Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, fühlte ich mich direkt wie gerädert. Mein Rücken tat weh und als ich realisierte, dass ich in einer fremden Wohnung war, kamen auch schon wieder alle Erinnerungen hoch. Diese schrecklichen Bilder von Nicolas, wie er diesem Bastard seine Zunge in den Hals gesteckt hat... Ach was, er hat noch ganz andere Sachen in ihn gesteckt, dieses miese Arschloch... Ungewollt kamen mir die Tränen hoch, meine Sicht verschwamm und meine Schultern begannen zu beben, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte.
"Wie ich sehe bist du wieder wach, Kleiner... Scheinst einen harten Tag gehabt zu haben, was?", fragte mich eine warme, tiefe Stimme von der Seite.Mein Blick zur Stimme rief auch das Gesicht meines Retters wieder hervor. Der Adonis, der mich mit in seine Wohnung genommen und zugedeckt hatte. Der Mann mit diesen schönen Augen und dem harten und doch filigranen Gesicht. Leicht nickte ich auf seine Frage hin und musterte den Fremden nur weiter fasziniert. "Wie heißt du?", fragte er mich mit einem sanften Ton, als er sich neben mich auf die Couch fallen ließ. "No-Noan", kam es zitternd über meine trockenen Lippen. "Freut mich Noan, mein Name ist Jacob.", mit einem Lächeln streckte er mir seine Hand entgegen. Unsicher nahm ich die Geste an und durfte im nächsten Moment feststellen, wie groß, aber gleichzeitig weich seine Hände waren.
"Magst du mir erzählen, was passiert ist, dass ein so hübscher Junge wie du, alleine draußen auf dem Boden liegt?" Diese Worte aus Jacobs Mund verwirrten mich kurz, dann schaute ich beschämt in meinen Schoß. Wie sollte ich jemandem diese Situation erklären? Es war absurd, ich war nicht schwul, wir in keiner Beziehung, die Ausrutscher mit Nico die größten Fehler meines Lebens und den Grund für meinen mentalen Zusammenbruch kannte ich selber nicht. Scheinbar merkte mein Gegenüber auch, wie sehr ich noch selbst mit mir haderte, denn er zog seine Frage mit einem entschuldigenden Blick wieder zurück.
Stille kroch durch den Raum. Meine Gedanken erlangten wieder die Oberhand, die Situation in der ich gerade steckte spielte keine Rolle. Wie viel die letzten Wochen wegen einem Menschen passiert ist, wollte mir einfach nicht in den Kopf gehen. Wie leicht zu beeinflussen, wie schwach muss ich sein, dass ich so viel mit mir machen lassen habe... "Fuck" entkam es mir etwas zu laut, als ich meine Hände in meinen Haaren vergrub und die neu aufkommenden Tränen zu unterdrücken versuchte. "Hey... Schhh... Egal was passiert ist, es wird nicht deine Schuld gewesen sein...", versuchte mein Retter zu mir durchzudringen und strich mir hauchzart über den Rücken, so als wenn er Angst hätte mich zu zerbrechen.
"Soll ich dich nach Hause fahren?" "Nein!"
Erschrocken schaute wir uns in die Augen. Er wegen meines Tonfalls und ich wegen der Panik, die bei seinen Worten in mir auf kam. "Ich... Meine Eltern sind gerade nicht Zuhause und... So lange ich noch so verkrüppelt bin, wollten sie mich nicht alleine lassen... Darum bin ich zur Zeit bei der Person untergebracht, die mich gerade am meisten zerstört... Also bitte, bitte bring mich da jetzt nicht hin...", meinen Worten durch einen flehenden Blick Nachdruck verleihend, schien Jacob zu merken, wie unsicher ich wurde. Würde er mich dahin zurückbringen, dann wäre es endgültig vorbei mit mir, ich könnte jetzt weder Milan geschweige denn diesem Arschloch Nicolas in die Augen sehen, ohne das Verlangen zu spüren meine Luftzufuhr einfach zu cutten.Ich war bei weitem nicht so schwach, als dass er mich mit dieser Aktion wirklich gebrochen hätte, ich wollte nicht sterben, auf keinen Fall. Lieber zeige ich ihm, wie geil mein Leben ohne ihn wird. Aber gerade saß der Schock, die Enttäuschung, der Ekel einfach zu tief. Auch nur noch einen Atemzug der selben Luft einzuatmen, wie er würde mich ausnocken. "Heyy alles gut, tut mir leid, wenn ich dich damit erschreckt habe... Kann ich dir irgendwie helfen? Ich kann dir anbieten heute hier zu schlafen, bevor wir morgen weiter schauen, wie klingt das?" Dankbar wurde mein Blick in seine Augen weich. Die Dunkelheit seiner Augen sog meine Sorgen und Ängste aus mir heraus, sie beruhigte mich, gab mir Sicherheit.
Stumm nickte ich, mich nicht in der Lage fühlend jetzt irgendwelche Worte über meine Lippen kommen zu lassen. Auch sein Blick sah jetzt viel aufmunternder aus, doch, dass er meine letzten Tränen, die sich ihren Weg über meine Wangen bahnten mit seinen Daumen wegwischen würde, hatte ich nicht erwartet. Meine Puls beschleunigte sich daraufhin und ich konnte diese Geste absolut nicht deuten. Das letzte Mal meine Tränen so fürsorglich weggewischt hatte sie meine Mutter, als ich noch klein war. Der Vergleich von zwei so verschiedenen Situationen, brachte mich zum Lachen. Wer vergleicht schon die Berührung seiner Mutter mit der eines Wildfremden. Um Gottes Willen, wann war ich so weich geworden?!
Scheinbar aus Verwirrung fing auch Jacob an zu lachen, was mein Lachen wiederum anstachelte und wir beide schlussendlich mit einem Lachkrampf, nebeneinander auf dem Sofa verreckend, endeten. "Wieso lachen wir eigentlich?", presste er nach ein paar Minuten zwischen weiteren Lächeln hervor. "Ich hab keine Ahnung!", rief ich schon halb zurück. Mit dem Zurückerlangen seines Atems, fiel der Blick des Größeren wieder auf mich. "Du bist jetzt schon eine wirklich interessante Persönlichkeit, Noan.", kam es dann von ihm. "Ähm... Danke? Schätze ich?", antwortete ich mehr fragend, als bewusst, ihm wieder in die Augen schauend. Doch bevor ich mich hätte in ihnen verlieren können, knurrte mein Magen etwas zu laut, was mich beschämt den Blick abwenden ließ.
"Alles gut, ich wollte sowieso fragen, ob wir langsam etwas Essen wollen, da du hier übernachtest, könnten wir auch Bestellen, wenn du magst.", lachte er zum Ende hin leicht. Dankbar nickte ich ihm zu und sah ihm hinterher, als er an mir vorbei aus dem Raum rausging, um wenige Minuten später mit der Karte von einem Lieferservice und seinem Handy zurückzukommen. Apropos Handy... Meins zog ich auch aus meiner Tasche, nachschauen, ob jemand sich vielleicht Sorgen um mich macht, sollte ich wohl tun. Tatsächlich hatte ich mehrere verpasste Anrufe von Kyle und Nicolas, sowie einige Nachrichten von letzterem.
Noan wo bist du? Milan und ich haben dich gesucht, wo steckst du?
Wo zur Hölle bist du und warum gehst du nicht an dein Handy?!
Ernsthaft jetzt, wir machen uns Sorgen, meld dich, wenn du das liest, dann ruf mich zurück!
Kyle kann dich auch nicht erreichen, also bitte, sag mir was los ist, warum gehst du nicht an dein Handy und wo bist du?
Wütend wollte ich mein Handy einfach wieder wegpacken, mir doch egal, ob sich das Arschloch Sorgen macht... Aber gleichzeitig hatte ich den Drang, ihm ins Gesicht zu klatschen, was für ein scheiß Heuchler er eigentlich war. Mein Blick zu Jacob verriet mir, dass er noch mit der Auswahl seines Essens beschäftigt war, weswegen ich kurzerhand meinem Drang nachgab. Nicolas bekam nur eine einzige Nachricht, keine großen Worte, keine umständlichen Formulierungen, nur die Wahrheit.
Fick dich Nicolas, nein warte... Geh einfach wieder Milan ficken, denn ich hab jetzt auch meinen Spaß :)
Kaum abgeschickt, wurde mir auch schon angezeigt, dass er die Nachricht gelesen hatte und am Schreiben war, doch ich sperrte einfach nur mein Handy wieder und konzentrierte mich dann auf die Auswahl meines Essens, da mir auch passend im richtigen Moment die Karte rübergereicht wurde. Mir war es absolut egal, was Nicolas jetzt schrieb, ich konzentrierte mich nur auf meine neue Bekanntschaft, welche, wie ich im laufe des Tages und Abends feststellen durfte, eine wirklich interessante Person war.
Jacob war schon 22, hatte einen Zwillingsbruder namens Jason und lebte schon ein paar Jahre alleine, da er für sein Studium extra hierher gezogen war. In der Schule war er auch im Football Team und wie ich Tanzte er ganz gerne, wenn auch nicht vor Publikum. Beim Thema Tanzen erzählte ich ihm dann auch beiläufig, wie das mit meinem Fuß passiert war, ließ aber den Namen meine Tanzpartners aus, da ich ihn selber heute nicht mehr aussprechen wollte. Mit so kleinen Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten bauten sich unsere Gespräche immer weiter auf und auch beim Essen konnten wir nicht aufhören zu Reden und zu Lachen. Alles in allem war das noch ein sehr angenehmer Abend für mich, der mich wunderbar von dem beschissenen Start in den Tag ablenkte und es mir sogar ermöglichte später seelenruhig vor dem Fernseher auf der Couch wieder Einzuschlafen...
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Du und Dominanz? - Passt nicht! (BxB)
RomanceNoan ist dominant. Nicolas ist dominanter. Nicolas will Noan dominieren. Noan will sich aber nicht dominieren lassen, oder? Sie brauchen einander und hassen trotzdem die gegenseitige Dominanz, die sie verbindet. Wird die Liebe siegen oder wird der M...