Ich hatte mich so in Rage geredet, dass ich fürchtete, ich würde bald anfangen, aus den Ohren zu rauchen. Diese ganze Situation frustrierte mich so, sie machte mich wütend, ich fühlte mich in einem Alptraum gefangen und mein Kopf schrie förmlich danach, endlich aufzuwachen.
Niemand hätte mir diese Geschichte jemals geglaubt, das war alles viel zu absurd. Mein Verstand konnte so etwas nicht bewältigen, das war zu viel.
Ich zitterte am ganzen Körper vor Wut, während ich Fynn in die Augen starrte und wünschte, er würde einsehen, was ich meinte.
Aber ich hatte auch Angst vor seiner Reaktion. Ich hatte Angst davor, wie er nun damit umgehen würde. Ich wollte es nicht zeigen, aber ich machte mir fast in die Hosen. Er konnte einem echt Angst einjagen, und jetzt, wo ich mit ihm alleine war, nahm das ganze neue Ausmasse an. Er konnte mich, wenn er wollte, hier und jetzt umbringen und niemand würde ihn aufhalten. Er konnte mich erschiessen und auf dem nassen Betonboden liegen lassen. Es hätte niemanden interessiert.
Aber von all den Reaktionen, die ich erwartet hatte, traf keine ein. Was Fynn tat, überraschte mich so sehr, dass mir die Luft für einen kurzen Moment weg blieb.
Er fing an zu lachen.
Lauthals und aus voller Kehle heraus lachte der Anführer der Red Moons, bis er sich sogar einige Tränen wegwischen musste. Er rang nach Luft und stützte sich auf seinen Knien ab, während er immer noch weiterlachte, als hätte ich den Witz des Jahrhunderts erzählt.
Das machte mich rasend und ich hielt es nicht mehr aus. Daher schupste ich ihn zu Boden und baute mich, möglichst bedrohlich, über ihm auf, um ihn böse anzustarren. Ihn anzugreifen hielt ich für eine schlechte Idee, ich hätte ihn sowieso nicht ernsthaft verletzten können, dafür war ich zu schwach.
„Du-Du," brachte Fynn lachend hervor und hielt sich den Bauch, während er auf dem Boden hin und her rollte, „denkst-denkst du echt, das kümmert mich?"
„Hör endlich auf," zischte ich genervt und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Der Anführer hatte sich wieder unter Kontrolle und stand auf, um mich grinsend anzusehen.
„Süsse Cierra, du hast ja ganz nette Worte, aber die interessieren mich einen Dreck, wolltest du mich jetzt damit beleidigen? Denn, wenn ja, solltest du eher Wörter wie Hurensohn oder sowas benutzen, alles andere nehm ich nicht war."
„Sowas sag ich nicht," flüsterte ich kleinlaut und schaute von ihm weg. Warum musste mich der auch so ansehen? Das machte mich echt nervös. Er hatte so einen komischen Blick.
„Hach, wie niedlich," neckte mich Fynn und tätschelte mir, wie eine alte Dame, die Wange. Der Typ nahm mich überhaupt nicht ernst, das war mir bewusst. Er dachte wohl, ich sei noch ein kleines Mädchen und das konnte ich nicht akzeptieren. Ich musste meinen Mann...oder besser meine Frau...stehen. Er musste wissen, dass er mich nicht einfach plattmachen konnte.
„Du tust vielleicht so," sagte ich mit einer möglichst bedrohlichen, kalten Stimme und starrte ihm direkt in die Augen, „als ob dich meine Worte nicht kümmern würden. Aber weisst du was, Fynn? Irgendwann wirst du dieses Leben nicht mehr wollen, aber dann wird es zu spät sein. Irgendwann wirst du realisieren, dass dich niemand liebt, sondern sich alle nur vor dir fürchten. Und dann, wenn du alleine und einsam in deinem kalten Bett liegst, wirst du an meine Worte zurückdenken. Meine Worte werden dich noch verfolgen, wenn ich schon längst nicht mehr hier bin."
Mein kleiner Vortrag war beendet und ich sah den Anführer, der mir aufmerksam zugehört hatte, mit einem kalten Blick entgegen. Ich würde nicht vor ihm zurückweichen.
Einige Sekunden war es totenstill in dem Raum, nicht mal ein Wimmern von Tristan war zu hören, bis sich Fynn langsam aus seiner Starre löste und zu Boden sah. Wow, vielleicht hatte ich mit meinen Worten direkt ins Schwarze getroffen. Der junge Mann vor mir schien verändert zu sein.
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Gangs - Taken Innocence
Teen FictionAls Cierra Foster eines Nachts nach Hause läuft und bemerkt, wie drei Typen einen wehrlosen, am Boden liegenden Mann verprügeln, schreitet sie ein, ohne sich den Konsequenzen ihrer Handlung bewusst zu sein. Sie katapultiert sich so in eine Welt voll...