#27 ~ Tränen

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"Noan... Ich frage dich das jetzt nur einmal und wenn du nein sagst werde ich das akzeptieren, aber nicht aufgeben... Also... Würdest du mir den Gefallen tun und bitte mit mir zusammen sein? Ohne Hintergedanken, ohne große Verpflichtungen, alles ganz ruhig und so, wie du dich am wohlsten fühlst.. Also was sagst du?" "A-Also ich...."

"Ich.. Kann das nicht...", beendete ich mein Gestotter. "Aber Noan, du sagst doch selber, dass du mich magst, als was um Gottes Willen macht dir solche Angst?!", fragte mich Nicolas mit erhobener Stimme, wodurch ich leicht zusammenzuckte. "Heyy sorry... Ich weiß, ich muss deine Entscheidung akzeptieren, aber ganz ehrlich es macht mich unruhig. Mir liegt es einfach nicht Sachen ohne wenn und aber zu akzeptieren, auch wenn sie mich nichts angehen, vor allem wenn es dabei um Menschen geht, die mir was bedeuten.", damit erhob er sich und ging wie in Zeitlupe rüber zur Tür. Genauso langsam öffnete er sie auch und stockte dann kurz in seiner Bewegung. "Komm ins Wohnzimmer, wenn es dir besser geht, ich koche Tee und werde auf dich warten. Ach ja und... Du wirst mir gehören, wenn nicht jetzt, dann zu einem anderen Zeitpunkt, doch gehen lasse ich dich nicht mehr.", waren seine Worte, bevor er das Bad verließ und die Tür hinter ihm mit einem leisen Knall ins Schloss fiel.

 Kaum waren auch seine Schritte auf dem Flur nicht mehr zu hören, tropfte meine erste Träne auf den Boden. Warum muss auch alles so kompliziert sein?! Wieso kann ich nicht normal sein?! Was habe ich falsch gemacht, um jetzt hier gelandet zu sein?... Ein schlechtes Gewissen wegen Nicolas plagte mich, mein eigenes Chaos aus Gedanken und Gefühlen überforderte mich und sein letzter Satz machte mir Angst. Ich meine, wenn er nicht aufgibt, dann werden die Qualen für mich nur noch größer und die Mission ihn aus meinem Leben zu streichen scheinbar unmöglich. Mit zitternden Beinen erhob ich mich vom kühlen Boden, drückte mich am Waschbecken hoch, nur um dann von meinem verheulten, mitleiderregenden Spiegelbild begrüßt zu werden. Meine Augen waren rot und geschwollen, meine Wangen benetzt von den Spuren meiner vergossenen Tränen, meine Haut kreidebleich und staubtrocken vom Stress der letzten Tage. Der starke, sonst so selbstsichere Noan war nicht mehr zu erkennen un das nur wegen eines Typen mit riesen Ego, gutem Aussehen und mehr Scharm, als gut für einen ist. 

Diese Konstellation von ihm und mir ist in jeglicher Hinsicht toxisch und selbst eine normale Freundschaft zwischen zwei so identischen und doch so unterschiedlichen Charakteren kaum möglich. Ich meine es ist doch jetzt schon vorprogrammiert, dass wir uns gegenseitig nur andauernd mit unseren Machtspielchen herausfordern würden und dass Nico immer gewinnen würde und ich ihm im Endeffekt nur wieder meine weiche Seite präsentieren würde und er mich wieder trösten oder aufbauen würde, dass das sowieso besser zu mir passt und ich mich dann wieder so geborgen bei ihm fühlen würde und meine Gefühle erneut verrücktspielen würden und mich jede seine Berührungen etwas mehr in den Wahnsinn treiben würde und das jeder Kuss mit ihm das komische Gefühl in meinem Magen nur noch verstärken würde und mir immer deutlicher zeigen würde, wie sehr ich ihn doch will und wie unsagbar abstoßend ich mich gleichzeitig selber finde. Außerdem was würden die Menschen um mich herum nur sagen? Irgendwann würden sie es so oder so herausfinden und dann? Dann bin ich das Gespött. Das Thema Nummer eins in der Schule, beim Football. Meine Freunde würden sich abwenden und ich wäre ganz alleine, denn meine Familie, scheiße was würden meine Eltern nur sagen?! Sie würden mich verstoßen aus dem Haus treiben und auf die Straße setzen. Und wofür hätte ich mein ganzes Leben weggeschmissen? Für ein paar unscheinbare durch Hormone verursachte Gefühle, die sich einmal im Geschlecht geirrt und mir was falsches vorgegaukelt haben, denn diese Schwärmerei, wenn es denn überhaupt so bezeichnet werden kann, kann  gar nicht wirklich ernsthaft sein und wahrscheinlich hatte ich nur ein kleines Tief und hab mich einfach nur in das erst beste hineingestürzt, um nicht ganz den Verstand zu verlieren. Das muss es sein, anders kann man diese Phase doch gar nicht erklären oder?

Plötzlich klopfte es und die Tür schwang sachte auf. "Noan, ist alles ok bei dir? Du bist jetzt schon seit knapp einer halben Stunde alleine hier drin und ich hab mir Sorgen gemacht...", er verstummte, als er in meine Augen blickte, die vorher noch auf mein von Tränen nur noch  verschwommen wahrgenommenes Spiegelbild gesehen haben. Während meines stillen, inneren Monologes, hatte ich wieder angefangen zu weinen aus Verzweiflung, wegen dieser aussichtslosen Situation. Mit bedrückter Miene kam er auf mich zu und legte dann ganz sanft seine Arme um mich. Seine Berührung war falsch und doch fühlte sie sich so gut und ich mich in seinen Armen so geborgen an. Es war für mein Innerstes wie ein Spiel mit dem Feuer. So schön und doch so gefährlich und schmerzhaft. Diese Berührung brachte den Damm dann auch erneut zum brechen und erst vereinzelt und dann immer mehr Tränen bahnten sich ihren Weg über meine Wangen bis runter zum Stoff seinen Shirts, welches durch meine Tränen auch binnen weniger Sekunden anfing wirklich nass zu werden. Meine Hände krallten sich fast schon automatisch in den Stoff an seinem Rücken, um sowohl Halt zu suchen als auch meinen Frust und meine Wut ihm gegenüber rauszulassen. Er schien mich jedoch durch seine eiserne Haltung und die sanften Streicheleinheiten an meinem Rücken unterstützen zu wollen. In dem Moment war er wortwörtlich mein Fels in der Brandung.

Er mit seiner ruhigen Aura, der mich meinen Sturm an Gefühlen einfach an ihm auslassen ließ. Ich war ihm dankbar dafür, denn das hatte ich gebraucht und doch verfluchte ich ihn dafür, dass er genau wusste, was ich brauchte. Mit mir im Arm und ohne Worte, ganz langsam, bewegte er sich dann aus dem Bad raus und mit kurzen Schritten zum Wohnzimmer hin. Am Sofa angekommen schob er mich dann immer noch leicht schluchzend neben sich und drückte meinen Kopf an seine Schulter, wonach er mir wortlos durch die Haare fuhr. Die Stille die darauf folgte war angenehm und wohltuend, doch bekam ich den starken Drang ihm meine Verfassung zu erklären und hoffte innerlich vielleicht auch auf etwas Trost. "Ich fühl mich so schwach... So hin und her gerissen, einfach überfordert von mir selbst..." Seine Bewegungen in meinem Haar stoppten und er setzte sich etwas seitlich, wodurch er mein Kinn in seine Finger nehmen konnte und mir undefinierbar in die Augen sah. "W-Was ist?...", krächzte ich mit gebrochener Stimme neben dem versuch seinem stechenden Blick zu entkommen. "Wir...."


Du und Dominanz? - Passt nicht! (BxB)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt