Wir spielten eine ganze Weile und mit der Zeit verfielen wir auch in unsere sonst so selbstverständlichen Schimpfwörter Schlägereien, dem frustrierten schreien, das wütend auf den Tisch schlagen und das gegenseitigs auf den Oberarm schlagen, wenn jemand verloren hat... Es war so, als ob es das Gespräch und die Geständnisse von eben nie dagewesen wären. So als ob alles immer noch normal wäre und ganz ehrlich, das beruhigte mich sehr, denn ich weiß nicht, was ich ohne den Spinner neben mir gemacht hätte.
Wir spielten mehrere Stunden bis es draußen schon dunkel wurde. "Ich muss jetzt auch langsam los, aber war echt cool heute mal wieder was gemacht zu haben!" Zustimmend grinste ich ihn an, schnappte mir meine Krücken und lief hinter ihm her zur Tür. Vorne angekommen zog er die Tür schon auf, drehte sich dann jedoch nochmal zu mir und grinste erst schief. "Sorry, aber das muss ich jetzt einfach testen...", sagte er leise als er sich etwas zu mir gebeugt hatte und kaum wollte ich ihn fragen, was das wird, legte er seine Finger um mein Kinn und zog mich näher ran. Kurz sahen wir uns in die Augen, als er auch schon seine Lippen auf meine legte und sanft Druck ausübte, doch ehe ich hätte reagieren können, hatte er sich auch schon wieder zurückgezogen und mit einem entschuldigenden Lächeln die Tür vor meiner Nase wieder geschlossen. Verwirrt taumelte ich ein paar Schritte zurück, bevor ich wieder ins Wohnzimmer humpelte, alles wieder abstellte und dann oben in meinem Zimmer verschwand. Fertig von dem ganzen Tag, zog ich mich bis auf die Boxershorts aus und schmiss mich fast ins Bett.
Vom Gefühl her, hätte ich sofort einschlafen können, doch dieser kurze Moment eben an der Tür, an dem Kyle unsere Lippen verbunden hat, blieb mir zu stark im Gedächtnis hängen. Der Spinner stand tatsächlich mal auf mich und ich Trottel hab nichts gemerkt. Ob wohl mal was aus uns geworden wäre, wenn er nicht so einen scheiß Eindruck von mir gehabt hätte bzw. wenn ich schon früher diese Schwulen Tendenzen gemerkt hätte? Ich philosophierte noch eine ganze Weile über dieses "was wäre wenn" Szenario, aber als meine Gedanken dann so absurd wurden, dass mein Kopf sich die Frage gestellt hat, wer von uns im Fall der Fälle Top gewesen wäre, entschied ich mich doch lieber dazu zu schlafen.
Die Zeit bis Freitag ging dann auch eher als nur schnell vorbei und bis dato hatten Nico und ich auch nicht mehr miteinander geredet und uns nur gesehen, wenn er mich zur Schule gebracht oder abgeholt hatte. Meine Klamotten fürs Wochenende, was ich ja bei ihm verbringen werde, hatte ich schon mit zur Schule genommen, damit wir danach direkt zu ihm fahren konnten ohne Umwege. Wie immer wartete er schon auf dem Parkplatz, als ich aus der Schule kam, nur im statt am Auto. Die miese Stimmung zwischen uns wurde wirklich bei allem deutlich. Geschafft schmiss ich meine Taschen auf seine Rückbank und nahm dann selber auf dem Beifahrersitz platz. Nicolas startete den Wagen, fuhr vom Parkplatz auf die Hauptstraße in Richtung seiner Wohnung.
Die Fahrt verlief auch wieder stillschweigend und irgendwie fing es an mich wirklich zu stören, denn so wie wir uns verhielten, mussten wir auch keine Beziehung mehr führen. Das klingt radikal, aber dann hätte ich wenigstens ein Problem weniger im Leben, außerdem würde das ganze doch eh auf Dauer scheitern. Bei ihm angekommen, war er wenigstens so freundlich und nahm mir eine Tasche ab, denn mit Krücken zwei Taschen zu schleppen war echt schwer. Drinne staunte ich wieder nicht schlecht über seine schöne Wohnung, aber zeigen tat ich ihm das nicht, als ob ich ihm das jetzt gönnen würde. Meine Schultasche ließ ich am Eingang fallen, wohingegen er meine Klamotten nach oben brachte. Mühsam folgte ich ihm die Treppe hoch, nur um zu sehen, wie er meine Sachen in einem Nebenzimmer abstellte. Wahrscheinlich ein Gästezimmer, was mir bei meinem ersten und bisher einzigen Besuch noch nicht aufgefallen war. "Was wird das?", wollte ich verwirrt wissen. "Wonach sieht es denn aus? Ich glaub momentan hat keiner von uns Bock sich mit dem anderen ein Bett zu teilen oder?" Damit drehte er sich einfach um und lief wieder nach unten.
Als wir, nachdem ich meine Sachen beleidigt in den Schrank im Gästezimmer geräumt hatte, zusammen unten am Tisch saßen und Nudeln mit Soße aßen, die er eben schnell für uns gemacht hatte, herrschte angespannte Stimmung, die Nicolas nach einer Weile zum Glück durchbrach. "Du weißt noch, dass nachher ein paar Freunde von mir vorbeikommen und wir einen entspannten Abend verbringen wollten?" Mit vollen Mund nickte ich einfach nur still, woraufhin er weitersprach. "Ich gehe gleich nochmal einkaufen, stell nichts an während ich weg bin und... Später, wenn die anderen da sind, bitte ich dich nett zu sein, auch wenn wir dann nicht die einzigen Schwulen-"
"Ich bin nicht schwul.", unterbrach ich sein Reden. Verwirrt erwiderte er meinen Blick. "Was soll dann unsere Beziehung bedeuten? Ein Spiel für dich?", wurde er zum Ende hin lauter. "Nein. Aber seit der Sache an meiner Haustür führen wir doch gar keine Beziehung mehr und dabei war das eine Kleinigkeit, die wir in einer Beziehung mehr als nur schnell wieder überwunden hätten. Wenn ich also keine Beziehung mit einem Kerl führe, kann auch keiner behaupten, dass ich schwul bin.", eingeschnappt stand ich auf, packte mein Geschirr weg und ließ Nicolas sprachlos zurück.
Ich hatte es mir schon im Wohnzimmer bequem gemacht, in der Erwartung, dass er erstmal die Küche fertig aufräumen würde, um mir noch aus dem Weg zu gehen, als er plötzlich neben mir stand und mir die Fernbedienung für den Fernseher entriss. Geschockt sah ich zu ihm auf. Was war denn jetzt mit ihm los? "Wo liegt dein Problem?!", fuhr er mich von der Seite an. "Bessere Frage, was ist dein Problem und warum vertraust du mir so wenig?!" "Ich soll das Problem haben?! Wer kommt denn nicht mit seiner eigenen Sexualität klar und benutzt eine Krise in der eigenen Beziehung, als Grund sie erstreckt abzuweisen?" "Ich muss ja auch nicht akzeptieren, was auch nur eine Phase sein kann! Ich bin jung wer weiß vielleicht will ich in 10 Jahren ja lieber eine Frau sein aus reiner Laune heraus?!" "Mach dich über sowas nicht lustig und außerdem besitzt du nicht ansatzweise den Arsch, um im Fall der Fälle zu so etwas stehen zu können, weil du feige bist und die Meinung anderer für dich das wichtigste im Leben ist!"
Autsch. Klar hatte er irgendwo Recht, mit dem Verleugnen und so, aber es tat weh, das so zu hören. "Entschuldige, dass es mir wichtig ist gut da zu stehen und ich nun mal nicht die Kraft habe auf alles und jeden zu scheißen so wie du! Ich bin nicht von Natur aus wirklich groß oder gut gebaut oder wirklich beliebt bei den Menschen, ich müsste mir alles hart erarbeiten, um einen guten Standpunkt zu bekommen und den werde ich mir nicht von dem Tächtelmechtel mit dir kaputt machen lassen!" Schnell schlug ich mir die Hand vor den Mund. "I-Ich..."
"Lass gut sein Noan, ich hab verstanden, dass es für dich nur ein Spielchen ist. Von Anfang an hätte ich wissen müssen, dass es gar keinen Sinn gemacht hat, sich irgendwie für dich ins Zeug zu legen. Du bist jung, naiv und allgemein noch gar nicht bereit für eine ernste Beziehung. Es war mein Fehler, sich trotzdem dazu gebeten zu haben und die versprochen zu haben, dass wir das schaffen und uns Zeit lassen. Ich brauche jemanden, der mich akzeptiert und nicht verletzt. Auch ich habe genug Fehler gemacht und das tut mir leid, aber es wird wohl besser sein, wenn wir einfach wieder auf Abstand gehen und wenn deine Eltern wieder da sind, sollten sich unsere Wege ganz trennen... ", erstickt von seinen Worten konnte ich gar nicht reagieren, als er die Fernbedienung auf dem Tisch ablegt, zur Tür ging, sich Schuhe anzog und das Haus verließ.
Hätte ich ihm widersprechen sollen? Aber er hat ja Recht, ich könnte nicht so zu ihm stehen, wie er das gerne hätte, aber nur ein Spiel war und ist es auch nicht für mich. Zeit ist das, was ich gebraucht hätte, doch meine scheiß Worte haben jetzt sowieso dafür gesorgt, dass ich darüber nicht mehr nachdenken brauche... Es ist vorbei, Ende, aus und unsere Leben werden in knapp 9 Tagen einfach ohne den anderen weitergehen...
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Du und Dominanz? - Passt nicht! (BxB)
RomanceNoan ist dominant. Nicolas ist dominanter. Nicolas will Noan dominieren. Noan will sich aber nicht dominieren lassen, oder? Sie brauchen einander und hassen trotzdem die gegenseitige Dominanz, die sie verbindet. Wird die Liebe siegen oder wird der M...