundzwanzig Stunden und zweiunddreißig Minuten...

Lyric fiel. Er schloss die Augen und machte sich bereit für den Aufschlag. Er hatte keine Orientierung. Etwas umschlang seinen Körper, seine Arme wurden an seinen Körper gepresst und er keuchte auf. Der Wind legte sich und die Umgebung wurde klar.

Er öffnete die Augen und sah eine gelbe Vogelkralle, die sich um seinen Körper geschlungen hatte. Langsam sanken sie zu Boden und der Wächter setzte ihn vorsichtig auf dem Boden des Tempels ab. Lyric setzte sich auf, suchte die Umgebung nach Nix ab. Er ist fort. Sie waren getrennt worden. Nix war zurück in die Welt der Lebenden gekehrt und er war zurückgeblieben.

Eine tiefe Trauer befiel ihn und eine Träne rollte über seine Wange. Er legte seine Stirn auf die angezogenen Knie und versuchte sich zu beruhigen.

Warum weinst du?, fragte ihn die Stimme des Wächters. Vorsichtig wischte er sich die Träne weg.

„Was passiert nun?", fragte er ihn.

Du wirst den Rest der Ewigkeit hier verbringen.

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt