Kapitel 10

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In dem Moment, in dem er es ausgesprochen hatte, hätte er sich schlagen können. Was machst du, du Idiot?

Er sah, wie Nix gut gelaunt in den Waschraum verschwand, während er sitzen blieb. Was will ich überhaupt?

Nix und er hatten gerade einen emotionalen Moment geteilt und er hatte sich mit ihm verbunden gefühlt. Er trug wie er einen Fluch, konnte niemandem nahe sein. Würde Sex zwischen ihnen eine Lösung sein? Würde er sich besser fühlen? Nix wusste doch gar nicht, was er verpasste, denn er kannte es nicht. Er kannte nicht die Nähe, die tiefen Emotionen, die Bindung, die Zwei miteinander teilen konnten. Er hatte vor seinem Fluch mit anderen geschlafen, ohne tiefe Gefühle zu haben, warum machte er sich also Gedanken? Sollte er nicht froh sein, dass das Schicksal ihm diese Chance gab?

Wieder war er am Anfang, was wollte er? Wollte er wirklich Sex? Wieso hatte er sich von Nix so überrumpeln lassen? War es einfach die Vision, die er gehabt hat? Ist es meine Bestimmung, mit ihm zusammen zu sein?

Nein, er hatte aus einem anderen Grund zugestimmt. Es war der Blick in Nix' Augen gewesen. Lyric konnte zwar niemanden berühren und sich auch nicht allzu lange in der Nähe anderer aufhalten, doch der Schutzzauber erlaubte ihm zumindest eine gewisse Nähe. Nix war völlig isoliert.

„Ich brauche dich. Du bist mein... Puffer. Mein Ruhepol."

War es Zufall, dass Nix keine Anzeichen für seinen Fluch zeigte und dass Lyric die Stimmen in seinem Kopf unterdrückte? War es Lyric wirklich bestimmt, Nix nahe zu sein?

Doch wie nahe ist nahe? Seine Aussagen waren deutlich. Er war gerade zwei Tage mit diesem Dämon unterwegs und er war völlig verwirrt. Dieser Dämon war anders, als er ihn sich vorgestellt hatte. Er hatte in dieser Zeit, so viele Facetten von ihm gesehen, und er spürte so etwas wie Zuneigung zu ihm. Doch das war keine Liebe. Es waren keine tiefen Gefühle, doch was es genau war, konnte er auch nicht betiteln.

Gleichzeitig hatte er auch Angst, herauszufinden, was das sein könnte. Seufzend legte er sich auf den Rücken, starrte an die Decke.

„Wieso machst du dir eigentlich Gedanken? Es ist doch nur Sex. Du hast es doch auch in der Vergangenheit gemacht." Er sprach mit sich selber, doch es würde ihm niemand antworten.

In diesem Moment kam ihm wieder Nix' Blick in den Sinn. War diese Sehnsucht wirklich nur der Wunsch nach körperlicher Nähe? Wollte Lyric überhaupt mehr?

Hölle, hör auf dir Hoffnungen zu machen. Es gibt kein Herz für dich, genauso wenig wie für Nix. Doch warum sollte ihnen dann der Rest verwehrt bleiben? Er wollte dieses Etwas näher erkunden, dieses Gefühl, dass er seit der Begegnung in Astaroths Heim mit Nix gehabt hatte. Er war von Anfang an fasziniert gewesen, doch als er ihn damals berührt hatte, war etwas passiert. Er wusste nicht warum, doch sein innerer Dämon hatte geknurrt. Das hatte er noch nie.

Wenn ich ihn berühren kann, wenn der Fluch wirklich nicht wirkt, dann gibt es vielleicht Hoffnung für mich. Und genau das würde er. Er würde herausfinden, warum Nix besonders war und ob er gegen ihn immun war.

Sein innerer Dämon knurrte. Du willst ihn, nicht wahr? Eine stumme Zustimmung erfolgte, obwohl er so lange geschwiegen hatte. 

༻✧༺


Nix kam aus der Dusche und betrachtete Lyric. Er sah es in seinem Gesicht – er haderte. War er zu voreilig gewesen?

Während er sich gewaschen hatte, war er ruhiger geworden und die Aufregung war etwas abgeflacht. Du zwingst ihn zu etwas, du nutzt seine Situation aus.

Hölle nochmal, und wenn schon? Er hatte es satt. Er hatte es satt, immer alleine zu sein. Die Einsamkeit, die Kälte, der Abstand. Er hatte seit seiner Initiation niemanden mehr berührt, aber dieser Dämon trug ihn einfach in seinen warmen Armen. Dieser Dämon brachte die Stimmen zu verstummen.

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt