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"Und er hat dich sofort eingestellt?", fragte Baekhyun sicherheitshalber noch einmal nach und fuchtelte mit einer Gurkenscheibe vor seinem Gesicht herum. Jimin nickte und legte sich ein paar Nudeln auf seinen Teller, welche er noch mit Soße verzierte.
"Ja, er war so überrascht, dass er meinte, er wolle mich sofort in seinen Abendprogrammen einstellen."
Der Rothaarige lehnte sich in seinem Sitzsack zurück und starrte zu den zwei Fenstern Richtung Hafen.
"Chanyeol wird dich abholen", bestimmte er, was den Silberhaarigen, der zu Jimins Linken saß, hellhörig werden ließ.
"Iff werfe wash?", fragte er und schlang sein Essen schnell herunter, um richtig sprechen zu können.
"Du hast mich schon richtig verstanden, du Dummbatz. Du wirst Min heute Abend abholen, damit er nicht im Dunkel, allein nach Hause muss."
Der Lilahaarige wollte schon protestieren, da ertönte ein Klopfen an der Tür. Baekhyun begann in der Zwischenzeit mit Chanyeol zu diskutieren, was Jimin mit einem Augenverdrehen quittierte. Die kommen noch zusammen, dass wusste er.
Bevor er die Tür öffnen konnte, war ihm schon klar, wer davor warten würde. Er hörte es an seinem Lachen.
"Hallo Jongin, Kyungsoo und Sehun? Was machst du denn hier? Hast du nicht Training?"
Der großgewachsene Student drängelte sich ohne eines Wortes an ihm vorbei und nahm neben Chanyeol Platz. Jongin klopfte ihm lächelnd auf die Schultern und zuckte mit dem Kopf Richtung Kyungsoo. Das war seine Art zu sagen: Kyungie wird es dir erklären.
Der Schwarzhaarige sah sich etwas hilflos um. Er war schon immer mehr der verschlossene Typ. Es war faszinierend wie er und Jongin zusammen gekommen waren. Aber so sagte es das Sprichwort: Gegensätze zogen sich an.
Jimin wandte sich aus seinen Gedanken hinaus und widmete sich Kyungsoo, der ebenfalls vollkommen in sich gekehrt war. Der Lilahaarige sah noch einmal zu Sehun, welcher mit leerem Blick auf den Fernseher starrte. Er bekam nicht mal mit, dass Baekhyun ihm etwas zu Essen hinstellte. Das war Besorgnis erregend, obwohl der blonde Riese normalerweise immer einen eher neutralen Gesichtsausdruck besaß. Doch, dass er seine Gegenwart überhaupt nicht zu sehen schien, wirkte falsch.
Jimin nahm den Kleineren mit nach draußen, wo die Luft sich mittlerweile runterkühlte. Der Wind umströmte sie in seiner mäßigen Geschwindigkeit, während sich beide gemeinsam an die Kante des Steges setzten, der zwischen Jimins Haus und dem seiner Nachbarn stand. Okay, es war viel weiter bei Taehyung drüben, aber das sollte niemanden von ihnen heute stören. Er blickte trotzdem kurz zu dem Haus und war der Meinung er hätte jemanden am Fenster im zweiten Stock gesehen. Jimin schüttelte den Kopf, seine Augen wollte ihm bestimmt wieder einen Streich spielen. Der Lilahaarige betrachtete das Seitenprofil des Schwarzhaarigen.
"Luhan muss zurück nach China", murmelte er und sah auf das trübe, braune Wasser. Jimin ließ die Informationen sacken, ehe er scharf die Luft anzog. Sehun ohne Luhan war wie Topf ohne Deckel, Licht ohne Dunkelheit. Er wusste nicht so recht, was er nun sagen sollte, also übte er sich in Schweigen und hoffte, Kyungsoo würde noch ins Detail gehen. Auch wenn Jimin erst vor einem Monat nach Seoul gekommen war, hatte er Sehun und Luhan, sowie den Rest von Suhos Truppe ins Herz geschlossen. Es war noch nicht so, dass er sich vollends wohlfühlte. Es gab Momente, in denen er die Dazugehörigkeit nicht spürte. Sie waren ein eingeschweißter Haufen sympathischer Menschen, zählte man auch die restlichen Mitglieder, welche sich alle an einer Universität kennengelernt hatte, dazu. Jimin seufzte.
"Es gibt wohl eine Unstimmigkeiten mit seinem Visum, und es kostet ein Haufen Geld, aber Luhan ist zu stolz, dass Geld von Sehun anzunehmen. Deswegen kam es vorhin zu einem Streit...ich...ich."
Der Schwarzhaarige atmete einmal, dann zweimal und noch ein drittes Mal tief durch, danach sah er ihn direkt an. Und es war Kyungsoos Blick, der ihm Angst bereitete und die Trauer seine Kehle hinauf schießen ließ.
"Ich kann nicht sagen, was genau passiert ist, aber es war laut, voller Beleidigungen und Wut. Und ich weiß nicht, ob die beiden noch zusammen sind", flüsterte der Ältere. Seine Hände kneteten sich nervös, was Jimin dazu veranlasste, die seinen zu nehmen.
"Sehun und Luhan haben bestimmt schon vieles erlebt. Ich glaube, solange die beiden etwas für diese Beziehung tun, werden sie es schaffen."
Das zaghafte Nicken seitens Kyungsoo ließ ihn etwas aufatmen.
Und dann klatschte eine Wasserfront auf sie nieder, sodass sie beide laut aufschrien. Das Nass war nämlich kochend heiß!
Ein Kopf tauchte auf der oberen Hälfte des Nachbar Hauses auf. Braunes Haar sah Jimin als erstes und dann die Stimme dazu.
"Scheiße! Das tut mir so leid! Ich komme sofort runter! Bleibt, wo ihr seid!"
Die Person verschwand und das Geschrei musste Baekhyun und die anderen angelockt haben, denn sie kamen durch die Tür zu ihnen gestürzt, als wäre ein Feuer losgebrochen. Jimin war sich nicht sicher, auf was er sich zuerst konzentrieren sollte. Auf Jongin, der sofort wissen wollte, was passiert war, auf den braunhaarigen Fremden, der sich zig tausend Mal entschuldigte, auf die leichten Verbrennung, welche sich langsam bemerkbar machten oder den schwarzhaarigen, tattoowierten, Schönling, der auch zu ihnen traf. Das alles schien ihn gerade völlig zu Kopf zu steigen. Die Nachrichten von Luhans möglichen Abreise, Sehuns Leiden, wegen der wahrscheinlichen Trennung oder auch nicht. Die Situation wurde noch absurder, als jeder begann durcheinander zu sprechen, dass ihm der Kopf zu Brummen begann. Eine Abwechslung von Sternen und schwarzen Punkten tanzten vor seinem inneren Augen. Gerade fand er es ungewöhnlich schwierig einen klaren Kopf zu fassen. Das passierte zum ersten Mal. Wow. Irgendwie wollte er lachen und weinen und schreien und er hasste sich gerade, dass er aus einen kleinen Unfall solch einen Elefanten machte. Eins stand auf jeden Fall fest, ihm ging es nicht gut und er würde höchstwahrscheinlich jeden Moment das Land der Träume, oder Alpträume besuchen. Die Tür dahin stand offen, er konnte sie genau spüren.
Das Lezte, was er sah, ehe die ewige Nacht über ihn hereinbrach, waren zwei atemberaubend, schöne braune Iriden, die eine Mischung aus nie endender Kälte und wohlwollenden Sommer versprühten.
Das war eindeutig nicht normal, kicherte er.

Canary [JiKook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt