Chapter 39: Die Schriftrolle

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Die Frau blinzelte ein paar Mal. Ihre großen Augen waren ganz trocken von der Wüstenluft. Sie lockerte das staubige Tuch, welches ihren Mund vor dem Sand schützte und atmete die muffige Luft der Höhle ein. Dort unten war es dunkel und bloß die Fackeln, welche sie angezündet hatten, spendeten ihnen Licht.

Sie agierte schon seit über einem Jahr als Spionin. Sie hatte das Vertrauen aller um sich herum. Keiner wagte es ihre Identität in Frage zu stellen, was es ihr so leicht machte. Und nun war der Moment gekommen, auf welchen sie lange hin gearbeitet hatte.

Das, worauf das Königreich Apophilis seit Jahren scharf war, befand sich vor ihnen in der Truhe. Immerhin hatte sie selbst dazu beigetragen diese Schriftrolle ausfindig zu machen. Und sie leistete nur hervorragende Arbeit. Nun musste sie allerdings verhindern, dass diese Schriftrolle zum dunklen Palast gebracht wurde. Sie war den Ablauf tausende Male in ihrem Kopf durchgegangen. Die Reihenfolge in welcher sie ihre Kumpanen erstechen würde, die Winkel und die möglichen Komplikationen.

Gerade machte sich das Oberhaupt der Gruppe an der Truhe zu schaffen. Ihre von Blut unterlaufenen Augen beobachteten ihn dabei, wie ein Adler. Sobald sie die Schriftrolle erblickte, würde sie zustechen. Er war als erstes dran, denn er war der Schriftrolle am nächsten. Dies war nicht ihre erste Mission, aber die doch wichtigste bisher. Denn diese Papyrus-Rolle barg dunkle Rituale und Geheimnisse in sich, welche ganz Heliopolitania zu Fall bringen konnten.

Und das machte die Spionin so nervös. Ihre Hand lag schon bereit auf dem Griff ihres Schwertes, welcher den Kopf einer Schlange hatte. Sie war nervöser als sonst, was sie nur noch nervöser machte. Ein wahrer Teufelskreis. Eigentlich musste sie Ruhe bewahren.

Der Moment, wie Braheem an der Truhe herum fummelte, schien sich endlos in die Länge zu ziehen. Sie kam ins schwitzen. Schließlich sprang das Schloss mit einem schrillen quietschen auf, woraufhin alle das Gesicht verzogen. Es war kein angenehmes Geräusch.

Die Spionin hielt sich bereit und blickte Braheem nun eindringlich an. Jede Sekunde war es soweit. Gleich musste sie schnell handeln. Es musste geschehen, noch bevor er die Schriftrolle überhaupt berührte.

Mit ihrem Daumen drückte sie den Griff ihres Schwertes leicht hoch, bereit es jeden Moment zu ziehen und ihm in seinen Rücken zu rammen. Der Deckel der Truhe öffnete sich mit einem dumpfen Knall und Braheem murmelte: „Sie ist leer."

Die Doppelagentin blieb wie angewurzelt stehen und ließ von ihrem Schwert ab, während sich alle um die Kiste scharten. Die Truppe war ganz außer sich. Wie konnte es angehen, dass die Truhe leer war? Sie waren drei Tage durch die Wüste Mo hierfür gewandert.

Mit einem kräftigen Tritt beförderte der Muskelprotz namens Braheem die olle Kiste gegen die Felswand, woraufhin diese zersprang. Er fuhr sich durch die sowieso schon wirren Haare und fluchte: „Wir waren so nah dran! So verdammt nah! Alles hat daraufhin gewiesen, dass Apophis Schriftrolle hier liegt. Alles!" bei jedem Wort kam unbeabsichtigt etwas Spucke mit raus.

~~

Einige Tage später kniete genau dieselbe Truppe in der Schlangenhalle vor den Großen und Mächtigen des dunklen Reichs. Die Doppelagentin mitten unter ihnen. Braheem kniete als Oberhaupt ein paar Meter vor ihnen. Die Doppelagentin spürte den kalten Boden an ihren schmerzenden Knien.

Ihr ganzer Körper schmerzte. Sie hatte so hart gearbeitet. Ihr Körper war eine Landkarte ihrer schweren Arbeit. Sie tat alles, um ihre Deckung nicht zu verlieren. Sie erledigte jeden Auftrag. Das hatte seine Spuren hinterlassen.

Doch am auffälligsten waren ihre Blut unterlaufenen Augen. Das Zeichen für dunkle Mächte. Wer mit den dunklen Göttern in Verbindung kam, trug dunkle Zeichen am ganzen Körper. Wer nicht wusste, wie man dies richtig versteckte, trug diese Zeichen sichtbar für die ganze Welt mit sich herum, denn der Körper litt stark unter dunkler Magie.

Book Of Ptah [BTS EGYPTIAN MYTH AU] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt