Der grosse Auftrag (Teil 5)

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Es verging längere Zeit in völliger Stille. Andy und Fynn versuchten alles, um meine verletzte Schulter irgendwie ein zu bandagieren, Candice arbeitete daran, keine Panikattacke zu kriegen und die restlichen Jungs setzten alles daran, nicht auszurasten und somit noch mehr von der schwindenden Luft in unserem Gefängnis zu verbrauchen.

In meinem Kopf hatte ich bereits gerechnet – der Sauerstoff hier drin würde keine drei Stunden hinhalten, höchstens zwei, mit viel Glück.

Wenn Ross es nicht bis dahin schaffen würde, uns raus zu lassen, würden wir alle elendig ersticken. Das war die traurige, brutale Wahrheit, mit der wir nun umgehen mussten.

„Cierra," flüstere Fynn, während ich immer noch die Augen geschlossen hatte und mich auf alles konzentrierte, nur nicht auf die Schmerzen, „wo hast du den USB versteckt? Ist er sicher?"

„Ja, ist er, aber-aber ich kann dir nicht sagen wo...vielleicht beobachten sie uns," antwortete ich leise und verlor noch mehr meiner übrig gebliebenen Kraft. Wer hätte geahnt, das Sprechen so anstrengend sein konnte. 

„Prinzessin, einfach stark bleiben, ok? Ross wird bald hier auftauchen und uns retten, keine Sorge," versicherte mir Fynn, vielleicht auch, um sich selbst etwas damit zu beruhigen. Alle schienen mit jeder Sekunde nervöser zu werden, was verständlich war. 

Uns ging wortwörtlich die Zeit aus.

Meine Schulter fühlte sich so an, als würde sie auseinander fallen. Es brannte und ich hätte am liebsten laut geschrien, aber hielt mich zurück, um nicht allen einen Schrecken einzujagen. Ich musste mich zusammen reissen, wenigstens bis wir hier sicher raus gekommen und abgehauen waren. 

Aber das war schwieriger, als ich zuerst gedacht hatte, denn die Schmerzen konnte ich ab einem gewissen Punkt nicht mehr ignorieren, sie wurde immer schlimmer und es schien mir unmöglich zu sein, sie weiterhin auszublenden.

Ich kam nicht darum herum, mir auszumalen, was passieren würde, wenn Ross nicht rechtzeitig hier auftauchen würde. Oder selbst wenn er es tat, würde es dann schon zu spät für mich sein? Das konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. 

Es bestand die Möglichkeit, dass ich diese Nacht nicht überleben würde. 

„F-Fynn," stotterte ich und er drückte sofort meine Hand. „Ja, Prinzessin, was ist?"

„Ich-Ich sag dir, wo der USB ist, weil...falls ich-falls ich es nicht schaffe, will ich nicht, das alles umsonst gewesen ist. Du-"

„Cierra! Hör auf so zu reden! Ich verbiete dir, so zu denken! Spinnst du, hör auf damit! Du wirst heute mit mir hier raus kommen! Das werden wir alle!" befahl Fynn und ich nickte, weil ich ihn nicht noch wütender machen wollte. 

„J-ja," sagte ich schwach, „aber falls-falls nicht, musst du das Versteck kennen."

„Verdammt nein Prinzessin, ich will es nicht kennen, verstanden?! Du musst das Geheimnis für die Red Moons bewahren, du hast diese Aufgabe, hast du das gehört? Du kannst nicht einfach sterben!"

„Fynn," flehte ich mit zittriger Stimme, „es ist...es ist doch nur zur Sicherheit." Wieso musste er nur immer so stur sein? Konnte er denn nicht einmal der gleichen Meinung sein, wie ich? Er machte immer alles so kompliziert, selbst jetzt noch, wo uns vielleicht nicht mehr viel Zeit blieb.

„Weisst du was Sicherheit wirklich ist, Cierra?! Wenn möglichst wenige Menschen ein Geheimnis kennen! Und genau deshalb wirst du die Einzige sein, die das Versteck kennt! Du hast eine Verantwortung und darum wirst du verdammt nochmal nicht sterben!"

„Fynn hat Recht, Cierra," mischte sich Andy ein und ich hörte, dass er sich neben mich setzte, „hör auf darüber nachzudenken, dass du nicht hier raus kommen wirst, denn das wirst du, das werden wir alle. Wir brauchen deinen schlauen Kopf vielleicht aber noch dafür, also konzentrier dich lieber darauf, uns wieder mal den Arsch zu retten."

Gangs - Taken Innocence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt