#39 ~ breakdown

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Noan PoV:

Nachdem Milan mich so verstörend geweckt und am früher Morgen mit einer Moralpredigt genervt hatte, war er aus dem Raum verschwunden. Wahrscheinlich um Nicolas zu wecken. Ich ließ mir noch kurz Zeit ganz wach zu werden, bevor auch ich mich erhob und dann auf einem Bein zur Tür raus, auf den Flur und Richtung Nicolas Zimmer lief. Kurz davor hörte ich die beiden stumpf reden, konnte aber keine genauen Wörter verstehen. Nichts ahnend ging ich also näher an die Tür heran, nur um im nächsten Moment schmazende Geräusche und schwereres atmen zu hören.
Was treiben die da bitte?

Verwirrt drückt ich leicht gegen die Tür, wich aber sofort wieder zurück, als ich Milan auf Nicolas Schoß gesehen hatte, wobei sie sich auch noch küssten. Mein Puls beschleunigte sich und irgendwas begann mir die Luft abzuschnüren. Als wenn der Anblick noch nicht genug gewesen wäre, drang im nächsten Moment helles Stöhenen aus dem Zimmer. Meine Augen weiteten sich und mit einer gewissen Vorahnung im Hinterkopf schaute ich erneut durch den kleinen Spalt der angelehnten Tür. Nicolas topte Milan, liebkoste seine Haut. Wie in Schockstarre konnte ich nicht anders als hinzugucken. Es war Folter für die Seele, aber mein Verstand schrie mich an, mir das jetzt anzusehen, um Gewissheit zu haben.

Mir war klar, worauf das zwischen ihnen hinauslaufen würde, aber ich wollte so lange hinsehen, bis ich den unwiederlegbaren Beweis gesehen hatte. Es dauerte auch nicht mehr lange, da drückte Nicolas seine gesamte Länge in Milan und mit dem ersten langezogen Stöhen von ihm, brachen bei mir endgültig alle Dämme. Ich sank an der Wand neben der Tür zu Boden und Tränen liefen in Bächen über meine Wangen. War ich wirklich die ganze Zeit nur ein Spielzeug gewesen? Alles was passiert war, nur zum Spaß? Ich hatte noch überlegt Frieden zu schließen und eine Freundschaft einzugehen... Wie konnte ich so dumm sein?! Ich biss mir in die Hand, um meinen aufkommenden Schrei abzudämpfen.

Die Luft um mich herum schien immer dünner zu werden, die Tränen nahmen mir die Sicht und mein Kopf begann sich zu drehen. Ich bekam Panik und wollte nur noch hier weg. So schnell es mein verletzter Fuß zu ließ rannte ich zurück ins Gästezimmer, zog mir das nötigste an, schnappte mir noch Handy und Geldbeutel, um auf meinen Krücken im Eiltempo aus dem Haus zu kommen. Meine Psyche spielte verrückt, ich hörte eine Stimme, die mich anschrie, dass ich es verdient hätte und die Panik in meinen Knochen schien auch stetig zu steigen. Mein Herzschlag war außer Kontrolle. Das Blut rauschte so laut durch meine Ohren, dass die Umgebung stumm wurde. Als ich versuchte mich auf meine Umgebung zu konzentrieren, merkte ich erst, dass ich keine Ahnung mehr hatte, wo ich gerade war.

Verzweifelt schrie ich einmal laut, was die Aufmerksamkeit von einigen Lauten in der Nähe auf mich zog, aber niemand interessiert sich genug, um mir zu helfen. Mich verließen die Kräfte, meine Hände schmerzten von den Krücken und meine Lunge war wie ausgebrannt. Ohne Rücksicht auf Verluste, ließ ich mich einfach fallen, die Krücken krachten neben mir lauthals zu Boden, mein Kopf schlug auf dem Boden auf und auch mein bereits kaputter Fuß klatschte unsanft auf. Doch es war mir egal, ich war wie taub, der Schmerz eine Erlösung. Genau in diesem Moment wollte ich die Zeit zurückdrehen und mich an Kyles Geburtstag einfach nicht mit Nicolas unterhalten. Hätte ich damals auf dem Sofa im Wohnzimmer geschlafen, dann wäre ich heute nicht so am Ende...

Eine ganze Zeit lag ich da einfach stumm, wie tot, auf dem Boden. Kein Muskel zuckte, kein Laut verließ meine Lippen, einzig die stummen Tränen der Verzweiflung sprachen dafür, dass ich nicht bereits gestorben war. Auch wenn das gerade wie eine wesentlich angenehmere Option klang. Meine Sinne waren noch immer vom Schmerz in meiner Seele betäubt, meine Augen hatten sich schon vor langer Zeit geschlossen, da ich dank der Tränen sowieso nichts hatte sehen können. Ich nahm nur noch die ständigen Lichtwechsel wahr, wenn die Sonne mal wieder kurz von einer Wolke überschattet wurde. Doch dann war es ungewöhnlich lange dunkel und ich öffnete meine Augen, um zu sehen, wie der Himmel gerade aussah.

Jedoch blickte ich augenblicklich in dunkle, fast schwarze Augen, die mich besorgt, beinahe mitleidig ansahen. Ich verzog keine Miene und der Fremde über mir schien von meinem Augenaufschlag auch nicht sonderlich beeindruckt zu sein. "Hey ähm es ist eigentlich gar nicht meine Art Fremde einfach anzusprechen, aber... Du liegst hier jetzt schon eine ganze Weile und ich hab dich aus dem Fenster meiner Wohnung gesehen, also naja wie du hier vor Stunden zusammengeklappt bist und irgendwie musste ich jetzt einfach nach dir sehen... Mein Gewissen konnte dich hier nicht einfach weiter liegen lassen...", ratterte der Fremde runter und mein Kopf nahm das Gesagt nur dumpf war und schaffte es auch nicht, die Informationen zu verarbeiten, weswegen ich einfach weiter stumm da lag und in diese dunklen Augen starrte.

Ein Seufzen ertönte und der dunkeläugige richtete sich wieder auf. Er stellte sich hinter meinen Kopf und plötzlich spürte ich zwei Arme, die sich um meine Brust schlangen. Perplex ließ ich ihn machen, bis er mich komplett hochgezogen hatte und ich wackelig auf einem Bein an ihn gelehnt da stand. Er war groß, vielleicht sogar noch ein Stück größer, als Nicolas. Seine Haare waren dunkelbraun, aber dabei noch heller als seine Augen. Er roch nach einem starken Männerparfume, aber ohne, dass es zu penetrant oder gar stechend gewesen wäre. Gerade genug um damit ein Statement zu setzten und Aufmerksamkeit zu ergattern, ohne sie zu erzwingen. "Junge, du bist ganz kalt. Keine Ahnung, was mit dir ist, aber ich nehme dich jetzt erstmal mit hoch zu mir und dann schauen wir, ob ich dich noch zum Sprechen bekomme.", durchbrach er meine Gedanken. Mit der linken Hand hob er meine Krücken auf, während er den rechten Arm um mich gelegt ließ, damit ich nicht umfalle. Sanft und doch bestimmt lenkte er mich dann mit dem Arm in eine Richtung und stütze mich, sodass ich in kleineren, stetigen Schritten ihm folgen konnte.

Es waren nur wenige Meter, bis wir vor einem Hauseingang hielten und er die Tür aufdrückte. Drinnen sah es unfreundlich aus, ein zu dunkles Treppenhaus mit alten, porösen Wänden. Etwas mitleidig sah er mich an, als er mich mit ihm einige Treppen hochzog, bis wir vor einer Tür anhielten. Auch diese drückte er einfach auf, nur das es diesmal hinter der Tür weit aus freundlicher war. Wir kamen in einen großen, hellen Flur, der in mehrere Zimmer überging und am Ende sah man eine Wendeltreppe. Wir bogen in das erste Zimmer rechts ein, was sich als Wohnzimmer mit Balkon herausstellte. Sanft setzte er mich auf der viel zu bequemen Couch ab, die mich direkt dazu einlud, mich auf die Seite zu kippen und einzurollen, was ich auch ganz intuitiv tat. Mein Helfer legte mir noch eine Decke drüber und verschwand dann mit den Worten "Ruh dich aus und sag Bescheid, wenn du was brauchst, ich bin neben an." aus dem Zimmer.

Wundersamer Weise brach die Müdigkeit innerhalb weniger Sekunden über mich herein und auch wenn ich gerade im Haus eines Mörders hätte sein können, fühlte sich mein Inneres in dem Moment so geborgen, dass ich einfach einschlief. Diese Ruhe tat gut und die Wärme, die mich empfing war Balsam für meinen Körper und meine Seele. Es war wie ein Auszeit, die schon lange überfällig gewesen ist und ich hatte da noch keine Ahnung, was es mir noch alles bieten würde....

Du und Dominanz? - Passt nicht! (BxB)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt