Die wahren Worte

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Fynn setzte sich gemeinsam mit mir an den grossen Tisch in der Küche, an dem mittlerweile einige düstere Gestalten Platz genommen hatten, und überreichte mir ein Glas Wasser sowie ein Stück Kuchen, wo auch immer er das her hatte. Ich bezweifelte stark, dass einer von diesen Typen wusste, wie man Kuchen backte. Womöglich hatten sie ihn geklaut...

Ich richtete meinen Blick starr nach unten und versuchte, nicht ihren Gesprächen zu lauschen, die sie, seit ich und der Anführer aufgetaucht waren, im Flüsterton weiterführten. Sie hatten wohl Angst davor, dass ich etwas hören würde, was ich nicht sollte. 

„Du da," sagte eine Stimme in meine Richtung, doch ich glaubte nicht, dass ich damit gemeint war. 

„Hey! Ignorier mich nicht!" motzte die Stimme und jemand schupste mich von der Seite, so dass ich beinahe von meinem Holzstuhl gefallen wäre. Dank Fynn konnte ich mich gerade noch halten, ehe ich meinen Kopf langsam anhob und in das Gesicht des Typen schaute, der mich angesprochen hatte. 

Ich hatte ihn schon bei mir zu Hause gesehen, ich war mir sicher. 

„Wie heisst du?" fragte er und alle starrten mich an, was ich ganz und gar nicht gern hatte. Sie machten mir allesamt Angst. 

„C-Cierra," flüsterte ich und biss erneut von meinem Kuchen ab, um dann zu kauen und innerlich zu hoffen, dass sie nun wieder über etwas anderes reden würden. Aber dieser Traum wurde mir nicht erfüllt. 

„Und du kennst Miro?" wollte der Kerl wissen und ich nickte zögerlich.

„Ja, von der Schule," erklärte ich und war mir nicht sicher, ob ihm diese Antwort genügen würde, doch er nickte und liess es dabei bleiben. Ich war froh, denn um ehrlich zu sein, zitterte ich schon am ganzen Körper. Das alles hier war purer Stress für mich.

„Gehst dir besser?" fragte mich Fynn und legte eine Hand unter mein Kinn, so dass ich nicht anders konnte, als ihn anzusehen. Er musterte mich besorgt und liess seinen Blick an mir herunter gleiten. 

„Ja, Danke," gab ich zu und fuhr mir mit der Hand nervös durch die Haare. 

Auf einmal wurde die Türe zur Küche aufgerissen und eine ziemlich stark geschminkte, aufreizend angezogene Person betrat den Raum. Es war eine Frau, oder besser gesagt fast noch ein Mädchen, vielleicht gerade 20 Jahre alt. Sie hatte lange, dunkelbraune Haare, fast so wie ich, und trug dunkelroten Lippenstift. Die Hacken ihrer Lederstiefel waren auf dem Boden zu hören, als sie sich einen Weg zum Tisch bahnte und ihren Arsch darauf platzierte. Dabei verrutschte ihr Oberteil, was uns allen einen guten Blick auf ihren Tanga gewährte. 

Die Frau nickte einigen kurz zu, bevor sie ihre Augenbrauen in die Höhe zog und mich abfällig musterte.

„Sag nicht," zischte sie dann, „dass ich mir mit der da ein Zimmer teilen muss?"

„Doch," antwortete Fynn kurz und knapp und grinste, während sich die Frau immer mehr aufzuregen schien. Es kam mir so vor, als hätte sie mich am liebsten in Stücke gerissen und plötzlich war ich froh, dass ich einige Meter von ihr entfernt sass. Falls nötig, konnte ich mich hinter Fynn und dem Tisch verstecken, bevor sie mich erreichen konnte.

„Die da," gab ich meinen Kommentar dazu ab, „hat einen Namen." Ich würde mich von ihr doch nicht behandeln lassen, als sei ich Abschaum. 

„Und der wäre?" fragte sie gelangweilt und gähnte übertrieben lange, nur um allen zu beweisen, wie egal ihr alles doch war. 

„Cierra."

„Na dann, Cierra," wiederholte die Tusse meinen Namen, „ich stell hier gleich mal was klar: Unser Zimmer ist mein Zimmer, kapiert? Ich hab keinen Bock, mit dir zu teilen. Halt dich von meinem Schrank fern, halt dich von meinem Tisch fern, sonst hast du ein Problem."

Gangs - Taken Innocence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt