Kapitel 3

1.6K 158 74
                                    

Dayan und seine Kumpels hatten geholfen, alles auf dem Übungsplatz vor der Schule aufzubauen. Es hatten sich fast alle Einwohner dort versammelt – neugierig, was passieren würde. Dann spürten sie alle eine starke Aura. Ein hochrangiger Dämon ihres Landes betrat mit seinem Gefolge den Platz. Alle verstummten und schauten erstaunt.

Was hatte ein Befehlshaber des regierenden Höllenfürsten in einem Nest wie diesem zu suchen? Dieser nahm auf einem für ihn vorbereiteten Sitz Platz und schwieg.

„Hölle, Latíz, er ist gekommen! Bist du soweit?", rief einer der Helfer.

„Jaja, noch zwei Minuten", sagte er und kämmte sich ein letztes Mal die Haare in die Position, die er sich überlegt hatte. Er atmete tief durch. Endlich. Alles auf eine Karte.

„Es wird alles gut", sagte die beruhigende Stimme seines besten Freundes.

„Immer zusammen", sagte er zu Dayan und streckte ihm die Faust hin.

„Immer zusammen", sagte er und schlug ein.

Latíz atmete noch einmal durch und ging dann hinter die aufgebaute Bühne.

„Alles auf eine Karte!"

Dann stieg er die Treppe hinauf und präsentierte sich der Menge. Ein lautes Raunen ging durch die Menge. Latíz sah wunderschön aus. Er hatte eine traditionelle Kleidung der Sänger seines Stammes angelegt.

Er trug eine hellblaue Hose mit einem silbernen geschnörkelten Muster, über die sich mehrere etwa zwei Finger breite bunte Stoffbahnen zu einem großen Gebilde zusammenfügten und seinen Oberkörper bedeckten, aber seine Arme freiließen. Goldene Ketten und Armbänder liefen diese entlang und eine goldene Brosche steckte auf der linken Seite seiner Haare, die einen Schmetterling darstellte.

Latíz sah, wie sich seine Mutter die Hände vor den Mund schlug und Freudentränen in ihre Augen stiegen. Er setzte sich in einer möglichst eleganten Pose auf einen Hocker. Dayan setzte sich hinten links auf ein Kissen und nahm eine Tschertsche – ein Saiteninstrument, das eine lange Tradition pflegte – in den Schoß. Diese bestand aus einem pflaumenförmigen Hohlkörper mit einem langen Stiel und vier Saiten.

Er lächelte noch einmal zu seinem besten Freund. Ihre Zeit war endlich gekommen. Dann setzte Dayan ein. Die Klänge der Tschertsche erfüllten den Platz, welche durch Dayans Magie verstärkt wurde. Latíz ließ seine Magie aufwallen und er formte ein unsichtbares Netz über den Platz. Er holte einmal tief Luft und öffnete den Mund.

Eine herzzerreißende Melodie trat aus diesem hervor. Die Töne wanderten über das Netz aus Magie und seine klare, helle Stimme erklang. Es war, als säße er neben jedem einzelnen der hunderten Zuschauer.

Viele schlossen die Augen und ließen es zu, dass die Melodie sie einnahm. Jede Note, die seinen Mund verließ, traf einen Ton in den Herzen der Zuschauer. All die Sorgen, all die Zweifel, die sich in jedem Einzelnen aufgebaut hatten, brachen hervor und erlösten sie von diesen negativen Gefühlen.

Viele brachen in Tränen aus, andere schluchzten. Als die letzte Note verklang stand Latíz auf und Dayan begann das zweite Stück. Dieses sprach von Hoffnung, Freude und Liebe. Und genau das öffnete die Herzen aller. Lachen und Freude erschien auf den Gesichtern. Sie waren befreit. Latíz sang aus ganzem Herzen und legte jede Emotion hinein.

Dayans Finger waren auf Autopilot. Sie spielten das Stück, das er tausende Male gespielt hatte, von alleine, während er gebannt auf seinen besten Freund starrte. Sein Herz öffnete sich wie auch das der anderen. Es war ein einmaliger Moment, in dem er sich mit allen verbunden fühlte. Und derjenige, der dies zu vollbringen vermochte, war niemand anderes als dieser wunderschöne Dämon mit der Stimme eines Engels.

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt